Krieger des Lichts - Palmer, P: Krieger des Lichts
schüttelte er den Kopf, denn er konnte das Wort nicht aussprechen. Wie sehr er es auch hassen mochte, nichts zu fühlen, bedeutete eine Wiederherstellung der Verbindung, dass er wieder alles spüren würde. Heftiger. Tausendmal heftiger.
»Dann wirst du sterben. Und deine Freunde auch, denn es ist deine Stimme, die in den Gesang mit einfallen muss, damit die Kraft der Tiere heraufbeschworen werden kann, die sie aus diesem Gefängnis befreit. Würdest du nur aus Sturheit vier Kriegern des Lichts das Leben nehmen?«
Das Miststück wusste, dass er das nicht zulassen würde. Doch, oh heilige Göttin, er wollte es nicht. Tausend Jahre lang hatte er fast keine Empfindungen gehabt und kaum Hitze, Kälte oder Schmerz gespürt. Doch der Schmerz und die Empfindungen waren in ihm, schlummerten, warteten auf den Tag, an dem sie wieder freigesetzt wurden und ihre Klauen tief in sein Herz schlagen konnten, um ihn – wieder – zum Bluten zu bringen.
Er wollte es nicht.
Aber was blieb ihm anderes übrig? Melisande mochte zwar vieles sein, doch eine Lügnerin war sie nie gewesen. Wenn sie sagte, die Hellseherin behauptete, er würde hier sterben und seine Brüder mit ihm, dann war es so.
Ein Beben ging durch seinen Geist.
Er begegnete Melisandes Blick und nickte.
Die Ilina schwebte auf ihn zu, und ihre nebelhaften Hände schlossen sich um den goldenen Reif, der um seinen Oberarm lag. Am Anfang war da die übliche Empfindungslosigkeit. Dann begann allmählich Wärme in sein Fleisch zu strömen. Wärme, die immer heißer wurde, bis der Reif wie geschmolzenes Gold glühte und sein Fleisch brannte.
Die Hitze breitete sich bis zu seiner Schulter aus, strömte in seine Brust und hoch in seinen Kopf, während sie eine Spur brennenden Schmerzes hinter sich herzog. Tief in seinem Innern brachen Empfindungen hervor, die lange von Eis umhüllt gewesen waren – alter Kummer, bitterer Verrat.
Wut.
Er würde das Miststück umbringen. Umbringen würde er sie! Brielle trat vor. Ihr Scheitel reichte noch nicht einmal bis zu seinem Kinn, als sie die schmalen Hände hob, um sie gegen seine Schläfe zu pressen. »Ich kann das Gift nicht entfernen, Kougar, doch ich kann es zurückhalten, bis du dich verwandelt hast.«
Brennender Hass und lodernde Wut zerrten an seinem Geist, doch die Gefühle richteten sich nicht gegen eine der Ilinas, die vor ihm standen. Nein, es war eine andere Frau, der er es zu verdanken hatte, fast vernichtet worden zu sein.
Ariana – Königin der Ilinas.
Ariana – seine Gefährtin, seine Frau. Die Frau, die er über alle Maßen geliebt hatte, bis sie ihren eigenen Tod vortäuschte und damit alles verriet, was sie einander bedeutet hatten.
Dafür würde sie bezahlen. Die Göttin stehe ihm bei, aber er würde eine Möglichkeit finden, um sie dafür bezahlen zu lassen, dass sie vor all den Jahrhunderten den Ehebund gelöst hatte, indem sie ihn hatte glauben lassen, sie wäre tot. Tausend Jahre lang hatte er gelitten, sein Herz war so kalt wie eine arktische Nacht gewesen und sein Leben zerstört.
Und es war alles eine Lüge gewesen.
Er spürte, wie Brielles Zauber Wirkung zeigte und das Gift langsam zurückgedrängt wurde.
Jags Stimme sang immer noch in seinem Kopf.
Jag, ich bin hier. Sing weiter.
Das tat er. Und als Kougar dieses Mal mit in den Gesang einfiel, kamen auch die Worte.
Als sich Kougars Stimme in den Gesang mischte, ging ein bebendes Grollen durch Jags Körper, ein heftiger Donner, den er zwar spürte, doch nicht hörte. Obwohl er bereits in seinem Tier war, schoss die Kraft durch ihn hindurch, als der magische Moment immer näher kam.
Hoffnung stieg in ihm auf. Und dann hörte er den Laut, auf den er so atemlos gewartet hatte. Das triumphierende Brüllen der anderen Krieger.
Es hat funktioniert! , rief Tighe. Lasst uns auf der Stelle von hier verschwinden.
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, drehte sich Jag um und sprang durch den Schutzwall, aus der Dunkelheit nach draußen, wo ihn ein grauenvoller Schauplatz aus Regen und Blut erwartete. Vier Leichen lagen wie weggeworfen im Gras, dazwischen tobte ein Kampf, in dessen Mittelpunkt sich sein Rotschopf befand.
Als er nach seinem Sprung aufkam, knickte sein rechtes Vorderbein aufgerissen und halb gelähmt vom Gift des Dämons unter ihm ein. In einer einzigen fließenden Bewegung rollte er sich im Gras ab, richtete sich auf und nahm wieder seine menschliche Gestalt an, wobei das verletzte Vorderbein zu einem Arm wurde, der ihn beim Laufen
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