Krieg und Frieden
Tabaksdose aus der Tasche und nahm gierig eine Prise.
»Was er nur wünschen konnte, hätte Ihr Kaiser von meiner Freundschaft erhalten können«, sagte Napoleon, die Achsel zuckend, »aber er fand es besser, sich mit meinen Feinden zu umgeben. Er berief Stein zu sich, den Verräter, der aus seinem Vaterland verjagt wurde, Armfeldt, den verworfenen Intriganten, Wintzingerode, den flüchtigen Untertan Frankreichs, und Bennigsen, einen Soldaten, der ein wenig besser ist als die anderen, aber dennoch unfähig, der 1807 nichts zu tun verstanden hatte.«
Napoleon vermochte kaum der raschen Folge seiner Vorstellungen mit seinen Worten zu folgen, durch welche er sein Recht beweisen wollte oder seine Gewalt, was bei ihm ein und derselbe Begriff war.
»Barclay, sagt man, sei der tätigste, aber das kann ich nicht sagen, nach seinen ersten Begegnungen zu urteilen. Und was tun sie alle, diese Höflinge? Pfuel macht Vorschläge, Araktschejew streitet, Bennigsen beweist, und Barklay weiß nicht, was er tun soll, und so vergeht die Zeit. Nur Bagration ist ein wirklicher Krieger, er ist dumm, aber er hat Erfahrung und Entschlossenheit! Und welche Rolle spielt euer junger Kaiser in dieser Menge? Schon vor vier Wochen hat der Feldzug begonnen, und sie verstehen nicht, Wilna zu verteidigen. Sie sind in zwei Hälften zerschnitten und aus den polnischen Provinzen verjagt worden. Ihre Armee ist entmutigt.«
»Im Gegenteil, Majestät«, sagte Balaschew, welcher mit Mühe diesem Feuerwerk von Worten folgte, »das Heer glüht vor Verlangen ...«
»Ich weiß alles«, unterbrach ihn Napoleon. »Ich kenne auch die Zahl Ihrer Batterien so gut wie die meinigen, ich habe nicht zweihunderttausend Mann, ich habe mehr als das Doppelte, und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich fünfhunderttausend Mann auf diesem Ufer der Weichsel habe.« Auf manche Phrase Napoleons wollte Balaschew etwas erwidern, aber Napoleon ließ ihn nicht zu Worte kommen. Balaschew wußte, daß alles, was Napoleon jetzt sagte, keine Bedeutung hatte, daß er sich selbst später dessen schämen werde.
»Was frage ich nach Ihren Verbündeten?« fuhr Napoleon fort. »Ich habe auch Verbündete, das sind die Polen, sie zählen achtzigtausend und schlagen sich wie Löwen und werden ihrer bald zweihunderttausend sein!« Noch mehr aufgeregt durch das, was er sagte, sprach Napoleon augenscheinlich die Unwahrheit, und noch mehr erregt durch das Schweigen Balaschews trat er mit heftiger Gebärde ihm näher. »Wissen Sie, daß ich, wenn Sie Preußen gegen mich aufregen, es von der Karte Europas auslöschen werde!« sagte er mit vor Wut zitternder Stimme. »Ja, ich werde Sie hinter die Düna werfen, hinter den Dnjepr, und ich werde Ihnen Grenzen anweisen, welche zu verletzen Ihnen Europa nur in verbrecherischer Verblendung erlauben wird! Ja, das wird Ihr Lohn sein!« Schweigend ging er einige Male im Zimmer auf und ab. Er steckte die Tabaksdose in die Westentasche, zog sie wieder heraus und blieb vor Balaschew schweigend mit spöttischen Blicken stehen. »Und welches prächtige Reich hätte Ihr Kaiser haben können!«
Balaschew fühlte die Notwendigkeit, etwas zu erwidern, und sagte, vom russischen Standpunkt aus erscheinen die Dinge nicht in so düsterem Licht. Napoleon schwieg und hörte augenscheinlich nicht, was er sagte.
»Rußland erwartet von diesem Krieg das Beste«, schloß Balaschew. Napoleon zog wieder die Tabaksdose hervor, schnupfte und stieß zweimal mit dem Fuß auf den Fußboden. Die Tür öffnete sich, ein Kammerherr reichte mit höflichem Bückling dem Kaiser seinen Hut und Handschuhe, ein anderer brachte das Taschentuch. Ohne sie anzublicken, wandte sich Napoleon an Balaschew.
»Versichern Sie dem Kaiser Alexander«, sagte er, »meine Ergebenheit. Ich kenne ihn vollkommen und schätze seine bedeutenden Eigenschaften sehr hoch. Ich halte Sie nicht länger auf. General, Sie werden meinen Brief an den Kaiser erhalten.«
Napoleon ging rasch zur Tür. Aus dem Empfangszimmer stürzten alle vorwärts und eilten die Treppe hinab.
Balaschew wurde zur kaiserlichen Tafel gezogen. Der Brief an den Kaiser, den Balaschew erhielt, war der letzte Brief Napoleons an Alexander. Alle Einzelheiten des Gesprächs wurden dem russischen Kaiser mitgeteilt, und der Krieg begann.
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Nach seinem Zusammentreffen mit Peter in Moskau fuhr Fürst Andree nach Petersburg, in Geschäften, wie er seinen Verwandten sagte, in Wirklichkeit aber, um dort den Fürsten Anatol Kuragin zu treffen,
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