Krieger des Lichts: Ungezähmte Liebe (German Edition)
hatten. In diesem Krieg hatte unser Feind immer wieder demonstriert, wie man sich mittels Folter Zugang zu tieferen Kräften verschaffen konnte. Ich glaube, es ist Teil des Wesens der Dämonen, oder einfach ihre Art und Weise, die eigenen Kräfte zu wecken. Castin und ich waren monatelang ein Liebespaar, und in jenen Wochen nach dem großen Opfer hatte ich immer wieder versucht, sein Tier zu heilen. Ohne Erfolg. Daraufhin beschloss sein Clan, herauszufinden, ob man die dafür erforderlichen Kräfte mithilfe von Folter freisetzen könnte. Und Tod.«
Fox’ Herz zog sich zusammen.
Melisande fuhr fort, mit dem Finger auf der Erde zu zeichnen. »Castin hat mich ihnen ausgeliefert. Er hat mich wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt und mit mir die Frauen, die mir am meisten am Herzen lagen.« Ihre Stimme klang verbittert. »Ich war so naiv. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand absichtlich versuchen könnte, mir wehzutun, schon gar nicht jemand, mit dem ich so viel gelacht und so viel Freude gehabt hatte.«
Inmitten all seines Zorns verspürte Fox einen Stich der Eifersucht, während er das starke Bedürfnis hatte, sie in den Arm zu nehmen. Doch sie musste das jetzt loswerden, und er musste es erfahren. Deshalb legte er nur seine Hand auf ihr Knie, in der Hoffnung, dass seine Berührung es ihr erleichterte, die schreckliche Wahrheit auszusprechen.
»Als ich aufwachte …«, sie presste die Lippen aufeinander und grub den Finger tiefer in die Erde, als wollte sie ein Loch graben, um darin der Vergangenheit zu entfliehen, »… lag ich am Boden und war gefesselt.« Ihre Stimme versagte. Seine Brust schmerzte. »Der Stammesführer vergewaltigte und folterte mich als Erster, doch damit nicht genug. Irgendwann habe ich nicht mehr mitgezählt und den Überblick verloren, aber es ging mit brutaler Gewalt weiter, Stunde um Stunde, Tag für Tag, wochenlang. Vielleicht über Monate.«
Erst als ihre Hand sich auf die seine schob, die ihr Knie umklammerte, merkte er, wie fest er zugepackt hatte.
»Entschuldige«, murmelte er.
»Du möchtest das lieber nicht hören.«
»Doch … das will ich. Oder nein, eigentlich nicht, denn es ist unfassbar, was sie getan haben. Ich werde Castin die Haut in Streifen abziehen, ehe du ihn ins Jenseits beförderst.« Er hob ihre Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Knöchel. »Hör nicht auf, Mel. Ich muss die ganze Geschichte erfahren, mein Engel.« Er schnaubte leise. »Du bist wirklich einer, oder?«
»Ich war es. Jetzt bin ich es nicht mehr.« Als er ihre Hand losließ, widmete sie sich wieder ihrer Zeichnung am Boden. »Nach seinem Verrat hatte Castin nie wieder den Mumm, mir gegenüberzutreten. Ich bin mir sicher, dass er stattdessen bei meinen Schwestern ganz vorne in der Schlange stand. Ich war von den übrigen Ilinas abgeschottet worden und konnte sie weder sehen noch mit ihnen kommunizieren. Doch ich hörte ihre Schreie mehrere Tage lang, und ich spürte, wie sie starben, eine nach der anderen.«
Plötzlich sprang sie auf, als könnte sie das Elend ihrer Geschichte nicht länger ertragen. Doch sie erzählte weiter, während sie in der kleinen Höhle auf und ab lief. »Die ersten beiden wurden innerhalb von nur wenigen Stunden nach unserer Gefangennahme getötet.« Mit einem Ausdruck kalten Grauens im Blick wirbelte sie zu ihm herum. »Sie haben ihnen das Herz herausgeschnitten und es aufgegessen, Fox. Sie haben es gegessen . Und dann haben sie mir haarklein davon berichtet, und ich habe gebetet, dass sie dasselbe mit mir machen würden, damit meine Qualen endlich vorbei wären.«
Sie verschränkte die Arme und starrte regungslos ins Feuer. »Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis die anderen tot waren. Tage, vielleicht Wochen. Ich weiß nur, dass meine Schreie noch lange widerhallten, nachdem ihre längst verklungen waren. Und dann verstummten auch meine, weil sie gingen und mich zurückließen. Ich glaube, sie dachten, ich sei tot. Selbst ein unsterblicher Körper ist nicht in der Lage, alles zu ertragen, und ich wusste, dass ich dem Tod sehr nahe war. Vermutlich wurde ich ohnmächtig und grau und habe eine Zeit lang so dagelegen. Für die meisten Ilinas gibt es keine Rückkehr aus diesem ascheartigen Zustand, aber ich war nicht wie die meisten Ilinas. Ich war ein Seraph. Aber nun, da sie die Letzte der Ilinas für tot hielten, gingen sie. Sie ließen mich in der Dunkelheit zurück, gefesselt von Mondsteinen und gebannt durch einen Abwehrzauber, der es meiner
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