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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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wir müssen gegen sie antreten. Allein aus diesem Grund wurden Eure Exerzitien unterbrochen. Doch das Gremium hat ausnahmsweise die Entscheidung getroffen, Euch durch mich vorzeitig in den Ritterstand zu erheben. Im Rahmen der üblichen Zeremonie werdet Ihr also vom Mahdi Seqoram durch mich zum Ritter geweiht.«
    »Dessen bin ich nicht würdig, Ritter. Ich bin ein schwacher Mensch.«
    Mit von Tränen verschleierten Augen hatte der zutiefst verzweifelte junge Mann diese Worte gesprochen. Fast hätte er sich schluchzend auf sein Bett gelegt. Choud Al Bah ergriff voller Mitgefühl die Hand seines Patenkindes.
    »Glaubt Ihr etwa, ich sei dessen würdig?«, sagte er. »Glaubt Ihr, dass ich, Euer Beichtvater, den See der Xui, die Quelle meines Wesens, erreicht habe? Hier ist keine falsche Bescheidenheit am Platz, Filp. Seid nur demütig. Das Erreichen des Ritterstandes ist nicht ein Ziel an sich, sondern nur eine Etappe. Betrachtet sie als einen ersten Schritt auf dem Weg der Fortentwicklung. Solltet Ihr den Ritterschlag akzeptieren, ist das ein Beweis wahrer Demut, wahren Mutes und wahrer Erkenntnis. Auf diese Weise öffnet Ihr Eure Seele, und als junger Ritter werdet Ihr Eure erste Schlacht in den Rängen des Ordens schlagen. Danach könnt Ihr tun, was Euch beliebt, aber ein Ritter
werdet Ihr bleiben; das heißt, ein Mann, der ohne Zögern sein Tun – wenn nötig, um jeden Preis und immer – nach den Geboten der Fortentwicklung ausrichtet.«
    Filp war von diesen warmen, offenen Worten, die so nur selten hinter diesen Mauern ausgesprochenen wurden, so gerührt, dass er seinen vorher gefassten Entschluss vergaß und ein neuer Enthusiasmus ihn ergriff. Und plötzlich erschienen ihm seine noch vor Kurzem bestehenden quälenden Zweifel lächerlich und infantil. Nun war ihm, als hätte eine strahlende Sonne die finsteren, bedrohlichen Schatten verjagt.
    »Warum habt Ihr noch nie zuvor auf diese Weise mit mir gesprochen, mein Beichtvater?«, fragte er wie im Fieber.
    »Allein die Meister und Lehrer sind autorisiert, Unterricht zu erteilen. Wir anderen sind angehalten, den Weg nach dem See des Xui zu suchen … Aber solche Dinge wollen wir später diskutieren, denn der Mahdi wird in einer Viertelstunde im Ehrenhof des Klosters eine kurze Rede vor allen Mitgliedern des Ordens halten. Jetzt werden wir ihn sehen, Ihr und ich! Wie habt Ihr Euch entschieden?«
    »Ich will die Kutte tragen und akzeptiere die Tonsur!«, rief Filp. »Ich möchte Ritter werden, denn dank Euch sehe ich diesen Stand in einem ganz neuen Licht.«
    »Ja, so spricht ein Ritter!«, sagte Choud Al Bah mit ungeheurer Erleichterung. »Kommen wir zum Wesentlichen: Nehmt jetzt die Position des Selbstverzichts ein, und öffnet Euch dem Xui. Währenddessen werde ich die beiden Ritter holen, die als Beisitzer fungieren. Sie sind meine Freunde und warten bereits vor der Tür.«
    Der alte Mann ging. Filp öffnete langsam die Beine. Durch das lange unbewegliche Verharren in einer Position waren sie steif geworden. Er reckte und streckte sich,
um seine Glieder wieder geschmeidig zu machen. Dann kniete er vor seinem Lager nieder. Er senkte den Kopf. Die Position des Selbstverzichts fand normalerweise unter dem holografischen Bild im Rittersaal statt, wo in der toten Sprache Terra Maters die Regeln des Ordens an der Decke geschrieben standen. Sie drückten den Wunsch des Aspiranten aus, sein Ego in den Dienst des Universums zu stellen, das Ich vom lebensspendenen Xui durchdringen zu lassen.
    In diesem Moment hatte Filp das Gefühl, sich selbst zu belügen. Vergebens bemühte er sich, mit dieser Körperhaltung seine Ernsthaftigkeit auszudrücken. In seinem Innern wusste er, dass er dieses Ritual nur seinem alten Paten zuliebe ausführte. Denn eine kleine Stimme flüsterte ihm zu, nicht nur auf das Xui zu verzichten, sondern auch auf die Erhebung in den Ritterstand und den absurden bevorstehenden Kampf. Außerdem behauptete sie, dass wahrer Mut darin bestünde, mit seinem eigenen kleinen Ich in perfekter Harmonie zu leben, wahrhaftig und aufrichtig, auch wenn das von anderen als unehrenhaft betrachtet werde. Und es war nicht aufrichtig, einem in Dogmen erstarrten Gremium gegenüber Gefolgschaft und Gehorsam vorzutäuschen.
    Wie anders war doch jetzt jene Zeremonie als die, die er sich erträumt hatte! Nichts Feierliches hatte sie mehr an sich, nichts Grandioses. Weder die Würdenträger des Ordens, noch der Mahdi Seqoram würden anwesend sein, denn sie fand in einer

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