Krieger der Stille
errichtet worden sein, in dem das Wahre Wort verkündet wird. Unsere Missionare verbringen reine Wunder. Immer zahlreicher sind jene unter den einheimischen Bevölkerungsschichten, die sich berufen fühlen. So werden wir uns bald glücklich schätzen, Tausende junger Novizen in unseren Schulen der heiligen Propaganda unterrichten zu können. Und über die außerordentliche Unterstützung, die unsere Kardinäle und Bischöfe bei der Mission durch die Inquisition der Scaythen erfahren, sind wir ebenfalls hocherfreut, Monseigneur.«
»Der Konnetabel höchstpersönlich wacht darüber«, sagte Menati Ang. »Zurzeit reist er von Planet zu Planet, um die Verwaltung des Imperiums zu koordinieren, deren Fundament die Kirche des Kreuzes ist …«
Kardinal Molanaliphül starrte mit seinen kleinen wässrigen Augen unentwegt Dame Sibrit an. Dieser Blick –
eine Mischung aus Verachtung und Lüsternheit – war ihr äußerst unangenehm, denn sie hatte den Eindruck, dass dieser fette Mann, der wie ein Aasgeier im Halbschatten der Loge saß, sie völlig entblößte. Und sie wünschte sich, das Gespräch des Kaisers mit dem Muffi möge bald enden, damit dieses unverschämte Anstarren auf höre. Jetzt brannte sie darauf, in ihre Gemächer zurückzukehren, ihre Tochter in die Arme zu schließen und ihre Abreise vorzubereiten. Auch wollte sie ihrem Bruder, Moulik de Ma-Jahi, eine Botschaft senden, damit er die nötigen Vorkehrungen treffen konnte, ehe Menati Ang seine Meinung änderte.
»Monseigneur, dieser Ort ist für eine ernste Unterhaltung kaum geeignet«, sagte der Muffi gerade. »Wir würden es begrüßen, wenn Ihr in Eurer großen Güte uns noch heute Abend eine Privataudienz gewähren könntet.«
»Heute Abend?«, sagte der Kaiser, sichtlich verärgert. »Eure Heiligkeit, es ist Euch sicher nicht entgangen, dass heute der letzte Tag der Festlichkeiten ist. In den kaiserlichen Gärten findet die große Soiree der elegiaktischen Dichtung statt, die ich durch meine Anwesenheit zu ehren gedenke. Das ist ein absolutes Muss, denn sie wird im gesamten Universum mittels Bullovision übertragen.«
»Ich weiß, dass Ihr mannigfaltige Verpflichtungen habt, Monseigneur. Trotzdem gestattet mir, auf diesem Zwiegespräch zu bestehen. Ich muss Euch etwas äußerst Wichtiges mitteilen und verspreche Euch, Eure kostbare Zeit nicht über Gebühr zu beanspruchen«, sagte der Greis geschmeidig. Und seine augenscheinlich harmlosen Worte klangen wie eine versteckte Drohung.
»Nun gut, dann soll es so sein, Eure Heiligkeit. Erlaubt mir jedoch einen kleinen Aufschub, die Zeit, Dame Sibrit
in ihre Gemächer zu begleiten. Dann sehen wir uns in dem kleinen Salon der Privataudienzen wieder.«
»Ausgezeichnet, Monseigneur«, murmelte der Muffi und verneigte sich.
Seine Loge schwebte davon und verschmolz mit einer Wolke anderer weißer Logen. Menati Ang fragte sich kurz, welchen hinterhältigen Gedanken der Unfehlbare Hirte dieses Mal ausgebrütet hatte. Sollte er etwa Wind von dem Komplott bekommen haben, das Pamynx und einige Kardinäle gegen ihn schmiedeten? Unmöglich! Sie hatten doch alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen …
Ehe die kaiserliche Loge auf dem schwarzen Marmorboden landete, wurde Menati Ang von mehreren Höflingen bedrängt, auch ihnen eine Privataudienz zu gewähren. Er fertigte sie mit vagen Versprechungen und falschem Lächeln kurz ab.
Die vor der Bühne stehenden Sohorgo-Tänzerinnen nahmen die Glückwünsche ihrer Bewunderer entgegen, als der Kaiser und Dame Sibrit ihnen, in ihrem Stand angemessenen Worten, ihre Wertschätzung für die Darbietung ausdrückten.
Kaum waren die Zuschauer ihren Logen entstiegen und hatten wieder festen Boden unter den Füßen, folgten ihnen ihre Gedankenhüter, was für kurze Zeit ein totales Chaos verursachte.
Menati Ang profitierte von dem Durcheinander und beugte sich, die scheinheilige Etikette missachtend, zu Dame Sibrit hinunter.
»Es hat wohl keinen Zweck, Euch zu fragen, ob Ihr mich heute Abend begleiten wollt«, flüsterte er. »Ich kenne die Antwort bereits …«
Sie starrte störrisch zu Boden.
»Also werde ich Euch ein letztes Mal zu Euren Gemächern geleiten. Und dann schwöre ich bei allem, was mir heilig ist, Euch nie wieder zu belästigen.«
Seine Stimme klang inmitten der eitlen, schwatzenden und lachenden Höflinge traurig. Doch wenn Dame Sibrit vor die Wahl gestellt würde, so gefielen ihr die direkten, wenn auch brutalen Manieren Menati Angs besser als
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