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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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eintraf, 1838, versuchte auch ein amerikanischer Abenteurer namens Josiah Harlan sein Glück. Nach einer unglücklichen Liebe hatte er sich als Arzt bei der British East India Company verpflichtet und ebenso wie Brooke im Birmakrieg gedient. Nach Kriegsende zog er durch Indien und überredete schließlich den Maharadscha von Lahore, ihn zum Gouverneur über zwei Provinzen zu ernennen. Von dort aus rückte Harlan mit einer eigenen Streitmacht zu einer Strafexpedition nach Afghanistan aus, um einem usbekischen Kriegsherrn und berüchtigten Sklavenhändler das Handwerk zu legen. Dabei machte er die Bekanntschaft von Mohammed Reffee Beg Hazara, dem Fürsten von Ghor. Im Verlaufe einer zehntägigen Schlemmerei bekam der Fürst einen tiefen Einblick in die Disziplin der Truppen Harlans. Beeindruckt bot Mohammed seinem Besucher einen Handel an: Harlan könne den Thron haben, wenn er bereit sei, Macht und Ansehen Ghors zu mehren; er selber wolle ihm dabei als Wesir dienen.
    Harlan packte die Gelegenheit beim Schopf und hisste das Sternenbanner in den Bergen Zentralasiens. Aber seine Herrschaft erwies sich als ebenso kurzlebig wie die von Dravot in Kafiristan. Nur Wochen nach seiner Erhebung in den Fürstenstand besetzten die Briten Afghanistan und warfen den gerade erst eingesetzten Fürsten hinaus. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten konnte Harlan (den damaligen Kriegsminister) Jefferson Davis um ein Haar überreden, ihn wieder nach Afghanistan zu schicken, um Kamele für die Armee zu kaufen; natürlich hoffte er, mit dem Rückenwindeines solchen Mandats dort seinen Thron wiederzubekommen. Nachdem er mit diesem Vorhaben gescheitert war, versuchte er, afghanische Weintrauben zu importieren, und stellte im Amerikanischen Bürgerkrieg ein Regiment für die Unionsstaaten auf. Aber ein hässlicher Prozess vor einem Kriegsgericht beendete auch diese Karriere vorzeitig. Er starb 1871 in San Francisco.
    Männer wie Brooke, Harlan, Dravot und Carnehan wären in jeder Epoche vor dem 19. Jahrhundert undenkbar gewesen, aber mittlerweile hatte die Welt sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Von der portugiesischen Eroberung Ceutas 1415 bis zum Erscheinen der Erzählung Der Mann, der König sein wollte führten Europäer einen fünfhundertjährigen Krieg gegen den Rest der Welt.
    Dieser Fünfhundertjährige Krieg war ebenso schmutzig wie jeder andere und hinterließ zahlreiche Tränenpfade und verwüstete Landstriche. Auf jedem Kontinent prangerte mehr als ein moderner Calgacus ihn an, aber er hatte auch seine Ciceros, die unablässig einen wichtigen Punkt betonten: Es war der produktivste Krieg der Geschichte. Europäer und ihre Kolonisten beherrschten 1914 etwa 84 Prozent der weltweiten Landfläche und hundert Prozent der Meere. Im Kernland ihrer Reiche an den Nordatlantikküsten war die Rate der gewaltsamen Todesfälle auf einen historischen Tiefststand gesunken und der Lebensstandard gestiegen. Wie üblich ging es den Besiegten weniger gut als den Siegern, und an vielen Orten hatten die kolonialen Eroberungszüge verheerende Folgen. Aber auch hier kristallisiert sich, wenn wir einen Schritt zurücktreten und das große Gesamtbild betrachten, wieder ein allgemeines Muster heraus. Aufs Ganze gesehen stellten die Eroberer lokale Kriege, Banditentum und den privaten Einsatz tödlicher Gewalt ab und begannen für mehr Sicherheit und Wohlstand ihrer Untertanen zu sorgen. Wieder einmal bewirkte der produktive Krieg seine verdrehte Magie, dieses Mal in globalem Maßstab.
Top Guns
    Was die Europäer von Ceuta nach Kafiristan brachte, war eine militärische Revolution, die von zwei bahnbrechenden Innovationen geschürt wurde. Aber keine dieser beiden Erfindungen hatte sich in Europa ereignet.
    Die erste Erfindung war die Feuerwaffe. Seit dem 9. Jahrhundert experimentierten chinesische Chemiker, wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt,mit schwachem Schießpulver für Feuerwerkskörper und Brandbomben. Im 12. oder 13. Jahrhundert kam ein heute unbekannter Tüftler auf die Idee, dem Gemisch Salpeter zuzufügen, um daraus echtes Schwarzpulver zu machen. Wenn man es anzündete, verbrannte es nicht nur, sondern explodierte. Und packte man es in eine ausreichend starke Kammer, so konnte es eine Kugel oder einen Pfeil schnell genug aus einem Rohr feuern, um einen Menschen zu töten.
    Die wohl älteste Abbildung einer echten Feuerwaffe ist im unwahrscheinlichen Rahmen eines buddhistischen Schreins in der Nähe von Chongqing, der am

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