Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Kupfergeistes für Sprachen. Seine Hand zitterte, als er die Worte las.
Ich schreibe diese Worte in Stahl, denn man kann nichts trauen, das nicht in Metall bewahrt ist.
Ich frage mich allmählich, ob ich der einzig übrig gebliebene Mensch bin, der noch geistig gesund ist. Können die anderen es denn nicht sehen? Sie haben so lange auf ihren Helden gewartet – auf denjenigen, der in den Prophezeiungen von Terris genannt wird –, dass sie bereitwillig jede Geschichte und Legende auf diesen einen Mann beziehen.
Meine Brüder beachten die anderen Tatsachen nicht. Sie können die seltsamen Ereignisse nicht einordnen. Sie sind taub gegen meine Einwände und blind gegen meine Entdeckungen.
Vielleicht sind sie im Recht. Vielleicht bin ich verrückt oder eifersüchtig oder auch nur dumm. Mein Name ist Kwaan. Ich bin Philosoph, Gelehrter, Verräter. Ich bin derjenige, der Alendi entdeckt hat, und ich bin derjenige, der ihn zuerst den größten Helden aller Zeiten genannt hat. Ich bin derjenige, der all dies begonnen hat.
Und ich bin derjenige, der ihn verraten hat, denn jetzt weiß ich, dass er mit seiner Suche nie ans Ziel kommen darf.
»Sazed.«
Sazed zuckte zusammen und hätte beinahe die Lampe fallen gelassen. Marsch stand in der Türöffnung hinter ihm. Gebieterisch, einschüchternd und so dunkel. Er passte an diesen Ort mit seinen harten Linien.
»Die Quartiere im oberen Stockwerk sind leer«, sagte Marsch. »Diese Reise war Zeitverschwendung. Meine Brüder haben alles mitgenommen, was von Nutzen hätte sein können.«
»Keineswegs, Marsch«, erwiderte Sazed und wandte sich wieder der Stahlplatte mit dem Text zu. Er hatte längst nicht alles gelesen, war noch weit davon entfernt. Die Schrift war klein und eng, und die Gravierungen bedeckten die ganze Wand. Der
Stahl hatte die Worte trotz ihres offenbar hohen Alters gut konserviert. Sazeds Herz schlug schneller.
Dies war das Fragment eines Textes aus einer Zeit vor der Regentschaft des Obersten Herrschers. Ein Fragment, das von einem Terriser Philosophen geschrieben worden war – einem heiligen Mann. Trotz der zehn Jahrhunderte langen Suche hatten die Bewahrer bisher nicht das erreicht, wozu sie ausgesandt worden waren. Sie hatten nie ihre eigene Religion gefunden.
Der Oberste Herrscher hatte die religiösen Lehren der Terriser kurz nach seiner Machtergreifung ausgelöscht. Die Verfolgung des Volkes von Terris – seines eigenen Volkes – war die vernichtendste in seiner langen Regierungszeit gewesen, und die Bewahrer hatten nie mehr als undeutliche Fragmente dessen gefunden, was ihr Volk einst geglaubt hatte.
»Ich muss das hier kopieren, Marsch«, sagte Sazed und griff nach seinem Gepäck. Es war unmöglich, eine visuelle Aufzeichnung zu machen. Niemand konnte eine Mauer mit so viel Text anstarren und sich danach an alle Worte erinnern. Vielleicht würde es ihm gelingen, sie in seinen Kupfergeist einzulesen. Doch er wollte eine greifbare Aufzeichnung haben, die vollkommen die Struktur der Zeilen und Satzzeichen wiedergab.
Marsch schüttelte den Kopf. »Wir bleiben nicht hier. Ich glaube, wir hätten gar nicht herkommen dürfen.«
Sazed schaute auf. Dann zog er mehrere große Bögen Papier aus seinem Bündel. »Also gut«, meinte er. »Ich pause es durch. Das ist vermutlich sowieso besser. Dann habe ich den Text genau so, wie er geschrieben wurde.«
Marsch nickte, und Sazed holte einen Kohlestift hervor.
Diese Entdeckung …, dachte er erregt. Das ist so etwas wie Rascheks Tagebuch. Wir kommen unserem Ziel näher!
Doch als er mit dem Durchpausen begann – seine Hände bewegten sich vorsichtig und präzise –, kam ihm ein anderer Gedanke. Wenn er einen Text wie diesen in seinem Besitz hatte, würde ihm sein Pflichtgefühl es nicht mehr erlauben, die Dörfer zu bereisen. Er musste in den Norden zurückkehren und das
mitteilen, was er gefunden hatte, damit dieser Text nicht verlorenging, falls er sterben sollte. Er musste nach Terris gehen.
Oder … nach Luthadel. Von dort aus konnte er Boten nach Norden aussenden. Nun hatte er einen guten Grund, in den Mittelpunkt der Geschehnisse zurückzureisen und die anderen Mitglieder der alten Mannschaft wiederzusehen.
Warum verursachte ihm dies bloß ein noch größeres Schuldgefühl?
Als mir endlich die Erkenntnis kam – als ich endlich alle Vorzeichen, die auf Alendi hinwiesen, miteinander in Verbindung gebracht hatte – , war ich so aufgeregt. Doch als ich meine Entdeckung den anderen
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