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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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jener vergeudet, die das Pech hatten, sich in der Hölle zu befinden.
    Das zumindest sagte man den Leuten. Einige von ihnen hörten, dass die Mühle tatsächlich etwas antrieb. Sie hörten, dass in ihrem Innern große Steinräder die Körper und Knochen jener zermahlten, die in der Hölle Verbrechen begangen hatten. Wer derartige Strafe erfuhr, litt noch mehr als die Leute, deren Körper noch eine gewisse Ähnlichkeit mit denen aufwiesen, die sie vor ihrem Tod gehabt hatten. Für diejenigen, die selbst in der Hölle gesündigt hatten, wurden die Regeln– immer sehr flexibel– geändert, damit sie mit jeder Sehne und jeder Zelle ihres Körpers leiden konnten, wie sehr auch immer er atomisiert worden war und wie unmöglich ein solches Leid angesichts eines zerfetzten Nervensystems im Realen gewesen wäre.
    Die Wahrheit sah jedoch anders aus. Die Wahrheit lautete: Die Mühle diente einem sehr speziellen Zweck, und die von ihr produzierte Energie wurde nicht vergeudet, sondern für eins der wenigen Tore verwendet, die aus der Hölle hinausführten. Und das war der Grund, warum sich die zwei kleinen Pavuleaner auf der anderen Seite des Tals an diesem Ort befanden.
    Nein, wir haben uns verirrt, völlig verirrt, Prin.
    Wir sind, wo wir sind, Liebste. Sieh nur. Der Weg nach draußen ist dort, direkt vor uns. Wir haben uns nicht verirrt, und bald lassen wir dies hinter uns zurück. Bald sind wir zu Hause.
    Du weißt, dass das nicht stimmt. Es ist ein Traum, nur ein Traum. Ein verräterischer Traum. Dies hier ist real, nicht etwas, von dem wir glauben, dass wir uns daran erinnern. Die Erinnerung ist Teil der Qual, etwas, das den Schmerz vergrößern soll. Wir sollten damit aufhören zu glauben, dass wir uns an dies aus einem vorherigen Leben erinnern. Es gab kein Leben vorher. Es gibt nur dies, es gab nur dies, und es wird immer nur dies geben. Ewigkeit. Dies ist die Ewigkeit. Nur dies ist die Ewigkeit. Öffne dich diesem Gedanken. Dann kannst du dich zumindest vom Schmerz einer falschen, unerfüllbaren Hoffnung befreien.
    Sie hockten nebeneinander hinter einem Gestell aus Stacheldraht und spitzen Stäben, mit einigen daran aufgespießten halb verwesten Leichen. Jene Toten und die vielen anderen, die in diesem Bereich des Hügelhangs lagen, waren Pavuleaner, wie auch alle anderen anscheinend Lebenden oder offenbar Toten in der Hölle: anderthalb Meter lange Vierbeiner mit großen, runden Köpfen, aus denen zwei greiffähige Rüssel wuchsen, an ihren Enden kleine Lappen wie stummelige Finger.
    Der Schmerz der Hoffnung? Hör dich nur an, Chay. Wir haben allein die Hoffnung, Liebste. Die Hoffnung treibt uns an. Hoffnung ist nicht verräterisch! Hoffnung ist nicht grausam und verrückt wie diese Perversion der Existenz. Sie ist vernünftig und richtig; sie ist das, was wir erwarten können, was uns zusteht. Wir müssen entkommen. Wir müssen! Nicht nur aus egoistischen Gründen, um den Qualen zu entgehen, denen wir hier ausgesetzt sind, sondern um Nachricht und Wahrheit von dem, was wir hier erlebt haben, ins Reale zu bringen, dorthin, wo irgendwann, eines Tages, vielleicht etwas dagegen unternommen werden kann.
    Die beiden Pavuleaner, derzeit hinter den aufgespießten Leichen versteckt, hießen in der von ihnen benutzten Gestalt Prin und Chay. Im Lauf einiger subjektiver Monate waren sie durch mehrere Regionen der Hölle gereist und immer hierher unterwegs gewesen. Jetzt endlich hatten sie ihr Ziel erreicht, fast.
    Wie besonders gesunde Pavuleaner sahen sie gewiss nicht aus. Nur noch Prins linker Rüssel war intakt; vor einigen Wochen hatte der beiläufige Schwerthieb eines Dämons vom anderen nur einen Stummel übrig gelassen. Schlimmer noch, das Gift an der Klinge hatte eine Wunde hinterlassen, die nicht heilte. Der linke Rüssel war vom Schwert gestreift worden und schmerzte seitdem bei jeder Bewegung. Am Hals trugen sie beide einen Ring aus Stacheldraht, die abartige Version einer Halskette. Immer wieder bohrten sich ihnen die Stacheln in die Haut und hinterließen Striemen, aus denen Blut sickerte und auf denen sich schließlich juckender Schorf bildete.
    Chay humpelte, weil ihre Hinterbeine nur wenige Tage nach ihrem Wechsel in die Hölle gebrochen waren. Einer der vielen aus Knochen und Eisen bestehenden Laster, die zerfleischte Körper von einem Teil der Hölle zu einem anderen transportierten, hatte sie überfahren. Die riesigen Laster brummten über eine Straße, deren Pflastersteine aus den krummen, schwieligen

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