Krieg um den Mond (German Edition)
friedliche Wissenschaftler, die mit diesen beiden in einer besseren Konservendose auf die weite Reise gehen sollen.“
„Eine sehr teure Konservendose.“
„Richtig, aber genauso eng.“
„Es wir bestimmt nicht langweilig. Nur, wenn du jetzt nicht schläfst, verpasst du später die spannenden Momente.“
Mit einem „Gute Nacht!“, klappte Olaf die Augenklappe herunter und stopfte sich die Ohrstöpsel in die Gehörgänge.
Anne seufzte und tat es ihm nach. Die Vorstellung, wie sie beide nebeneinander an der Wand hingen, und das Gespräch machten ihr das Schlafen nicht leicht. Hinzu kamen die Lichtblitze, die sie trotz geschlossener Augen wahrnahm. Anne wusste, dass es die kosmische Strahlung war, die auf ihrer Netzhaut diese Reaktionen auslöste. Ein seltsames Erleben und sehr gewöhnungsbedürftig. Das also war Weltraum live.
Anne wachte wenig erholt auf. Die anschließende Morgentoilette trug auch nicht zu ihrer Aufmunterung bei. Sich mit einer Spritzpistole das Wasser auf den Körper zu schießen, die Zahnpasta herunter zu schlucken und in eine Art Staubsauger zu urinieren hatte nicht unbedingt zu ihrem Traum gehört.
Die Gespräche mit der Besatzung der ISS waren da schon besser. Gierig sog Anne alles auf, was sie in Erfahrung bringen konnte. Wo jemand für Erklärungen greifbar war, musste er herhalten. Wenn niemand Zeit hatte, beobachtete Anne durch eines der zahlreichen Fenster die Arbeiten zur Ankopplung der Module für das Mondraumschiff. Gelegentlich sah sie Fang Si durch die Station treiben, dicht gefolgt von Bullrider, der beschlossen hatte, Fang nicht aus den Augen zu lassen.
Die nächste Nacht war besser. Auch wenn die Koje nicht größer war als ein dickes Kanalisationsrohr, war sie doch angenehmer, als an der Wand zu hängen. Man hatte wenigstens ansatzweise das Gefühl von Privatsphäre.
Der Abschied war wieder herzlich. Die Crew hatte gute Arbeit geleistet und war sogar eine Stunde vor Plan fertig geworden. Die vier Mondfahrer quetschten sich in ihr Wohnmodul, das noch wesentlich beengter war als die ISS. Das war nun ihr Lebensraum für die nächsten drei Wochen. Jetzt wurde es ernst.
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62. Zum Mond
Während des Fluges passierte herzlich wenig. War erst der richtige Kurs eingeschlagen, ging es tagelang nur geradeaus. Um einem Weltraumkoller vorzubeugen, der sich unter den beengten Verhältnissen leicht einstellen konnte, sah das Programm endlose Routineaufgaben nach Handbuch vor. Das Einzige, was sich mit den Tagen änderte, war, dass die Erdkugel kleiner und die Mondscheibe größer wurde.
Jegliche Versuche von Olaf, mit einem sinnvollen Gespräch eine entspanntere Atmosphäre zu schaffen, verliefen ergebnislos im Sand. Bullrider beschränkte sich auf kurze Bemerkungen, die gewöhnlich irgendeine Spitze enthielten, während Fang Si es fertigbrachte, stundenlang komplett zu schweigen. Die gefühlte Temperatur in der Kapsel unterschied sich in nichts von der Weltraumkälte außerhalb.
Endlich kroch die Entfernungsanzeige zur Erde über die Marke von 300.000 Kilometern. Damit war der Mond in greifbare Nähe gerückt und die Anpassungsmanöver begannen. Bullrider koppelte das Servicemodul ab und steuerte es in eine Warteposition im Orbit. Dann leitete er die Landephase ein, die sie spiralförmig um den Mond herumführen sollte, immer tiefer hin zu ihrem Ziel.
Aus einem undefinierbaren Gefühl heraus nahm sich Anne die aktuellen Flugdaten vor und glich sie mit dem Kurs ab, den sie berechnet hatte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Es gab eine geringfügige Abweichung, die man auf den ersten Blick für eine natürliche Schwankung halten konnte, aber Anne war zutiefst misstrauisch und rechnete genauer. Es war tatsächlich kein Zufall. Bullrider steuerte einen anderen Kurs.
„Hallo Mr. Bullrider, Sie fliegen falsch.“
„Ich fliege niemals falsch.“
„Sie fliegen nicht den Kurs, den ich Ihnen gegeben habe.“
„Ich fliege den optimalen Kurs. Er führt auf dem kürzesten Weg ins Ziel.“
Bullrider schaltete eine Grafik auf die Monitore, die eine gestrichelte Linie zeigte. Sie führte direkt auf die Zielkoordinaten zu. „Und wir befinden uns hier.“ Bullrider deutete auf einen roten Punkt, der sich wie eine winzige Ameise auf der Linie entlang arbeitete.
Anne ließ nicht locker: „Aber das ist nicht mein Kurs.“
„Nein, ist er nicht.“
„Wie kommen Sie dazu, einfach eigenmächtig den Kurs zu ändern, den ich vorgegeben habe? Die Kursberechnung ist meine
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