Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
Der Rest der Burg wurde von der Familie und der Garnison seines Vasallen bewohnt, aber diesen Raum hatte man für ihren lang abwesenden Lord reserviert. Er machte einen staubigen, vergessenen Eindruck.
Der Abend war heiß und stickig, und Balliol erwog einen Moment lang, die Diener anzuweisen, lieber kein Feuer anzumachen, aber das fröhlich in der dunklen Kammer flackernde Licht gab ihm ein Gefühl, nach Hause gekommen zu sein, das er nicht missen mochte.
Daheim.
Es war ein Fremdwort für ihn. Während seiner auf den Tod seiner Mutter folgenden Jahre als Lord of Galloway hatte es eine Bedeutung für ihn gehabt; eine oberflächliche Bedeutung, die er als selbstverständlich hingenommen hatte. Doch nach drei Jahren im Tower von London und zwei Jahren in päpstlichem Gewahrsam in Malmaison Castle war er zu einer Erkenntnis gelangt. Daheim zu sein bedeutete Freiheit. Die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wie er wollte, und seine Vasallen nach seinem Gutdünken zu sich zu bestellen. Die Freiheit, zu essen, zu schlafen und mit seinem Sohn auf die Jagd zu reiten, wann immer es ihm beliebte. Das Wort jagte ihm einen Schauer über den Rücken, aber er war nicht sicher, ob er von freudiger Erregung oder Unbehagen herrührte.
Jemand klopfte an die Tür. Balliol drehte sich um, als sein Haushofmeister den Raum betrat.
»Sir, die Männer, die Ihr erwartet, sind eingetroffen. Wünscht Ihr zuerst zu speisen?«
»Nein, Pierre, führe sie herein. Ich werde sie jetzt empfangen.«
Sobald sich der Haushofmeister zurückgezogen hatte, wandte sich Balliol wieder zum Fenster. Die nervöse Energie, die ihn erfüllte, schwoll an; bereit loszubrechen wie der Sturm. Er begriff immer noch nicht, warum man ihn vor drei Tagen zum ersten Mal seit Jahren ohne Wacheskorte aus seiner Kammer in Malmaison geholt und zu einigen päpstlichen Beamten gebracht hatte, die ihn zu seiner Burg in der Picardie begleitet hatten. Ihm war lediglich mitgeteilt worden, dass ihn dort Boten aus Paris aufsuchen würden. Vielleicht würde er jetzt ein paar Antworten bekommen. Er war frei. Aber er wollte wissen, welchen Preis er dafür zu zahlen hatte.
Kurz darauf wurde die Tür erneut geöffnet, und Pierre führte zwei in blaue, mit goldenen Lilien, dem königlichen Wappen Frankreichs, bestickte Überwürfe gekleidete Männer herein. Ohne auf die immer noch geschäftig durch die Kammer huschenden Diener zu achten, wartete Balliol darauf, dass die Besucher ihn begrüßten. Leiser Argwohn stieg in ihm auf.
»Sir John.« Einer der Männer neigte den Kopf. Er hatte einen sorgfältig gegabelten Bart und spitze Züge. »Ich bin Sir Jean de Reims, ein Ritter des Königshofes. Ich überbringe Euch Grüße von König Philipp aus Paris. Er hofft, dass Euch Eure neue Unterkunft mehr zusagt als die frühere.«
Die erste Antwort auf eine seiner zahlreichen Fragen überraschte Balliol. Demnach war der König von Frankreich für seine Freilassung verantwortlich? Diese Erkenntnis führte augenblicklich zu einer weiteren Frage. Er wusste, dass seine Befreiung aus dem Tower und Umsiedelung nach Malmaison auf Geheiß des Papstes erfolgt und Teil der Verhandlungen zwischen England und Frankreich gewesen war, aber er hatte sich nicht vorstellen können, warum sein Schicksal in einen Vertrag zwischen den beiden Ländern aufgenommen worden war. Die Intervention des französischen Königs erschien ihm noch rätselhafter. »Ich dachte, der Befehl, mich freizulassen, sei von der päpstlichen Kurie gekommen?«
»Nur zum Teil. Einer Eurer Anhänger, Sir William Wallace, traf vor zwei Jahren in Paris ein, um sich für Eure Freilassung einzusetzen. Euer Freund und Verbündeter Philipp fühlte sich bewogen, zu Euren Gunsten einzugreifen. Er empfahl Sir William und sein Anliegen dem Papst. Seine Heiligkeit hat zwar die endgültige Entscheidung getroffen, aber Eure Freilassung habt Ihr meinem Herrn, dem König, zu verdanken.«
Ballion trat erneut zum Fenster, wo die sinkende Sonne angesichts des aufziehenden Sturms verschwunden war. Blitze flammten am Himmel auf. Vor sechs Jahren hatte er sich an den französischen König gewandt und ihn um Hilfe im Kampf gegen Edward gebeten. Ihr Bündnis hatte den Einmarsch des englischen Königs in Schottland zur Folge gehabt. Aber wo war Philipp gewesen, als der Krieg begonnen hatte? Wo waren die Soldaten gewesen, die der König versprochen hatte, als Edward mit seiner Armee den Tweed überschritten, Balliols Untertanen abgeschlachtet, seine Städte
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