Krieger des Lichts: Ungezähmter Kuss (German Edition)
würde.
Langsam drehte sie sich zu ihm um. Er stand ein paar Schritte von ihr entfernt und hatte die Hände in die Taschen seiner Jeans geschoben. Er musterte sie so durchdringend, als könnte er bis in den kleinen Zeh in sie hineinschauen.
»Was ist passiert, Faith? Wohin ist dein Leuchten verschwunden?«
Ganz gebannt von seinem Blick schluckte sie, das Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Gefühle waren in Aufruhr. »Ich weiß nicht.« Sie wollte weinen, sich in seine Arme werfen, sich umdrehen und wegrennen.
»Was hat er dir angetan?«
»Nichts.«
»Er hat dir wehgetan.«
»Nein! Er würde mir nie wehtun. Maxim liebt mich.«
Er schüttelte den Kopf und sah sie fassungslos an. »Das sagen alle misshandelten Frauen weltweit! Sie verbergen es – sogar vor sich selber – und verteidigen das Verhalten der Männer.«
»Das tue ich nicht!«, wehrte sie sich. »Ich helfe seit Jahrzehnten Mädchen, die misshandelt wurden. Ich würde einem Mann nie … niemals … erlauben, mich so zu behandeln. Niemals! Ich verteidige ihn nicht.« Beinahe hätte sie losgeweint und schnell wischte sie eine Träne weg, die ihr in die Augen getreten war. »Er. Tut. Mir. Nicht. Weh.«
Schmerz ließ seine Gesichtszüge erstarren. Er wandte sich ab und legte den Kopf in den Nacken. Lange sah sie seinen verkrampften Rücken an und sehnte sich danach, ihn zu trösten. Sie bebte angesichts des Kampfes, der in ihr tobte – dem Verlangen nach dem einen und der Hingabe für einen anderen Mann.
»Ich liebe ihn, Hawke«, sagte sie leise.
Sie sah den Kummer in seinen Augen, als er sich schließlich wieder zu ihr umdrehte. »Dann erklär mir, warum du so traurig bist.«
Ja, warum war sie eigentlich traurig? Sie wusste es noch nicht einmal.
Du weißt es , rief ihr Herz. Du bist traurig, weil du Hawke brauchst, aber zu Maxim gehörst .
»Ich weiß es nicht.« Wenn sie Warschau doch nie verlassen hätte. Wenn sie doch … »Ich will wieder nach Hause.«
Einen Moment lang sah er sie schweigend an. »Du hast Heimweh?« Einen Augenblick später seufzte er und atmete tief aus. Die Anspannung wich aus seinen Schultern. »Das wird es wohl sein.« Aber er klang nicht überzeugt.
»Ich vermisse die Mädchen, denen ich versucht habe zu helfen – Paulina und Maria.« Jetzt hatte sie einmal angefangen zu reden und konnte auch nicht wieder aufhören, denn Hawke würde sie verstehen. »Maria ist noch so jung und hat schon zu viel erlebt für ihr Alter, aber sie besitzt noch dieses Staunen, diesen kindlichen Glauben, dass das Leben gut ist. Paulina ist da anders. Sie ist verbittert, hat aber ein wunderbares Talent, und wenn sie je Farben und eine Leinwand in die Finger bekommen würde, könnte sie all ihre Ängste in die Bilder fließen lassen, sodass sie vielleicht geheilt wird, aber nur vielleicht.« Sie holte tief Luft und seufzte dann. »Ich frage mich, ob es ihnen gut geht.«
»Vielleicht lässt Catt dich ja zurückkehren, damit du sie besuchen kannst.«
»Das wird er.« Das wusste sie mit absoluter Sicherheit. »Wir werden in ein paar Wochen hinfliegen.«
»Na, wer sagt’s denn.« Doch trotz seiner Worte sah Hawke sie an, als wollte er weiter mit ihr diskutieren, als wäre er immer noch nicht völlig überzeugt. Er senkte den Blick, dann schaute er wieder auf und bedachte sie mit einem schwachen, traurigen Lächeln. »Du wirst hier glücklich werden, sobald du dich an alles gewöhnt hast … sobald alles in geregelten Bahnen verläuft.«
»Du hast bestimmt recht.«
Wieder nickte er und warf einen unentschlossenen Blick zur Tür. »Ich sollte wohl lieber gehen.«
»Ja. Gute Nacht, Hawke.«
Er streckte die Hand nach dem Türgriff aus, doch dann drehte er sich noch einmal um und sah sie sanft und gleichzeitig traurig, aber auch leicht verbittert an. »Wenn du mich je brauchen solltest, bin ich für dich da. Das weißt du.«
»Ja, das weiß ich.«
»Gute Nacht, Faith.« Dann öffnete er die Tür, trat nach draußen und schloss sie hinter sich.
Während sie unbewegt die geschlossene Tür und die Stelle anstarrte, wo Hawke eben noch gestanden hatte, fing sie an, völlig unkontrolliert zu zittern. Die Tränen, die sie zuvor noch zurückhalten konnte, begannen jetzt zu fließen, als die Schatten ihrer Albträume über sie herfielen, Erinnerungen, die sie nicht greifen konnte. Schreckliche, Furcht einflößende Erinnerungen. Die Tränen wurden zu einem Schluchzen, das ihren ganzen Körper erschütterte.
Hawke, ich brauche dich. Ich brauche
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