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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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und den östlichen Iran ausmachen. Das hört sich nach einem schlechten Tausch für Seleukos an, aber sein Urteil erwies sich als richtig. Als seine Männer die Dickhäuter über 4000 Kilometer bis an die Gestade des Mittelmeers getrieben hatten, erwiesen sich die Elefanten in der Schlacht von Ipsos als Zünglein an der Waage und sicherten ihm die Herrschaft über sein Reich in Vorderasien. Diese neuen Schreckenswaffen beeindruckten im 3. Jahrhundert v.   Chr. die Könige rings um das Mittelmeer dermaßen, dass sich jeder, der etwas auf sich hielt, seine eigene Herde zusammenkaufte, -schnorrte oder -borgte. Der karthagische Feldherr Hannibal zerrte 218 v.   Chr. sogar ein paar Dutzend Tiere über die Alpen.
    Die Kriege Südasiens erwiesen sich als ebenso produktiv wie die in Ostasien und im Westen Eurasiens. Im 6. Jahrhundert v.   Chr. wurden in der Ganges-Ebene Dutzende von Kleinstaaten gegründet, die einander unablässig bekriegten, aber bis etwa 500 v.   Chr. hatten vier große Staaten – Magadha, Kosala, Kashi und die Vajji-Clans – sämtliche anderen geschluckt. Indiens großes Versepos, das Mahabharata , erfand mit dem »Gesetz der Fische« sogar einen Namen für diesen Prozess. 30 In Zeiten der Trockenheit, so sagt der Dichter, fressen die großen Fische die kleinen auf.
    Während die Ganges-Staaten expandierten, tauchten an ihren Rändern im Indus-Tal und dem Dekkan neue Kleinstaaten auf. Spätestens 450 v.   Chr. jedoch hatte am Ganges nur ein großer Fisch (Magadha) überlebt, und von seiner mit einer großartigen Stadtmauer umgebenen Hauptstadt Pataliputra aus drangen sukzessive drei mächtige Dynastien immer tiefer nach Indien vor, bis das Maurya-Reich sie allesamt übertraf. Mit Heeren aus Hunderten von Elefanten, Tausenden von Reitern und Zehntausenden von Infanteristen fochten sie Schlachten wie aus dem Lehrbuch und unternahmen komplexe Belagerungen.
    Ihren Höhepunkt fanden die Kriege der Maurya gegen 260 v.   Chr., zur gleichen Zeit also wie die Roms und der Qin, mit Ashokas großem Sieg über Kalinga. »Nicht weniger als 150   000 Menschen wurden von dort deportiert, nicht weniger als 100   000 dort getötet, beinahe ebenso viele starben« 31 , hielt Ashoka fest – worauf die Reue der Sieger einsetzte und die Herrschaft des Dhamma begann.
    Betrachtet man die größeren Zusammenhänge im 1. Jahrtausend v.   Chr., tut man sich schwer, viele Anzeichen für eine spezifisch westliche Art der Kriegführung zu finden. Bestenfalls mag als Besonderheit gelten, dass man in Europa auf Armeslänge an den Mann ging, während man in Asien auf Distanz blieb. Von China bis zum Mittelmeer sah das 1. Jahrtausend v.   Chr. den Aufstieg weit größerer Leviathane, die ihre anschwellende Bevölkerung direkter besteuerten und kontrollierten als je zuvor. Ihre Herrscher waren Killer, bereit zu tun, was immer nötig war, um oben zu bleiben. Sie zogen Hunderttausende von Männern ein, unterwarfen sie strengster Disziplin und führten – oder schickten – sie auf die Suche nach entscheidenden Siegen über Rivalen, die man mit blutigen, frontal geführten Stoßangriffen errang. In Assyrien, Griechenland, Rom und China führte den entscheidenden Schlag für gewöhnlich die schwere Infanterie. In Persien und Makedonien spielte die Kavallerie eine größere Rolle. In Indien hing alles von den Elefanten ab. Aber von einem Ende der Glücklichen Breiten ans andere spielte sich im Prinzip das ganze 1. Millennium v.   Chr. praktisch dieselbe Geschichte ab.
    Im Westen brachte diese Geschichte die Römer nach Rom; im Osten brachte es die Chinesen nach Chang’an und die Inder nach Pataliputra. Bei allen Eigenheiten glichen diese Reiche einander: Sie waren nicht sehr demokratisch, aber friedlich, stabil und wohlhabend. Caging, der Prozess zunehmender räumlicher Beengung, nicht die Kultur war die treibende Kraft, und sie schuf keine westliche Kriegsführung, sondern eine produktive.
Größer und immer noch größer
    Rom, Chang’an und Pataliputra hatten noch einen weiten Weg bis Dänemark. Die Römer kreuzigten Kriminelle und töteten Gladiatoren zum Spaß; Chinesen und Inder schätzten öffentliche Bastonaden und Hinrichtungen. Die Folter war überall legal und die Sklaverei weit verbreitet. In diesen Staaten herrschte Gewalt.
    Von Samoa jedoch, das lassen die Belege der letzten beiden Kapitel vermuten, waren die antiken Reiche weit entfernt. Anthropologische und archäologische Daten legen, wie bereits eingangs

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