Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Dadurch hat Kwaan Raschek praktisch an die Macht gebracht. Wenn er solche Bedenken hatte, dass Alendi die Macht für sich beanspruchen könnte, warum hat er dann nicht dieselben Bedenken Raschek gegenüber gehabt?«
»Vielleicht sehen wir die Dinge einfach nur mit der Klarheit derjenigen, welche die Ereignisse aus der Rückschau betrachten«, meinte Sazed.
Tindwyl schüttelte den Kopf. »Irgendetwas ist uns entgangen, Sazed. Kwaan ist ein sehr logisch denkender und überlegt handelnder Mann; das erkennt man an seinem Bericht. Er war derjenige, der Alendi entdeckt hat, und er war der Erste, der ihn als den prophezeiten Helden ausgerufen hat. Warum aber sollte er sich plötzlich gegen seinen Schützling wenden?«
Sazed nickte und durchblätterte seine Übersetzung des abgepausten Textes. Kwaan war durch die Entdeckung des Helden berühmt geworden. Er hatte die Stellung erlangt, nach der er sich gesehnt hatte.
In der Überlieferung der Vorahnung gab es auch einen Platz für mich, hieß es im Text. Ich hielt mich für den Heiligen Ersten Zeugen, den Propheten, dem es vorherbestimmt war, den größten Helden aller Zeiten zu entdecken. Wenn ich Alendi verleugnete, musste ich auch mein neues Amt verleugnen und würde von den anderen nicht mehr anerkannt sein.
»Es muss sich irgendetwas Dramatisches ereignet haben«, sagte Tindwyl. »Etwas, das ihn zum Gegner seines Freundes machte, der doch die Quelle seines eigenen Ruhmes war. Es muss sich um etwas handeln, das sein Gewissen so sehr aufgerüttelt hat, dass er sich gegen den mächtigsten Monarchen des Landes stellte. Etwas so Erschreckendes, dass es ihn dazu getrieben hat, Raschek auf seine tödliche Mission zu schicken.«
Sazed durchstöberte seine Notizen. »Er hatte Angst vor dem Dunkelgrund und davor, was geschehen würde, wenn Alendi die Macht übernahm. Er scheint sich nicht klar darüber zu sein, was von beidem die größere Bedrohung ist, und keine scheint in seinem Bericht die andere zu überwiegen. Ja, ich sehe das Problem. Glaubst du vielleicht, Kwaan wollte durch den Widerspruch in seinen eigenen Argumenten etwas Bestimmtes mitteilen? «
»Vielleicht«, meinte Tindwyl. »Aber die Informationen sind so dürftig. Ich kann einen Mann nicht beurteilen, wenn ich seine Lebensumstände nicht kenne!«
Sazed schaute auf und sah sie an. »Vielleicht haben wir uns zu sehr angestrengt«, sagte er. »Sollen wir uns eine Pause gönnen?«
Tindwyl schüttelte den Kopf. »Dazu bleibt uns keine Zeit, Sazed. «
Er sah ihr tief in die Augen. Sie hatte Recht.
»Du spürst es ebenfalls, nicht wahr?«, fragte sie.
Er nickte. »Diese Stadt wird bald fallen. All die Kräfte, die gegen sie arbeiten … die Armeen, die Kolosse, die Verwirrung in der Bevölkerung …«
»Ich fürchte, es wird gewalttätiger ablaufen, als deine Freunde annehmen«, sagte Tindwyl leise. »Sie scheinen zu glauben, dass sie weiterhin mit ihren Problemen umgehen können.«
»Sie sind ein optimistischer Haufen«, meinte er lächelnd. »Und sie sind nicht daran gewöhnt, besiegt zu werden.«
»Das hier wird schlimmer als die Revolution werden«, sagte Tindwyl. »Ich habe diese Dinge studiert, Sazed. Ich weiß, was geschieht, wenn ein Eroberer eine Stadt einnimmt. Es werden Menschen sterben. Viele Menschen.«
Bei ihren Worten bekam Sazed eine Gänsehaut. Es herrschte eine große Spannung in Luthadel; der Krieg kam in die Stadt. Vielleicht würde die eine oder andere Armee mit dem Segen des Rates einmarschieren, aber die verbleibende Armee würde dann sofort zuschlagen. Die Mauern von Luthadel würden rot vor Blut sein, wenn die Belagerung endete.
Und er fürchtete, dass das Ende schon sehr bald kam.
»Du hast Recht«, sagte er und wandte sich wieder seinen Notizen auf dem Schreibtisch zu. »Wir müssen mit unseren Nachforschungen weitermachen. Wir sollten mehr über das Land aus der Zeit vor der Erhebung herausfinden, damit du die Informationen bekommst, die du benötigst.«
Sie nickte und zeigte eine fatalistische Entschlossenheit. Diese Aufgabe konnten sie nicht in der knappen Zeit bewältigen, die ihnen noch blieb. Die Entzifferung des abgepausten Textes, der Vergleich mit dem Tagebuch und die Beziehung zu der fraglichen Epoche war eine wissenschaftliche Arbeit, die Jahre beanspruchen würde.
Die Bewahrer besaßen ein großes Wissen – doch in diesem Fall war es beinahe zu groß. Sie hatten bereits seit so langer Zeit Berichte, Geschichten, Mythen und Legenden gesammelt und aufgezeichnet,
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