Krieg – Wozu er gut ist
Volk zwischen Japan und Germanien überfielen. Aber selbst dann sorgten die Unwägbarkeiten von Sieg und Niederlage auf dem Schlachtfeld für genügend Zufälle, um zu den aus Abbildung 3.7 ersichtlichen chaotischen Ergebnissen zu führen.
Es hatte schon immer kontraproduktive Kriege gegeben, aber selbst die schlimmsten davon waren Einbrüche innerhalb eines größeren Schemas produktiver Kriege gewesen. Einige dieser Zusammenbrüche hatten sich über Jahrhunderte gehalten, aber trotz des Niedergangs von Reichen wie dem der Akkader und dem des Alten Ägypten um 2200 v. Chr., der Städte im Indus-Tal um 1900 v. Chr. und der Königreiche im östlichen Mittelmeerraum während des internationalen Zeitalters um 1200 v. Chr. hatten die Glücklichen Breiten Eurasiens sich auf Rom, Chang’an und Pataliputra zubewegt. Auf jeden Schritt zurück folgen zwei oder drei nach vorn.
Zwischen 200 und 1400 n. Chr. jedoch war das nicht mehr der Fall. Die Macht der Steppenreiter war schlicht zu groß geworden. Der eine oder andere König mochte vielleicht die Kräfte des Chaos zurückschlagen, niemand aber konnte die Steppenwanderungen dauerhaft aufhalten. Früher oder später würden die durchziehenden Banditen zurückkehren, so lange, bis jemand lernte, wie sie aufzuhalten waren. Eurasiens Glückliche Breiten konnten sich nicht mehr aus dem blutigen Kreislauf von produktiven und kontraproduktiven Kriegen befreien.
Die Konterrevolution im Militärwesen
Der kontraproduktive Krieg kehrte all die in den Kapiteln 1 und 2 beschriebenen Entwicklungen in ihr Gegenteil um. Von Feinden aufgerieben, versagten die Staaten in ihrer wesentlichen Aufgabe, ihren Untertanen Sicherheit zu gewähren. Die Kaufleute blieben zuhause, mit katastrophalen Folgen sowohl für die Könige, die sie besteuerten, als auch für die Menschen, die ihre Waren benötigten. Und in dem Augenblick, in dem die Herrscher den Sold für ihre Armeen nicht mehr aufbrachten, machten diese ihr Defizit durchdas Ausplündern von Bauern wett, die darauf ihrerseits Schutz bei den großen Grundherren suchten. Diese Edelleute organisierten zunehmend ergebene Dörfler zu Milizen, um sich der Invasoren wie der Steuereintreiber zu erwehren, und sahen im Allgemeinen keinen großen Sinn mehr darin, Abgaben an ferne Monarchen zu zahlen.
Hatten die produktiven Kriege der letzten 5 000 Jahre v. Chr. zu einer Reihe von Revolutionen im Militärwesen geführt, die aus formlosen Haufen disziplinierte, gut geführte Legionen gemacht hatten, so setzen kontraproduktive Kriege nun etwas in Gang, das wir nur als Konterrevolutionen im Militärwesen bezeichnen können – oder, im Sinne der etablierten Begrifflichkeit, als Counterrevolution in Military Affairs. König, Generäle und gemeine Soldaten vergaßen keineswegs die Vorteile von Masse, Disziplin und geregelten Mahlzeiten – eine einmal gemachte Erfindung kann schließlich nicht zurückgenommen werden; aber als Eurasiens Leviathane ihren Biss verloren, konnten die Staaten diese feinen Sachen eben nicht mehr bezahlen.
Die Armeen schrumpften, die Schiffe verrotteten, das Nachschubwesen verkam, Befehlsstruktur und Kontrolle versagten. Im 8. Jahrhundert hatte Tiglath-Pileser III. von Assyrien sich dadurch verdient gemacht, dass er die Aristokratie vom Krieg ausgeschlossen und selbst Armeen aufgestellt (und bezahlt) hatte, die entsprechend loyal gewesen waren. Tausend Jahre später machten die Könige es zunehmend anders herum. Nicht länger in der Lage, ihren widerspenstigen Baronen Geld für ihre Armeen abzupressen, begannen sie stattdessen, sich mit ihnen zu einigen.
In der alten Zeit hatten sowohl Könige wie Grundherren sich an dem mageren Einkommen ihrer Bauern bedient, erstere in Form von Steuern, letztere in Form der Pacht. Waren sie einmal zu schwach geworden, um Steuern einzutreiben, gaben Könige nun ihre Ansprüche auf und bedachten jeden Strolch, der einen bewaffneten Haufen aufbieten konnte, mit grandiosen Titeln und Privilegien. Im Gegenzug dafür, die Aristokratie ihre Güter – wie kleine Königreiche – selbst verwalten zu lassen, nahm die Krone ihren Grafen, Baronen und Freiherren das Versprechen ab, zur Verfügung zu stehen, wann immer der Monarch in den Krieg ziehen wollte, und zwar mit Soldaten aus ihren eigenen Ländereien.
Die einfachste Möglichkeit, zu diesen Soldaten zu kommen, bestand für die Grundherren darin, die Strategie des Monarchen zu wiederholen, indem sie, im Gegenzug für das
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