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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Dienerschaft Kutusows, ein Kurier und ein Haushofmeister, benutzten einen Augenblick der Muße, um frische Luft zu schöpfen. In diesem Augenblick kam zu Pferd ein Husarenoberstleutnant von kleinem Wuchs, mit braunem Gesicht und mächtigem Schnurrbart und fragte Fürst Andree, ob hier Seine Durchlaucht wohne, und ob man ihn von der Revue bald zurückerwartete.
    Andree erwiderte, er gehöre nicht zum Generalstab des Fürsten und sei erst seit wenigen Minuten hier. Der Husar wandte sich darauf an einen der Diener, welcher auf seine Frage mit der Herablassung antwortete, welche gewöhnlich die Leute des Oberkommandierenden tieferstehenden Offizieren gegenüber zeigen.
    »Wer? Seine Durchlaucht? Wird gleich hier sein! Was wünschen Sie?«
    Der Oberstleutnant lachte über diese Dreistigkeit, stieg vom Pferd, warf den Zügel seiner Ordonnanz zu und näherte sich grüßend Bolkonsky. Fürst Andree erwiderte seinen Gruß und machte ihm Platz neben sich auf der Bank.
    »Sie erwarten auch den Oberkommandierenden?« sagte der Husar. »Man sagt, er sei zugänglich, das ist sehr glücklich! Wenn man mit diesen Wurstessern, den Deutschen, zu tun hätte, gäbe es kein Ende. Jermolow tat recht daran, als er den Kaiser bat, ihn zum Deutschen zu ernennen! Aber jetzt werden auch die Russen zum Wort kommen! Der Teufel weiß, was das werden soll mit diesen ewigen Rückzügen! Haben Sie den Feldzug mitgemacht?«
    »Ich habe nicht nur dieses Vergnügen gehabt«, erwiderte Fürst Andree, »sondern auch verloren, was mir am teuersten war, meinen Vater, der aus Kummer starb, und dann auch mein Gut! Ich bin aus dem Gouvernement Smolensk.«
    »Ah, Sie sind wahrscheinlich Fürst Bolkonsky? Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen! Ich bin Oberstleutnant Denissow! Ich habe davon gehört.«
    Fürst Andree kannte Denissow aus den Erzählungen Natalies. Erinnerungen, welche in den letzten Monaten in seinem Gedächtnis sich verwischt hatten, erwachten aufs neue und verursachten ihm Schmerz und Freude zu gleicher Zeit. Auch in Denissow erweckte der Name Bolkonsky poetische Erinnerungen an den Abend, wo er, ohne zu wissen, wie, der kleinen, fünfzehnjährigen Natalie eine Liebeserklärung gemacht hatte. Er lachte, indem er sich an diesen Roman erinnerte, kam dann aber sogleich auf das Thema, das ihn jetzt allein interessierte. Es war ein Feldzugsplan, den er entworfen hatte, während er bei dem Vorposten stand. Er hatte ihn Barclay de Tolly übersandt und wollte ihn auch Kutusow vorlegen. Seinem Plan lagen folgende Gedanken zugrunde. Die Operationslinie der Franzosen war viel zu lang, man konnte also, während man ihrem weiteren Vorrücken sich entgegenstellte, zugleich ihre Verbindungen unterbrechen. »Sie können eine so große Operationslinie nicht halten«, sagte er sich, »mit fünfhundert Mann werde ich sie durchbrechen ... Mein Ehrenwort, nur der kleine Krieg kann jetzt zum Ziele führen.«
    Denissow hatte sich erhoben, um sein Projekt mit größter Lebhaftigkeit darzulegen, als er von den Hurrarufen und von Musik, welche näher kamen, unterbrochen wurde.
    »Das ist er!« rief ein Kosak, der am Eingang des Hauses stand.
    Andree und Denissow erhoben sich. Am Ende der Straße bemerkten sie Kutusow auf einem kleinen Pferd, der in Begleitung eines zahlreichen Gefolges von Generalen näher kam. Barclay de Tolly ritt neben ihm. Kutusow grüßte nach rechts und links, indem er die Hand an seine weiße Mütze ohne Schirm legte.
    »Auf Wiedersehen, meine Herren«, sagte er und ritt durch die Pforte in den Hof. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er sich in die Arme der Kosaken und Adjutanten gleiten, die ihn unterstützten. Als er wieder auf den Beinen war, warf er einen Blick um sich und bemerkte Fürst Andree, aber ohne ihn zu erkennen. An der Haustür sah er nochmals nach Fürst Andree, und wie es bei Greisen öfter vorkommt, brauchte er einige Augenblicke, um den Namen dieser Gestalt zu finden, die ihm aufgefallen war.
    »Ach, guten Tag, Fürst! Mein Freund, komm her!« sagte er mit Anstrengung und stieg mühsam die Stufen hinauf, welche unter seinem Gewicht krachten. Dann knöpfte er die Uniform auf und setzte sich auf eine Bank.
    »Was macht dein Vater?« fragte er.
    »Gestern erhielt ich die Nachricht von seinem Tod«, erwiderte Fürst Andree kurz.
    »Friede sei mit ihm!« rief Kutusow, nahm die Mütze ab und bekreuzigte sich. »Ich habe ihn geschätzt und geliebt«, fügte er nach kurzem Schweigen mit einem Seufzer hinzu, umarmte den

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