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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Anwesen in der Nähe des Tiber Augustus und des Museums befand. Denn beides konnte man von seinem Garten aus sehen.
    Schließlich entschloss sich Stry Wortling, den Kai in Richtung Museum entlangzugehen. Die beiden letzten Satelliten der zweiten Nacht schmückten den Horizont mit grünen und mauvefarbenen Streifen. Der Regent gelangte auf einen Platz, der von Zwergbäumen und hohen Häusern mit grauen Fassaden gesäumt war. Der Platz kam ihm vage bekannt vor. Er überquerte ihn, und als er an den Grünanlagen vorbeiging, hörte er furchterregende Schreie. Sein Blut gefror, und er umklammerte den Griff seiner alten
Pistole. Mit gespreizten Federn stürzte ein Pfau aus den Büschen hervor und trippelte, so schnell er konnte, unter die schützenden Äste eines Dornenstrauchs.
    »Große Götter! Jetzt habe ich schon Angst vor einem Federball«, murmelte der Regent.
    Er wartete, bis sein Herz wieder normal schlug. Obwohl die Nacht so friedlich wirkte, schien sie eine Menge unsichtbare Gefahren zu bergen.
    Endlich stand er vor Sri Alexus Haus. Er erkannte es sofort an den harmonischen Proportionen, den Mauern aus Elfenbein und dem pyramidenförmigen Dach wieder. Kein Licht schimmerte hinter den großen spitzbogigen Glasfenstern. Sie sahen wie leere schwarze Augenhöhlen aus. Der Regent ging zum Portal, das zu den im Erdgeschoss gelegenen Gärten führte. Die weißen, von braunen Adern durchzogenen Luftstufen wiegten sich leicht in der Brise. Zwischen ihnen verströmten Blumen in Rabatten betörende Düfte. In der Mitte des hexagonalen Brunnens sang die Fontäne in Form eines Dreizacks nicht ihr übliches Willkommenslied.
    Im Garten herrschte eine seltsame Stimmung, finster und bedrückend, ja eisig. Stry Wortling hatte das Gefühl, als ob jegliche Wärme aus diesem Ort entwichen wäre. Ihn schauderte, und er zögerte, seinen Weg fortzusetzen. Denn Sri Alexu schien nicht zu Hause zu sein, was dem Regenten merkwürdig vorkam, weil sein Freund Witwer war und nur eine Tochter hatte. Er verließ praktisch nie Venicia.
    Doch seine Neugier überwog die Angst. Er warf einen schnellen Blick auf die Straße und stieß das Portal auf. Dann betrat er den Garten. Das war reiner Wahnsinn, denn höchstwahrscheinlich würde jetzt jemand – ein
Nachbar, ein Passant, ein Sicherheitsbeamter oder ein Spion – Alarm schlagen. Wie sollte er dann seine Anwesenheit erklären? Und mit seinem schwarzen Cape sah er eher wie ein gewöhnlicher Dieb als wie ein bedeutendes Mitglied der Konföderation von Naflin aus.
    Stry Wortling hatte das Gefühl, jeder seiner Schritte auf dem rosafarbenen Steinsalz der Allee würde die Stille schrill durchschneiden. Vor sieben Jahren hatte er Sri Alexu das letzte Mal besucht, das war anlässlich eines Empfangs, den sein alter Freund zum fünfzehnten Geburtstag seiner Tochter Aphykit gegeben hatte. Er erinnerte sich noch an die Pracht der Gärten und die unvergleichbare Schönheit der Heranwachsenden mit ihren grünblauen, goldgesprenkelten Augen. Dieses Mädchen war zweifelsohne das Kleinod in der Residenz des Syracuser gewesen.
    Da sich die schwere Haustür aus parfümiertem Holz nicht öffnen ließ, ging er um die Villa herum. Ihm war eingefallen, dass es noch eine versteckte Hintertür gab. Plötzlich glaubte er, Geräusche gehört zu haben und blieb stehen. Lauschte. Nichts. Er bahnte sich weiter seinen Weg durch dichtes Gebüsch, dessen stachelige Äste ihm die Hände und Unterarme zerkratzten.
    Schließlich stand er vor der niedrigen Tür. Sie ließ sich mühelos öffnen, nur die Türangeln knirschten leise. Dann betrat er einen schmalen Gang, über den sich eine nicht enden wollende Fontäne aus schwarzer zähflüssiger Tinte ergoss.
    Er inspizierte flüchtig die beiden ersten Etagen: den großen, mit sternenförmigen Luftskulpturen geschmückten Salon; das ordentliche Arbeitszimmer, in dem es nach Weihrauch und parfümiertem Holz roch; die Schlafzimmer,
deren Balkone auf den Tiber Augustus hinausgingen; die Küche, voller Kräuterdüfte; die Empfangsräume und das Sprechzimmer für private Konsultationen …
    Das diffuse Licht der beiden Satelliten, das durch die Spitzbogenfenster fiel, wies ihm den Weg.
    Und wieder überkam ihn dieses beklemmende Gefühl. Die Atmosphäre im Haus war so unheimlich, dass ihm fast übel wurde.
    Dann betrat er das kleine Deremat-Zimmer und überprüfte das weiße längliche Gerät, über dem eine leuchtende holografische Karte angebracht war – ein kleines Meisterwerk

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