Krieg im Himmel

lesen. Ich glaube nicht, dass es sonst jemand bemerkte.
    »Die Engel sind chimärische Hacker«, sagte der Heide mit einem Seitenblick auf Morag.
    »Sie besitzen Angriffsprogramme, die auf denen von Demiurg basieren. Sehr mächtig.« Morag gelang es recht gut, keine Furcht in ihrem Tonfall mitschwingen zu lassen.
    »Woher kommt diese ganze Scheiße?«, fragte Big Henry. »Und warum ist sie so viel gefährlicher als unser Zeug?«
    »Von den Wichsern der Freien Schwadron. Als wir sie angriffen, war es, als hätten sie etwas von IHNEN in sich. Sie sind Infiltratoren, nicht wahr? Sie haben sich weiterentwickelt. Jetzt sind sie zur Kriegsführung und anderen Dingen imstande«, knurrte DogFace.
    Die vier sahen uns erwartungsvoll an. Jetzt waren wir es, die sich betroffene Blicke zuwarfen.
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte ich.
    »Wir könnten ihnen Mudges Dokumentation zeigen«, schlug der Heide vor.
    Wir brauchten eine Weile, um ihnen zu erklären, was geschehen war. Der durch Drogen umgänglich gewordene Mudge klinkte sich in einen Monitor ein und zeigte ihnen tatsächlich einen Teil der Dokumentation, die er zusammengestellt hatte. Ich fand, dass er sich etwas zu lange mit der Szene aufhielt, in der ich in New York von Rannu verprügelt wurde. Er behauptete, dass er es machte, um zu sehen, ob sie ihn wiedererkannten. Was nicht der Fall war. Der Heide und Mudge redeten die meiste Zeit.
    »So ein Blödsinn!«, blaffte DogFace. Aus seinem Maul tropfte Geifer.
    »Alles war gelogen. Die Clique hat den Krieg angezettelt und in Gang gehalten«, versicherte der Heide.
    Das waren wir schon mehrere Male durchgegangen. Wir hatten die Gründe der Clique erklärt und wie sie herrschte, wie sie alles durchgezogen hatte, aber die whanau hatten es nicht miterlebt wie wir. In vielerlei Hinsicht war die Vorstellung eines sechzigjährigen Krieges, der ein einziger Schwindel war, einfach zu groß. Sie reagierten erschüttert, sie erblassten und ihnen wurde fast übel. Die meisten Leute verstanden, was ein Verteidigungskrieg war und welche Härten und Opfer er verlangte, vor allem, wenn man praktisch an der Front aufgewachsen war, wie im Fall dieser Leute. Aber wenn man dann hörte, dass alles eine Lüge war? Das bedeutete, dass alles, was man erlitten hatte, all die Menschen, die man verloren hatte, nur dem Gewinnstreben einer winzigen Minderheit gedient hatte. Sie hatten erfahren, dass alles, was sie wussten, was sie ihr ganzes Leben lang für ihre Realität gehalten hatten, gelogen war. Es abzustreiten war eine völlig vernünftige Reaktion. Auch die Wut, die später folgen würde, war eine vernünftige Reaktion. Ich hatte fast das Gefühl, dass wir uns bei ihnen entschuldigen sollten.
    »Woher sollen wir wissen, welcher Geschichte wir glauben können?«, fragte Mutter.
    Sie wirkte erschüttert, aber ihre Stimme klang gleichmäßig und ruhig. Das verblüffte mich. Für uns war die Wahrheit völlig offensichtlich. Wir hatten alles miterlebt. Aber für sie war das nur irgendeine neue Geschichte.
    »Ja, nichts für ungut, aber ihr verlangt ein sehr großes Vertrauen von uns«, sagte Heckschütze.
    »Ihr wisst, dass etwas nicht stimmt«, sagte Morag.
    Er nickte.
    »Euer Gott hat euch gewarnt«, fügte der Heide hinzu.
    »Ich fürchte, ihr müsst euch einfach entscheiden, ob ihr uns glauben wollt«, sagte ich. »Obwohl ihr euch auch fragen könntet, welchen Grund wir haben sollten, uns freiwillig in die Hölle zu begeben und Gefahren zu trotzen, nur um euch irgendwelchen Schwachsinn zu erzählen. Ich wäre wirklich lieber woanders.«
    »Und dieser Cronin, der Kerl im Viz, und dieser Rolleston, sie sind schuld an allem?«, fragte Big Henry.
    »Anfangs haben sie für die Clique gearbeitet, aber nun scheinen sie selbst die Clique zu sein«, erklärte ich ihnen und beobachtete dann, wie sie sich mit dieser Information abmühten.
    »Ihr scheint es ehrlich zu meinen«, sagte Heckschütze. »Aber was ist, wenn ihr versklavt wurdet? Wenn ihr wirklich daran glaubt, aber nur, weil ihr eine Gehirnwäsche von den taniwha erhalten habt?«
    »Den was?«, fragte ich.
    » SIE «, sagte Mutter. Sie war in Gedanken versunken, und ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten. Ihre Ruhe war unheimlich, geradezu beunruhigend.
    »Aber auch dann stellt sich die Frage, warum wir so viel Zeit darauf verwenden, euch überzeugen zu wollen«, bemerkte der Heide. »Das wäre reichlich solipsistisch, nicht wahr?«
    Alle sahen ihn nur an.
    »Erinnert euch daran,