Krieg um den Mond (German Edition)
verbesserte sich: „Ich habe Hunger.“
„Interessant“, war Olafs Kommentar. „Wenn das alles ist ...“ Er drückte Anne die Bäckertüte in die Hand.
Sie fühlte sich noch warm an. Der Duft ließ einem das Wasser im Mund zusammenlaufen, aber Anne interessierte sich viel mehr für das Bündel Zeitungen, das Olaf unter dem Arm eingeklemmt hatte.
„Was ist das?“
„Nur ein bisschen zum Lesen. Aber da du so einen Hunger hast, werden wir uns das später ansehen.“
Anne warf Olaf zwei messerscharfe Blicke zu, aber der lachte nur und ging zum Frühstückstisch auf der Veranda. Tobias hatte den Kaffee bereits in die Tassen verteilt und sich zu Elena auf die Bank gesetzt. Die lehnte ganz entspannt an ihm und grinste zu Anne herüber.
„Na? Können wir jetzt wieder normal werden?“
Anne machte eine Faust, aber so, dass Olaf das nicht sehen konnte. Elena grinste nur noch breiter.
„Gestern ist eine Menge passiert in der Welt“, verkündete Olaf und legte das Bündel Zeitungen auf den Tisch.
„eBay gestört“, prangte eine große Überschrift auf der Titelseite.
„Amazon gekapert!“, titelte die nächste Zeitung.
Die folgenden Texte listeten eine Anzahl weiterer Internetseiten auf, die gehackt worden waren. Darunter befanden sich auch einige, über die Unternehmen gegenseitig Geschäfte abwickelten.
„Das scheint ein groß angelegter Angriff zu sein“, urteilte Olaf.
„Jetzt passiert, was wir vermutet haben“, pflichtete Tobias ihm bei. „Es wird ernst.“
An Genießen dachte bei diesem Frühstück niemand mehr. Jeder hatte eine der Zeitschriften vor den Augen und aß und trank nebenbei, ohne die leckeren Sachen wirklich wahrzunehmen.
„China schlägt zurück.“
„Und sie treffen da, wo es den Amerikanern wirklich weh tut. Der Internethandel ist ein Lebensnerv der amerikanischen Wirtschaft.“
„Jeder Tag, an dem das so geht, kostet sie mehr als eine Woche Krieg.“
„Erstaunlich, wie sich die Welt durch das Internet verändert hat. Selbst ein Krieg hat ein anderes Gesicht bekommen. Immerhin sterben keine Menschen.“
„Noch nicht. Wir stehen erst am Anfang.“
„Was sagen die Amerikaner zu den Angriffen?“
„Sie beschuldigen die Chinesen.“
„Aber wenn man genau liest, sieht man, dass sie nur Vermutungen haben.“
„Das ist egal.“
„Sie müssen die öffentliche Meinung für sich gewinnen. Die Meinungshoheit ist im Kommunikationszeitalter mindestens so wichtig, wie es in einem früheren Krieg die Lufthoheit war.“
„Werden sie es schaffen?“
„Ich glaube schon, zumindest in ihrem Land. Die Emotionen werden schnell hochkochen, weil Millionen Menschen betroffen sind. Jeder, dem ein Geschäft kaputt gegangen ist, wird sich persönlich angegriffen fühlen. Beweise sind dann nicht gefragt. Man braucht einen Feind, dem man alles zuschieben kann.“
„Und der wird ihnen durch ihre Regierung geliefert. Zusammen mit den Argumenten, dass die Chinesen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen, gibt das eine explosive Mischung. Jeder wird alles glauben, was die Regierung in dieser Richtung behauptet.“
„Gibt es überhaupt Beweise?“
„Das werden wir uns gleich ansehen.“
Tobias stand auf und ging mit den anderen in den Keller. Die Kaffeetassen blieben halb ausgetrunken in der Morgensonne auf der Terrasse zurück.
Das Trace-Tracker-Programm von Tobias beobachtete das Internet Tag und Nacht. Sie hatten an jedem Abend seit ihrer Ankunft intensiv diskutiert und mögliche Szenarien durchgespielt. Auf dieser Grundlage kreiste Tobias die Quellen der möglichen Angriffe und die potenziellen Ziele ein und beobachtete sie gezielt. Sonst hätten sie in der riesigen Weite des Internet keine Chance gehabt. Aufgrund dieser Vorarbeit dauerte es nicht lange, bis sie die ersten Ergebnisse auf dem Monitor sahen.
„Du hast Recht gehabt“, gab Olaf zu. „Dieses Mal kamen die Angriffe aus Europa. Ich habe es nicht geglaubt.“
„Das war eigentlich logisch. Dass die Quelle bei den Chinesen liegt, war uns klar. Aber China selbst haben die Amerikaner, soweit es technisch möglich ist, abgeschottet, oder kontrollieren intensiv, um Beweise zu sammeln. Dann war die Frage, wo es sonst noch nennenswerte Gruppen von Chinesen gibt und eine entsprechend gute Internetanbindung. Sicher leben viele Chinesen in den USA, aber das wäre zu auffällig und zu riskant, weil die werden vermutlich strengstens überwacht werden. Wegen der guten Infrastruktur bietet sich als nächstes Europa an.
Weitere Kostenlose Bücher