Krieg – Wozu er gut ist
Staaten die irakische Armee fürs Erste schlagen, während die Briten 1899 von einer Niederlage in die nächste gestolpert waren, indem sie viele ihrer Soldaten in geschlossenen Reihen über offenes Terrain in tödliches Artillerie- und Gewehrfeuer hatten marschieren lassen. Binnen 18 Monaten aber hatten die Briten genügend Mann vor Ort, um die Burenarmee vernichtend zu schlagen – nur um genau wie die Amerikaner 103 Jahre später festzustellen, dass ihre Gegner sich in Aufständische verwandelt hatten.
Die britische Armee von 1900 und die amerikanische von 2003 waren ausgebildet, auf konventionelle Weise zu kämpfen, und taten sich mit dem Kampf gegen Aufständische zunächst nicht leicht. Für die Briten bedeutete es, winzige Trupps, von den Buren als Kommandos bezeichnet, durch endlose Steppenregionen zu jagen. »Wir lebten ständig in der Erwartung, den Befehl ›Aufsatteln!‹ zu hören«, erinnerte sich ein Offizier. 12 »Wie oft haben wir aufgesattelt, aber egal, wie schnell wir auch waren, wir waren nie schnell genug.« In ähnlicher Gemütslage berichtet ein Jahrhundert später ein Angehöriger der US-Marines seinem frisch eingetroffenen kommandierenden Offizier: »Sir, wir patrouillieren, bis wir auf einen USBV treffen. *34 Dann rufen wir den Rettungshubschrauber und gehen zurück. Und dann machen wir am nächsten Tag dasselbe.« 13 Beide Armeen lernten rasch. Neue Kommandeure (Herbert Kitchener bei den Briten und David Petraeus bei den Amerikanern) entwarfen Strategien zum Umgang mit Aufständischen und gewannen schließlich die Oberhand. Aber beide Weltpolizisten zahlten fürdiesen Erfolg einen stolzen Preis, weil sie sich, um derart unkonventionelle Gegner zu bekämpfen, auf das besannen, was Vizepräsident Dick Cheney als »die dunkle Seite« 14 bezeichnete, und solches war zuhause und bei den Verbündeten extrem unpopulär.
Die Vereinigten Staaten spionierten ihre eigenen Bürger aus, hielten Gefangene endlos in Haft und verweigerten ihnen den nach der Genfer Konvention garantierten Schutz. Sie folterten einen Teil der Inhaftierten oder transportierten sie in andere Länder, in denen es in dieser Hinsicht keinerlei Schranken gab. Und auch als diese Methoden bekannt geworden waren, gingen die gezielten Tötungen mithilfe ferngesteuerter Drohnen weiter und erhitzen noch immer die Gemüter. Doch gemessen an Großbritanniens Vorgehen in Südafrika haben sich die Amerikaner nie sehr weit auf die dunkle Seite gewagt. Kitchener ließ Tausende Farmen niederbrennen, erschoss das Vieh der Aufständischen und kasernierte deren Familien in Internierungslagern. Ungefähr ein Viertel der Internierten – in überwältigender Mehrzahl Frauen und Kinder – starb an Hunger und Krankheiten.
Alles in allem handhabten die Vereinigten Staaten trotz vieler Fehltritte ihre Version eines Burenkriegs sehr viel besser als die Briten das Original, vergeudeten weit weniger Blut und Gold und verursachten weniger Leiden. Von den grob 1,5 Millionen Soldaten der amerikanischen Armee, die im Irak Dienst getan haben, sind weniger als 5000 gestorben. Großbritannien hatte ähnliche Mannstärken nach Südafrika geschickt, aber 22 000 verloren (in den meisten Fällen durch Krankheit). Während der amerikanischen Besatzung starb etwa ein irakischer Zivilist von 300 eines gewaltsamen Todes, die überwiegende Mehrzahl davon aufgrund religiös motivierter Konflikte durch die Hand anderer Iraker und fremder Söldner. Die Briten aber waren zehnmal so blutrünstig und töteten während des Burenkrieges jeden dreißigsten Südafrikaner. Amerikas Krieg war überdies kosteneffizienter. Wenn alle Kreditzinsen abgezahlt sind, wird sich die Endabrechnung womöglich auf 2,4 Billionen Dollar belaufen, das entspricht grob einem Sechstel des Bruttoinlandsprodukts der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2011, aber die 211 Milliarden Pfund, die die Briten in den Burenkrieg investierten, entsprachen einem Drittel seines Bruttoinlandsprodukts im Jahre 1902.
Am Ende gewannen beide, Großbritannien und die Vereinigten Staaten, ihren Burenkrieg, dazu aber hatten beide erst zu definieren, was denn als Sieg gelten konnte. Großbritannien schickte den Vorkriegspräsidenten Paul Krüger ins Exil – nur um letztlich den südafrikanischen Nachkriegsregierungen, denen ehemalige Aufständische vorstanden, einen Großteil seiner Forderungen am Ende doch zuzugestehen. Ganz ähnlich stürzten die Vereinigten Staaten Saddam Hussein und mussten mit ansehen, wie die
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