Krieger der Stille
kalten, feuchten Zelle im Beisein dreier Ritter statt – inmitten seiner Verbitterung, und nurmehr mit Bruchstücken seines einstigen festen Glaubens.
Jetzt betraten die drei Ritter den kargen Raum. Auch die beiden Beisitzer waren alte, desillusionierte Männer, in
verschlissenen, mit schwarzen Flecken bedeckten Kutten. Der eine trug eine neue Kutte über dem ausgestreckten Arm, der andere ein weißes Kissen, auf dem eine Schere, ein kleines Gefäß aus Perlmutt und Rasierzeug lagen.
Choud Al Bah ging zu dem Krieger, verneigte sich vor ihm, die rechte Hand quer an die Stirn gelegt, und erklärte: »Kraft der mir vom Entscheidungsgremium im Namen des Mahdis Seqoram verliehenen Vollmacht erhebe ich, der Ritter und Beichtvater des Kriegers Filp Asmussa, denselben in Anwesenheit meiner beiden Beisitzer, der Ritter Mölin Renehar und Ty Zarovov, nach Leistung des Treueschwurs, so wie er von dem verehrten Gründer unseres Ordens, des Mahdis Bertelin Naflin festgelegt wurde, in den Ritterstand. Nach dem Sprechen des Eids wird der hier anwesende Krieger Filp Asmussa die Kutte anlegen und für alle Zeiten die Tonsur tragen, als unantastbares Zeichen seiner Zugehörigkeit zu dem Orden der Absolution, dem er Gehorsam, Einhaltung der Regeln, Respekt und Vertrauen schwört und dem er von nun an das Geschenk seiner Persönlichkeit macht.«
Nach dem gebotenen kurzen Schweigen stimmten Choud Al Bah und seine zwei Beisitzer in der Sprache Terra Maters die alte Hymne an, deren getragene Melodie die Feierlichkeit der Zeremonie unterstrich.
Trotz großer Anstrengung konnte sich Filp nicht in dieses Ritual einbringen. Er kam sich wie ein Fremder vor, wie ein Ethnologe, der Zeuge eines fremdartigen Brauchs bei einem Eingeborenenstamm ist, dessen Riten ihm unverständlich sind. Zu seiner großen Verwunderung musste er feststellen, dass ihn das gesamte Geschehen tödlich langweilte. Er schämte sich seiner Gleichgültigkeit und bemühte sich, in die Tiefen seines Unterbewusstseins einzudringen.
Glücklicherweise erschien Aphykit vor seinen geistigen Augen und leistete ihm bis zum Ende der Zeremonie Gesellschaft.
Nach Beendung der Hymne wandte sich Choud Al Bah an seinen noch immer vor ihm knienden Patensohn: »Krieger Filp Asmussa, seid Ihr bereit, den Eid abzulegen? Seid Ihr bereit, der Ritterschaft ewige Treue zu schwören?«
Filp zögerte kurz. In diesem Moment wäre er am liebsten davongelaufen.
»Ich … ich schwöre es«, sagte er mit tonloser Stimme, während er innerlich stumm das Gegenteil schrie.
»Gut. Bei Eurer Ehre, der unveränderlich bleibenden Ehre des Ritters, verpflichtet Ihr Euch, ganz gleich unter welchen Umständen, niemals diesen Schwur zu brechen?«
Filp versuchte, seiner Stimme einen festeren Klang zu verleihen. »Ich schwöre es.«
»Gut. Ich, Choud Al Bah, Ritter des Ordens der Absolution, erhebe Euch in Anwesenheit meiner zwei Beisitzer in den Ritterstand. Erhebt Euch bitte, Ritter, und entledigt Euch Eurer Kleidung.«
Filp gehorchte. Vielleicht ein wenig zu schnell in Anbetracht der Feierlichkeit eines solchen Ereignisses. Er zog hastig seine bronzefarbene Robe aus, die er während seiner dreijährigen Lehrzeit getragen hatte.
Jetzt stand er nackt in der Zelle und fror in der Kühle des frühen Morgens.
»Setzt Euch, Ritter!«
Wieder gehorchte Filp. Ihm kam ein bizarrer Gedanke: Warum rasierte man ihm erst den Schädel und ließ ihn nicht seine Kutte anziehen, wenn er doch vor Kälte zitterte? Und wieder schalt er sich wegen solcher unpassenden Überlegungen.
Der Körpergeruch des alten Beisitzers drang ihm unangenehm in die Nase, als der Ritter ihm mit ungeschickten Bewegungen die Haare schnitt. Dann spürte er, nicht ohne Angst, wie die Klinge des Rasiermessers über seinen Schädel glitt. Danach rieb der Beisitzer die kahle Stelle mit »Mondsalbe« ein, eine Pomade nach uraltem Rezept, die das Nachwachsen der Haare verhinderte.
Darauf reichte der zweite Beisitzer Filp die Kutte. Der streifte sie sofort über, ohne auf die vor dem Anlegen gebotene innere Einkehr Rücksicht zu nehmen. Es entging ihm nicht, dass Missbilligung in den Augen der Beisitzer aufleuchtete. Aber Choud Al Bah umarmte seinen Patensohn mit großer Herzlichkeit.
»Ihr werdet es bald erfahren«, flüsterte der alte Mann Filp ins Ohr, »diese Kutte wird der Beginn eines neuen Lebens für Euch sein …«
Fünf Minuten später standen Filp und die drei alten Ritter auf dem Ehrenhof, wo sich auf Geheiß des Mahdis alle
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