Krieger der Stille
Geschlecht unter den schwarzen Locken ihres Schamhaars – und ohne zu wissen warum, traten plötzlich Tränen in seine Augen, vermischten sich mit den Tropfen des Regens. Dann legte er sich auf sie und drang mit verzweifelter Wut in sie ein.
Der Ozean der Feen von Albar gab sich ungezügelt seinem Zorn hin. Gigantische, schaumgekrönte Wellen bestürmten die Hafenmole, und schwarze Wolken verfinsterten den Tag vor der Zeit.
Über Houhatte war der lang gezogene Ton eines Tritonshorns zu hören.
Kwen Daël ging zu Tixu, der gerade nachdenklich seine Kleidung wieder ordnete. Die Frau war verschwunden, nachdem sie ihn noch einmal leidenschaftlich geküsst hatte. Noch nackt hatte sie ihre Kleider zusammengerafft, und war in einer auf den Platz mündenden Gasse verschwunden.
»Wie ich sehe, hat der Magier seine Fee gefunden«, sagte Kwen Daël. »Die Stunde ist gekommen, wo das heilige Spiel der Legende aufgeführt wird. Danach feiern wir weiter.«
Aus allen Straßen Houhattes strömten jetzt die Menschen herbei, bildeten einen bunten schweigenden Festzug und strebten dem Wald zu. Alle Gesichter, auch die der Kinder, waren nun ernst. Die Prozession erreichte bald den Saum des Waldes. Tixu war durch und durch nass, als er das Unterholz betrat. Dort fielen die Tropfen spärlicher. Die heftige erotische Begegnung hatte Spuren an ihm hinterlassen. Sein Mund und sein aufgekratzter Rücken schmerzten. Er versuchte, nicht an Aphykit zu denken, weil er das Gefühl hatte, sie verraten zu haben. So marschierte er etwa einen Kilometer zwischen nassen Farnen und unter dem Blätterdach knorriger Eichen dahin. Von Zeit zu Zeit warf er dem neben ihm gehenden Fischer einen fragenden Blick zu, doch Kwen Daël beantwortete die unausgesprochenen Fragen Tixus nur mit einem Lächeln oder Schulterzucken.
Der Pfad mündete schließlich in eine weite, runde Lichtung, die Wind und Regen preisgegeben war. Ohne sich um das Wetter zu kümmern, verteilten sich die Selpdiker am Rand. In der Mitte dieser Lichtung gab es eine mit einem gelben Vorhang versehene Bühne. Davor standen zwei alte Männer, die aufmerksam beobachteten, wie sich die Menge verteilte. Ihre langen weißen Bärte bildeten einen starken Kontrast zu ihren schwarzen Tuniken.
Als alle ihre Plätze eingenommen hatten, blies einer der Greise zweimal in das Tritonshorn, das an seinem Gürtel gehangen hatte. Die Menschen um Tixu schienen in einem jahrtausendalten Zauber gefangen. Ihre Augen glänzten.
Dann zogen die beiden Alten den Vorhang auf und traten an den Rand der Bühne. Die Szene stellte das magische Königreich dar: das antike Selp Dik. Ein kleiner Springbrunnen, der zwischen zwei Kristallfelsen, auf denen
winzige weiße Kugeln lagen, das Wasser des langen Lebens spendete.
Kwen Daël erklärte Tixu, dass dieser Kristallfelsen noch lebe und außergewöhnlich nahrhafte Früchte mit aphrodisiakischer Wirkung hervorbringe, und dass die Majiken – die Priester der Magie – dem Felsen die größtmögliche Pflege angedeihen ließen, damit er während der alljährlich stattfindenden Feierlichkeiten das Band zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen dem Untergang und der Wiedergeburt des Königreichs der Magie erneuere und festige.
Rechts und links vom Brunnen sitzen zwei junge Frauen, die die Rollen von Flammèche und Étincelle spielen, die Töchter der Fee Iradielle und des Magiers Gudevure. Sie tragen leichte Gewänder aus Seide, die ihre Körper kaum verbergen, umso mehr, da der Regen die Seide durchsichtig macht. Etwas weiter entfernt liegt ein angepflocktes Reh auf der Bühne. Es kaut friedlich Gräser, die man ihm hingeschüttet hat.
Plötzlich erscheinen die Zauberer, zehn junge, feurige, in schwarze Pumphosen gekleidete Männer mit nackten Oberkörpern, die mit den Schriftzeichen der alten selpdikischen Sprache bemalt sind. Sie tanzen den Tanz der Verführung, den Mazakawen, aber Flammèche und Étincelle wenden sich voller Verachtung von ihnen ab, worauf sie gedemütigt von der Bühne stürzen. Dann kommen die eifersüchtigen Ager, wieder zehn junge Männer, deren nackte Körper schwarz bemalt sind und die furchterregende Masken tragen. Doch während ihres Tanzes halten sie sich in respektvoller Entfernung von den Feechen, denn der mächtige Zauberer Gudevure hindert sie am Betreten des Königreichs von Albar …
Tixu sah, dass die Selpdiken im wahrsten Sinn des Wortes von der Darbietung unter strömendem Regen verzaubert waren. Nichts entging ihnen
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