Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
in Handgelenk und Arm, das sie in diesen Tagen häufig plagte – die Gelenke schienen sich unter ihrer papierdünnen Haut zu verknoten und zu verschmelzen, bis es sich anfühlte, als stünden ihre Gliedmaßen in Flammen. Mit mühsamen Bewegungen zerrieb sie die getrocknete Leber, das Herz und die Genitalien des Kaninchenbocks, den sie vor einem Monat mit einer Falle gefangen hatte, zu einem rötlich grauen Pulver.
»Hast du den Wein mitgebracht?«
»Ja«, erwiderte eine atemlose Frauenstimme hinter ihr.
Affraig drehte sich um, als Bethoc, die junge Frau eines Fischers aus Turnberry, eifrig vortrat und ihr einen glasierten Krug mit einem gelben Wachsstopfen hinhielt. Affraig nahm ihn ungeduldig entgegen, fest entschlossen, den Trank so schnell wie möglich fertigzustellen. Sie war froh, dass ihr Geschäft gut lief, aber Bethocs häufige Besuche begannen an ihren Nerven zu zerren – letzten Monat eine Arznei für die Zahnschmerzen ihres Sohnes, den Monat davor ein Zauber, um den Ausschlag ihrer kleinen Tochter zu heilen, den ihr, wie sie sagte, eine eifersüchtige unfruchtbare Nachbarin angehext hatte. Affraig stellte den Krug neben den Mörser auf den wurmzerfressenen Tisch und gab mit zitternden Händen und vor Konzentration gerunzelter Stirn die zerriebenen Organe in den Wein. »Gib ihn deinem Mann zwei Tage vor Vollmond zu trinken. Nicht später. Seine Potenz wird kurz darauf zurückkehren. Achte darauf, dass er alles austrinkt.«
Bethoc, die normalerweise jedem ihrer Worte wie gebannt lauschte, gab keine Antwort.
Affraig drehte sich ärgerlich um. »Hörst du mich, Bethoc?«
Die junge Frau stand an der Tür, die im Wind aufgeschwungen war, und starrte hinaus. Ihre Arme hingen schlaff an ihren Seiten herab, ihr Körper wirkte wie zu Stein erstarrt. »Was ist das?«
Affraig stellte den Mörser ab und schlurfte zu ihr hinüber. Strohhalme blieben am Saum ihres schäbigen braunen Kleides hängen. Als sie neben Bethoc stand und der warme Sommerwind über ihr Gesicht strich, sah sie in der Ferne eine Rauchsäule aufsteigen. Sie wehte hoch über den Wald hinweg, der ihr Haus umgab, und färbte den blauen Himmel schwarz. Der Rauch kam von Turnberry.
»Brennt ein Haus?«, fragte Bethoc.
»Nein«, murmelte Affraig. Ihre Haut fühlte sich plötzlich klamm an. Dafür war das Feuer viel zu groß, und die Rauchschwaden, die jetzt eine dichte Wolke bildeten, kamen von zu vielen Stellen zugleich. Hier brannte nicht nur ein Haus, sondern viele. »Die Engländer sind gekommen.« Das Ausmaß der Bedeutung ihrer Worte traf sie wie ein Schlag, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte.
Seit Monaten verbreiteten sich Gerüchte über eine Invasion in ganz Carrick und säten Angst und Schrecken in den Herzen der Menschen. Affraig hatte sie alle von den Männern und Frauen gehört, die zu ihr kamen, um um Heilmittel und Zauber zu bitten. Zuerst hatten sie ihr mit gedämpfter Stimme erzählt, dass Caerlaverock Castle gefallen war. Einige sagten, die Engländer würden in nördlicher Richtung auf Glasgow vorrücken, andere waren überzeugt, dass sie Richtung Westen auf ihr Gebiet zumarschierten. Die Bewohner von Turnberry und anderen Orten entlang der Küste von Carrick schienen vor Angst wie von Sinnen, aber zugleich so gelähmt wie Kaninchen, auf die der Schatten eines Falken fällt. Da sie ihre Häuser und ihr Vieh nicht verlassen und das Korn auf den Feldern nicht verdorren lassen wollten, waren die meisten geblieben und hatten behauptet, die von ihren Hütern John Comyn und William Lamberton angeführten Schotten würden die Engländer zurücktreiben, bevor sie allzu weit in das Land vordringen konnten. Nun sah es aus, als wäre ihr Vertrauen nicht gerechtfertigt gewesen.
Bethoc, die bei Affraigs Worten totenbleich geworden war, trat ins Freie und heftete den Blick auf die dunklen, wabernden Wolken. »Ich muss zu meinen Kindern«, sagte sie und schlang die Arme um den Oberkörper. Auf ihrer Stirn und ihrer Oberlippe hatten sich Schweißtropfen gebildet, trotzdem zitterte sie.
»Dazu ist es zu spät. Du solltest hierbleiben. Ich bezweifle, dass die Soldaten bis in dieses Tal kommen.« Affraig konnte den Rauch jetzt riechen, ein schwacher Gestank von brennendem Holz, Reet und Stroh.
Bethoc schien sie nicht gehört zu haben. Sie eilte auf den Wald zu, der Wein, der das Heilmittel für die Impotenz ihres Mannes enthielt, war vergessen.
Affraig sah zu, wie sie zwischen den Bäumen verschwand, über die ein Schwarm Wasservögel
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