Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Humphrey, dass Piers über irgendetwas schmunzelte, was einer der anderen Ritter gemurmelt hatte. Er widerstand dem Drang, seine in einem Kettenhandschuh steckende Hand in das spöttische Gesicht des Gascogners zu schmettern, und lotste Edward von seinen Freunden weg. »Der König sagte, es wäre von elementarer Bedeutung, dass wir Carrick auf diesem Feldzug so hart wie möglich treffen. Nach der Zerstörung Lochmabens ist Turnberry Bruce’ letzte große Festung in Schottland. Es reicht nicht, das Land seiner Pächter zu verwüsten. Wir müssen ihm und seinen Anhängern jeden sicheren Hafen nehmen. Wir können nicht zulassen, dass ihm eine so mächtige Burg bleibt, in die er zurückkehren kann.« Angesichts der mürrischen Miene des jungen Mannes stieß Humphrey vernehmlich den Atem aus. »Außerdem wird der Fall Turnberrys Euren Vater hoch erfreuen. Stellt Euch vor, wie stolz er sein wird, wenn Ihr ihm berichtet, wie Ihr die Geburtsstätte seines größten Feindes zerstört habt.«
Bei diesen Worten glomm ein schwacher Funke in Edwards blassen Augen auf, und Humphrey wusste, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.
»Nun gut«, murmelte Edward. »Ich werde den Männern befehlen, ein Lager aufzuschlagen. Wir werden die Burg belagern.«
»Eine weise Entscheidung, Mylord.«
Edward machte Anstalten, sich wieder zu seinen Kameraden zu gesellen, blieb dann jedoch stehen. »Ich finde es faszinierend, welch tiefen Hass Ihr einem Mann entgegenbringt, den Ihr einst Bruder genannt habt, Sir Humphrey.« Ein sardonischer Unterton schwang in seiner Stimme.
Als er sich entfernte, wanderte Humphreys Blick zu der Brustwehr der Burg hinüber, und das Gesicht von Robert Bruce schob sich wie eine dunkle Wolke vor seine Augen …
WEST SMITHFIELD, LONDON, A.D. 1294
(7 Jahre zuvor)
Lange bevor sie Smithfield erreichten, konnten sie schon die Reihen der mit bunten Fahnen geschmückten Stände sehen, die Musik hören und den Duft gerösteten Fleisches riechen. Es war der dritte Tag des Augustjahrmarkts, und die lärmenden abendlichen Festlichkeiten waren bereits in vollem Gang. Die über der Ebene, die sich von den Ufern der Themse bei Westminster bis hin zu der großen, dunklen Fläche des Middlesex Forest erstreckte, untergehende Sonne warf einen warmen Schein über den Jahrmarkt, der zwischen dem Fleet River und dem Friedhof St.Bartholomew’s abgehalten wurde. Kleine Kochfeuer glitzterten in der Dämmerung wie Sternbildkonstellationen.
Humphrey spürte Vorfreude in sich aufsteigen. Es war ein Gefühl, das so stark mit seinen Erinnerungen daran, wie er als Junge oft hierhergekommen war, zusammenhing, dass er einen Moment lang wieder elf Jahre alt war und an der Seite seines Vaters ritt, während die Leute am Straßenrand die Ritter und Pagen bestaunten, die das Gefolge des Earls bildeten. Es war Jahre her, seit sie beide zuletzt zusammen den Jahrmarkt besucht hatten. Und jetzt, wo sein Vater mit dem Krieg in Frankreich beschäftigt war, würde sich wohl auch so bald keine Gelegenheit mehr dazu ergeben.
Humphrey spähte zu Robert Bruce hinüber. Der junge Earl ritt neben ihm auf einem Schecken, der einige Handspannen niedriger war als Humphreys Schlachtross Storm. Sein Blick war unverwandt auf die von Menschen wimmelnden Felder gerichtet, ein breites Lächeln spielte um seine Lippen. Humphrey nickte zufrieden. »Ich dachte mir schon, dass Euch das beeindrucken würde«, rief er ihm über den anschwellenden Lärm der Menge hinweg zu.
Henry Percy, der vor ihnen auf einem Schlachtross mit prächtiger Schabracke ritt, drehte sich im Sattel um, bevor Robert antworten konnte. »Gibt es solche Jahrmärkte in Schottland nicht, Sir Robert?« Das fleischige Gesicht des Lord of Alnwick war vor Hitze gerötet, sein blondes Haar kringelte sich auf seiner Stirn. Seine blauen Augen glitzerten kühl.
Robert wich seinem Blick nicht aus. »O doch, Sir Henry. Ganz ähnliche, nur sind sie viel, viel größer.«
Humphrey kicherte leise, als Henry eine Braue hob und sich wieder zur Straße wandte. Dafür drehte sich Aymer de Valence, der Erbe der Grafschaft Pembroke und ein Vetter des Königs, zu Robert um. In seinem Blick lag unübersehbare Feindseligkeit, die Robert aber nicht zu bemerken schien, denn seine Aufmerksamkeit wurde von drei Mädchen gefesselt, die Arm in Arm lachend und schwatzend am Straßenrand entlanggingen.
»Schnappt nicht nach dem ersten Köder, den Ihr seht, mein Freund«, warnte
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