Krieg – Wozu er gut ist
aus dem antiken Griechenland auf uns gekommen ist, so sieht es Victor Davis Hanson, »haben todbringende westliche Armeen [heutzutage] wenig Gewalt zu fürchten – außer voneinander«. Das aber ist, wie ich in den letzten Kapiteln zu erläutern versucht habe, nicht das, was uns die Geschichte lehrt. Ja, im weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts werden es die nichtwestlichen Armeen sein, die dem Weltpolizisten am meisten zu schaffen machen. Die Aufrechterhaltung der Ordnung wird auf solidem Urteilsvermögen und dem sachkundigen Umgang mit Ressourcen beruhen und nicht auf dem Erbe der alten Griechen.
Sich zu lange ins Zeug zu legen wird dazu führen, dass das Endspiel verloren geht, aber sich zu früh zurückzuziehen wird noch eher dafür sorgen. Verabschiedet sich der Globocop unentschuldigt, wird die treffendste Parallele für die kommenden Jahrzehnte nicht die sich allmählich entfaltende Krise der 1870er bis 1910er Jahre sein, sondern eine plötzlich hereinbrechende Katastrophe wie die der 1930er Jahre – jenes triste unehrliche Jahrzehnt, da der britische Weltpolizist im Sterben lag, der amerikanische noch nicht bereit war, in die Bresche zu springen, und rücksichtslose Rivalen jeden Heller auf gewaltsame Lösungen für ihre Probleme setzten. Auf lange Sicht wird es unerlässlich sein, sich zurückzuziehen, in nächster Zukunft aber wäre es katastrophal.
Alles hängt am richtigen Timing des Übergangs von der Pax Americana zu einer Pax Technologica und dem Umgang mit den zunehmenden Problemen, denen sich der Weltpolizist – so die gegenwärtigen ökonomischenTrends anhalten – bei der Ausübung seiner Arbeit gegenüber sieht. Ich habe bereits zuvor vermutet, dass die Vereinigten Staaten in diesem Jahrzehnt und vermutlich auch im kommenden im Großen und Ganzen unangefochten bleiben werden, aber im Laufe der 2030er, 2040er und 2050er Jahre werden sie mehr und mehr Probleme bekommen, ihre Rivalen einzuschüchtern. Ich hatte auch erwähnt, dass die Mehrheit der Zukunftsforscher in Sachen Digitalisierung die Singularität ab dem Jahr 2040 erwartet. Wenn all diese Prognosen stimmen, müssen wir uns möglicherweise nicht allzu viele Gedanken machen. Die Welt wird im Laufe der 2020er Jahre zunehmend von Unruhen geschüttelt werden, sich polarisieren und unter Spannungen stehen, aber der Globocop wird stark genug bleiben, die Belastungen zu schultern. Im Verlauf der 2030er Jahre werden die Belastungen für ihn spürbar werden, aber er wird ohnehin allmählich auf dem Rückzug sein, da die Pax Technologica anfängt, Gewalt zunehmend bedeutungslos für das Lösen von Problemen werden zu lassen; und in den 2040er und 2050er Jahren, gerade dann, wenn der Weltpolizist seiner Rolle nicht länger wird gerecht werden können, wird die Welt seiner Dienste nicht länger bedürfen. Alles wird gut sein.
Aber wird die Computerisierung wirklich im gewünschten Tempo voranschreiten? Die 2040er Jahre sind nur noch dreißig Jahre entfernt, und obwohl die Technologie in den vergangenen dreißig Jahren dramatische Fortschritte gemacht hat, will einem vielleicht nicht unmittelbar einleuchten, dass uns die nächsten drei Jahrzehnte mit unseren Maschinen vernetzen werden. Aber dieser falsche Eindruck, sagen die Zukunftsforscher, hat damit zu tun, dass der technologische Wandel exponentiell erfolgt, sich immer weiter verdoppelt und nicht einfach linear voranschreitet.
Angenommen, Sie mieten sich für den Sommer ein Ferienhaus. Am ersten Abend laden Sie Ihren Nachbarn auf ein Glas Wein ein. Er sieht die zwei wunderschönen Seerosen in Ihrem Teich und ermahnt Sie, etwas dagegen zu tun, weil jede Seerose pro Woche eine Tochterpflanze hervorbringt. Aber Sie haben Ferien, also tun Sie nichts. Nach zwei Wochen werden Sie von Ihrer Firma an Ihren Arbeitsplatz zurückgerufen. Als Sie wegfahren, schwimmen acht Blüten auf dem Wasser, das Ganze sieht wunderhübsch aus. Zwei Monate vergehen, bis Sie Ihren Urlaub wieder antreten können. Doch als Sie wieder in Ihr Sommerhäuschen zurückkommen, werden Sie von mehr als tausend Seerosen erwartet. Die acht Pflanzen, die Sie verlassen haben, haben sich achtmal verdoppelt und wiederverdoppelt, vor lauter Seerosen sehen Sie den Teich nicht mehr.
Lassen Sie uns der Einfachheit halber annehmen, dass das erste echte Seerosenäquivalent an technologischem Wandel im Jahr 1983, dem Jahr von Petrows Schicksalsaugenblick, zu erleben war und jede Seerose sich innerhalb von sechs Jahren verdoppelt. Damit haben
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