Krieg im Himmel
dass ihr es hier mit einem Trupp Soldaten zu tun habt«, gab ich zu bedenken.
»Nur ich allein existiere«, sagte Mudge, als wäre es eine Offenbarung.
»Wir alle sind nur das Spielzeug deiner Fantasie«, sagte Morag mit gespielter Ernsthaftigkeit zu ihm.
Der Auflockerungsversuch funktionierte nicht. Wir hatten ihre Welt zu sehr in Trümmer gelegt.
»Na gut, dann habe ich eine Frage«, sagte Mutter, und wir wandten uns ihr zu. »Und?«
»Ich verstehe nicht«, sagte der Heide. Ich auch nicht.
»Welchen Unterschied macht das für uns? Die Clique hat die Strippen gezogen, hat uns sechzig Jahre lang kämpfen lassen. Dagegen können wir jetzt nichts mehr tun.«
» Utu «, sagte Heckschütze leise.
Mutter drehte sich zu ihm um. »Wirklich? Wie soll das gehen? Ich bin mit dir einer Meinung, was unsere Vorfahren und unsere Spiritualität betrifft, aber es ist nun einmal so, dass wir keine mythischen Helden aus der Vorzeit sind. Wir haben nicht annähernd ihre Mittel zur Verfügung, und nur aus Prinzip den Kampf aufzunehmen, ist ein ziemlich beschissener Grund, uns am Ende töten zu lassen.«
»Aber es wäre genau das Richtige.« Ich war überrascht, dass ich das sagte. Und danach wurde mir klar, wie hohl meine Worte klangen.
»Ich gratuliere dir, dass du dir einen so fein justierten moralischen Kompass leisten kannst«, sagte Mutter. »Aber ich möchte trotzdem nicht für ein Prinzip sterben. Vor allem, weil ich nicht glaube, dass es für uns eine Rolle spielt, in welchem Krieg wir kämpfen, oder wer der Befehlshaber ist. Für uns würde sich nichts ändern, und das Endresultat wäre genau das gleiche.«
»Aber wir haben etwas verändert«, sagte Morag. Ihr Tonfall klang beinahe verzweifelt. »Jetzt können die Leute sehen, was vor sich geht. Die Clique kann so etwas nicht noch einmal durchziehen.«
»Wirklich? Hat noch niemand versucht, euren Gott zu missbrauchen?«, fragte Mutter. Sie las die Antwort in Morags betrübtem Gesicht. »Hat sich für die Armen etwas verbessert?«
»Solche Dinge brauchen Zeit«, erwiderte der Heide.
»Die Mächtigen und Reichen werden immer um das kämpfen, was ihnen gehört. Wenn ihr sie bloßstellt, werden sie andere, subtilere Wege finden, um zu kriegen, was sie haben wollen.«
»Und warum bekämpft ihr sie trotzdem?«, fragte Merle.
Mutter warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Weil wir überleben wollen. Ich bin in Moa-Stadt aufgewachsen. Während eines großen Teils meines Lebens befand sich die Stadt im Belagerungszustand. Und jetzt soll ich glauben, dass wir uns das alles selber angetan haben? Damit wir uns um die Reste der Menschheit raufen können? Darauf scheiße ich. Das hat nichts mit uns zu tun. Das werden wir aussitzen.«
»Und den Hungertod sterben«, gab Merle zu bedenken.
»Und wir werden tun, was dazu nötig ist«, fuhr Mutter fort. »Denn wenn sich der Rauch verzogen hat, wette ich meine linke Titte, dass es für meine Leute nicht den geringsten Unterschied machen wird.«
»Die wollen doch, dass wir genau das denken und tun. Dass wir nachgeben, dass wir unsere persönliche Verantwortung vergessen …« Damit überraschte Mudge mich, aber in Atlantis hatte er etwas Ähnliches gesagt. Unter all den Drogen und der Gier nach Adrenalin glaubte Mudge wirklich daran.
»Ist es auf der Erde nicht wesentlich bequemer?«, fragte Mutter rhetorisch. »Denn hier ist Idealismus ein ziemlich großer Luxus. Wir haben andere Prioritäten. Die Demokratie ist schon seit Jahren ein Witz. Warum sollte ich mich über die beschissene gesichtslose Militärdiktatur ärgern, unter der ich lebe? Ich würde nur für irgendeinen anderen Scheißer kämpfen und sterben. Hier ist euer neuer Boss, aber er ist genauso wie der alte.«
»Wir haben etwas getan«, sagte Morag. Wieder klang sie verzweifelt.
Bis zu einem gewissen Grad verstand ich, in welcher Situation Mutter sich befand. Aber wir hatten ihre Welt zum Einsturz gebracht, und nun versuchte sie natürlich, dasselbe mit unseren Leistungen zu machen, falls man sie so bezeichnen konnte.
»Wirklich? Seid ihr ganz allein hierhergekommen? Habt ihr eure Ausrüstung selbst finanziert? Oder wurdet ihr geschickt? Wer hat euch geschickt? Ich wette, dass es nur eine etwas anders gefärbte Regierung war. Oder ein militärischer Machtspieler, der eine neue Version eines alten Spiels inszenieren will.«
»Was wäre, wenn es diesmal keine Diktatur ist?«, fragte der Heide. »Sondern Sklaverei?«
»Sagst du das nur so dahin, oder hast du
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