Krieger des Lichts: Ungezähmte Liebe (German Edition)
Und Pflichtgefühl. Nach eintausend Jahren kannte ich zwar den Unterschied zwischen richtig und falsch, doch der Zweck heiligte die Mittel. Ich übte Rache an den Geparden. Und als uns alle Welt für ausgestorben hielt, beseitigte ich jede Bedrohung für meine Rasse, so gedankenlos und gründlich, dass ich sogar eine Neunjährige zur Waise machte.«
Fox streichelte ihren Rücken und fühlte mit ihr. »Wir alle tun Dinge, die wir irgendwann bereuen.«
Sie entwand sich ihm und stand auf. »Es ist nur so, dass ich diese Person wieder sein will.«
Er starrte sie an. »Warum?«
»Weil ich so nicht leben kann, Fox. Ich fühle … und ich habe es so satt zu fühlen. So will ich nicht leben.«
»Was redest du da?«
Trauer und Entschlossenheit standen in ihrem Blick. »Wenn Castin tot ist und wir wieder zu Hause sind, dann werde ich weggehen und so lange fortbleiben, bis ich nichts mehr fühle, bis ich diese Kälte endgültig wiedererlangt habe.«
Und dann sähe er sie wahrscheinlich nie wieder.
15
Fox starrte ins Feuer, während er über Melisandes Worte nachdachte. Wenn das hier vorbei war und sie sich aus dem Labyrinth befreit hatten, wollte sie ihn verlassen. Sie wollte wieder zu jener kalten Kriegerin werden, die keine Gefühle kannte.
Wut kochte in ihm hoch, bis er meinte, sie wecken zu müssen, damit sie ihm half, sich zu beruhigen. Es war schon weit nach Mitternacht. Draußen heulte der Wind, der Sturm hatte sich noch nicht gelegt. Drinnen war es jetzt warm, und Melisande hatte sich neben ihm zusammengerollt und schlief, während er Wache hielt. Er würde sie beschützen.
Sie gehörte ihm, verdammt.
Bei diesem Gedanken schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht, dass sie zu ihm gehörte … oder? Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Große Göttin, er wusste auch nicht, was er wollte.
Melisande. Er wollte Melisande.
Tief im Innern gab sein Fuchs ein leises zustimmendes Fiepen von sich. Dann knurrte er, als wäre er ebenso hin- und hergerissen wie Fox.
Es war seine Schuld, dass sie all das gerade durchmachen musste. Ihre Beziehung war der Grund, dass sie wieder Gefühle hatte, und wenn er niemals in ihr Leben getreten wäre, besäße sie noch ihre frühere Stärke.
Aber er wollte, dass sie stark war, dass es ihr gut ging und sie niemals so leiden musste wie seine Schwester. Der Gedanke, dass sie ebenso wie Sheenagh an ihren Qualen zerbrechen könnte, brachte ihn schier um. Genau wie die Vorstellung, ohne sie leben zu müssen, aber das wäre dann eben so. Er musste sie gehen lassen, so schwer es ihm auch fiel, dies zu akzeptieren. Er schadete ihr nur. Vielleicht nicht auf die gleiche Art und Weise wie so viele männliche Gestaltwandler vor ihm, aber er tat es dennoch.
Was hatte Castin nur dazu getrieben, sie so schändlich zu verraten?
Er kannte den Mann nicht sonderlich gut. Vor etwa hundertdreißig Jahren hatten sie in Nordengland wenige Monate lang zusammengearbeitet, und nun musste er feststellen, dass er ihn im Grunde gar nicht kannte. In seiner Erinnerung war Castin ein ernsthafter und stets konzentrierter Krieger, der sich nicht für die übermütigen Streiche interessiert hatte, die Fox und einige der anderen sich gegenseitig gespielt hatten. Er konnte sich durchaus vorstellen, dass der Mann in jener schlimmen Zeit so besessen war von dem Gedanken, sein Tier zurückzugewinnen, dass er ganz bewusst hilflose Frauen quälte. Zur Hölle mit ihm!
Es war an der Zeit, dass er für jenes Verbrechen büßte. Und was würde geschehen, sobald Melisande Rache geübt hatte? Sowohl aus den Erfahrungen mit Sheenagh als auch von anderen Vergeltungsmorden, die er über die Jahre hinweg beobachtet hatte, wusste er, dass Rache im Grunde nichts änderte.
Trotzdem musste Castin für seine Taten bezahlen. Der Tiergeist hätte niemals bewusst einen Mann ausgewählt, der nicht davor zurückschreckte, eine Frau zu foltern. Castin hätte nicht gezeichnet werden dürfen. Er war einer der Schlechtesten, nicht der Beste.
Seine Brüder würden sich nicht gerade darüber freuen, dass er die Dinge selbst in die Hand nahm. Doch damit würden sie sich abfinden müssen.
Seine dringendste Sorge war im Moment jedoch, dass sie, ganz nüchtern betrachtet, in einer Höhle gefangen waren. Er war hin- und hergerissen, ob sie in der Höhle ausharren und den Kampf auf sich zukommen lassen oder gleich bei Sonnenaufgang aus der Höhle verschwinden sollten. Falls er überhaupt mitbekam, wann die Sonne aufging. Falls sie sich
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