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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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aus: »Papachen! Mamachen! Sonja! Seht doch, da ist er!«
    »Wer? Wer?«
    »Seht doch, wirklich, es ist Besuchow!« rief Natalie. Sie beugte sich zum Wagenfenster hinaus und sah nach einem hochgewachsenen, dicken Mann mit einem Kutscherkaftan, der nach Gang und Haltung augenscheinlich ein verkleideter Herr war, und neben einem gelben, bartlosen Greis in einem Friesmantel unter den Bogen des Sucharewturms hindurchging.
    »Wirklich, es ist Besuchow!« rief Natalie. »Halt! Halt!« schrie sie dem Kutscher zu. Aber der Kutscher konnte nicht anhalten, weil noch mehr Wagen und Equipagen aus einer Seitenstraße hervorkamen und man ihm zurief, er solle sich beeilen und nicht andere aufhalten.
    Wirklich sahen alle, obgleich schon entfernter als zuvor, Peter oder einen ihm ungewöhnlich ähnlichen Menschen in einem Kutscherkaftan, der mit gesenktem Kopf und ernster Miene die Straße entlang ging, neben einem kleinen, bartlosen Greis, der wie ein Diener aussah. Als dieser Greis das Gesicht, das aus dem Wagenschlag heraussah, bemerkte, berührte er ehrerbietig den Arm Peters und sagte ihm etwas, indem er nach der Kutsche deutete. Peter vermochte lange nicht zu begreifen, was er sagte, so sehr war er in seine Gedanken versunken. Endlich blickte er nach der bezeichneten Richtung, und als er Natalie erkannte, folgte er sogleich dem ersten Antrieb und ging rasch auf den Wagen zu, aber nach zehn Schritten blieb er stehen.
    Das Gesicht Natalies, die sich aus dem Wagen herausbog, strahlte. »Peter Kirilitsch, so kommen Sie doch! Wir haben Sie erkannt! Das ist merkwürdig!« rief sie und streckte ihm die Hand entgegen. »Warum sind Sie in diesem Aufzug?«
    Peter ergriff die Hand und küßte sie.
    »Was ist Ihnen, Graf?« fragte die Gräfin verwundert und teilnehmend.
    »Was? Warum? Fragen Sie mich nicht!« erwiderte Peter.
    »Bleiben Sie denn in Moskau?«
    Peter schwieg. »In Moskau?« wiederholte er dann fragend, »ja in Moskau. Leben Sie wohl!«
    »Ach, wenn ich ein Mann wäre, ich würde jedenfalls mit Ihnen zurückbleiben«, sagte Natalie. »Ach, wie wäre das schön! Mama, erlauben Sie, ich bleibe zurück.«
    Peter blickte sie zerstreut an und wollte etwas sagen, aber die Gräfin unterbrach ihn.
    »Sie waren in der Schlacht, wie wir hörten?«
    »Ja«, erwiderte Peter. »Morgen wird hier eine Schlacht sein.«
    »Aber was ist Ihnen, Graf, Sie sind nicht wie gewöhnlich?«
    »Ach, fragen Sie mich nicht, ich weiß selbst nicht ... morgen ... nein ... leben Sie wohl! Leben Sie wohl!« sagte er. »Eine schreckliche Zeit!« Er trat vom Wagen zurück und ging nach der Häuserreihe.
    Natalie bog sich noch lange zum Wagenfenster hinaus und blickte mit strahlendem Lächeln zurück.

192
    Seit Peter aus seinem Hause verschwand, wohnte er schon den zweiten Tag in der leeren Wohnung des verstorbenen Basdejew. Das war so gekommen: Als Peter am zweiten Tag nach seiner Rückkehr nach Moskau und der Unterredung mit dem Grafen Rostoptschin erwachte, konnte er lange nicht begreifen, wo er sich befand und was man von ihm wollte. Als man ihm unter anderen Namen von Personen, welche in seinem Vorzimmer warteten, auch den eines Franzosen nannte, der einen Brief von der Gräfin Helene brachte, befiel ihn plötzlich jenes Gefühl der Hoffnungslosigkeit, dem er sich oft hingab. Es war ihm, als ob jetzt alles zu Ende, alles verwirrt und zerstört sei, daß es keine Gerechte und keine Schuldige gäbe, daß nichts mehr vor ihm liege und daß kein Ausweg aus dieser Lage zu finden sei. Mit einem unnatürlichen Lächeln setzte er sich bald hilflos auf einen Diwan, bald stand er auf, ging zur Tür und blickte durch einen Spalt in das Empfangszimmer, bald kehrte er wieder um und ergriff ein Buch. Der Haushofmeister meldete schon zum zweiten Mal, der Franzose, der den Brief von der Gräfin überbringe, wünsche sehr, ihn zu sprechen, und die Witwe J. A. Basdejews lasse bitten, die Bücher zu übernehmen, da sie selbst die Stadt verlasse.
    »Ach, ja gleich! Warte einmal ... oder nein, gehe und sage ihm, ich werde gleich kommen«, erwiderte Peter dem Haushofmeister, aber sobald dieser gegangen war, nahm Peter den Hut, der auf dem Tische lag und verließ das Kabinett durch eine Hintertür. In dem langen Gang war niemand zu sehen. Peter ging bis zur Treppe, wischte die Stirn mit beiden Händen ab und ging bis zum ersten Treppenabsatz hinab. Der Portier stand am Haupteingang. Von dem Treppenabsatz führte eine andere Treppe nach einem Nebengang. Diesen ging Peter entlang

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