Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
er mit allem durch, was er macht. Mit wirklich allem. Er verdient den Tod. In moralischer Hinsicht wäre es vollkommen richtig, Joiler Veppers zu töten, von meinem Groll gegen ihn ganz zu schweigen. Wenn ich mit der Absicht heimkehre, ihn umzubringen, so treffen Sie die falsche moralische Entscheidung mit dem Beschluss, mich daran zu hindern.«
» Ich verstehe Ihre Gefühle, Lededje«, sagte der Avatar.
» Das bezweifle ich.«
» Nun, ich verstehe zumindest den Nachdruck in Ihren Worten; bitte gestehen Sie mir das zu. Ich halte es nur für falsch, dass ich über jemanden urteile, der so weit entfernt ist und über den ich keine wie auch immer geartete moralische Jurisdiktion habe.«
» Die Kultur mischt sich nie in andere Gesellschaften ein?«, fragte Lededje und versuchte, abfällig zu klingen. Dies war eins der wenigen Dinge, die sie auf Sichult über die Kultur gehört hatte: dass ihre Angehörigen entweder hoffnungslos verweichlicht oder unnatürlich aggressiv waren (es hing davon ab, welchen Aspekt der angeblichen Verhaltensweise der Kultur die sichultianischen Medien als schockierend, verdorben und verachtenswert darstellen wollten). Außerdem verwendete die Kultur kein Geld; und regiert wurde sie von riesigen Robotschiffen, die sich in die Angelegenheiten anderer Zivilisationen einmischten.
Lededje glaubte zu spüren, wie sich hinter ihren Augen Tränen sammelten.
» Meine Güte, ja, wir mischen uns die ganze Zeit über ein«, gab der Avatar zu. » Aber es ist alles sorgfältig überlegt und langfristig geplant, und es gibt immer ein strategisches Ziel zum Wohle der Personen, um die es geht.« Sensia wandte kurz den Blick ab. » Meistens jedenfalls. Was nicht heißen soll, dass die Sache manchmal schiefgeht.« Sie sah Lededje wieder an. » Ein Grund mehr, vorsichtig zu sein. Insbesondere dann, wenn es um eine Person von solcher Wichtigkeit, Berühmtheit oder derart schlechtem Ruf geht, die so große Kontrolle über die Produktionsmittel Ihrer Zivilisation hat…«
» Seine Position, sein Geld, schützt ihn also auch hier?«, protestierte Lededje und musste sich sehr beherrschen, um nicht zu weinen.
» Es tut mir leid«, sagte Sensia. » So sieht die Situation aus. Nicht wir bestimmen eure Regeln. Als fremdes Wesen hat er das gleiche Recht wie alle anderen darauf, dass ich nicht an einem Mordkomplott gegen ihn teilnehme. Er ist ein Zentrum der Macht innerhalb Ihrer Gesellschaft, und das bedeutet: Was mit ihm geschieht, hat besonderes Gewicht. Es wäre unverantwortlich, das nicht in Erwägung zu ziehen, selbst wenn ich Ihren Wunsch nach seinem Tod teilen würde.«
» Ich hätte ohnehin kaum eine Chance.« Lededje schniefte und drehte den Kopf zur Seite. » Ich bin keine Mörderin. Ich könnte ihn töten, aber mir fehlt in dieser Hinsicht das spezielle Geschick. Mein einziger Vorteil besteht darin, dass ich einiges über seine Anwesen, seine Häuser und die Leute weiß, die ihn umgeben.« Sie hob die Hand und betrachtete sie von beiden Seiten. » Und ich sehe nicht mehr aus wie früher, was bedeutet, dass ich vielleicht Gelegenheit habe, in seine Nähe zu gelangen.«
» Ich nehme an, er ist gut geschützt«, sagte Sensia. Sie zögerte einen Moment. » Ja, wie ich sehe, ist er das. Ihre Medien berichten immer wieder über die Klone, die Zei.«
Lededje wollte darauf hinweisen, dass Jasken der eigentliche Leibwächter war, Veppers’ letzte Verteidigungslinie, aber sie überlegte es sich anders und schwieg. Sie hielt es für besser, nicht den Eindruck zu erwecken, in diesen Bahnen zu denken. Erneut schniefte sie und wischte sich die Nase mit der Hand ab.
» Sie müssen nicht zurück, Lededje«, sagte Sensia sanft. » Sie könnten hierbleiben und ein neues Leben in der Kultur führen.«
Mit den Handballen wischte Led ihre Tränen fort. » Das war lange Zeit mein größter Wunsch«, sagte sie und sah Sensia an, die verwundert wirkte. » All die Jahre, bei jedem meiner Fluchtversuche… Niemand hat mich je gefragt, wohin ich wollte.« Sie lächelte ein kleines Lächeln für den Avatar, dessen Verwunderung Erstaunen wich. » Wenn man mich gefragt hätte, wäre ich vielleicht bereit gewesen zu antworten, dass ich zur Kultur wollte. Weil ich gehört hatte, dass die Menschen dort der Tyrannei von Geld und individueller Macht entkommen sind, dass alle gleich sind, Männer und Frauen, dass es weder Armut noch Reichtum gibt.«
» Aber jetzt, da Sie hier sind?«, fragte Sensia. Es klang ein wenig traurig.
»
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