Krieger des Lichts: Ungezähmtes Herz (German Edition)
Ilina-Blaus von einst.
Sie fixierte ihn mit ihrem typischen durchdringenden Blick. Sowohl als Königin als auch als Kriegerin war sie Feuer und Schwert gewesen, in der Lage, jeden Widerspruch mit einem einzigen Blick im Keim zu ersticken. Doch dieser harte Blick, der früher nur für ihn weich geworden war, wenn er vor Liebe und Leidenschaft dahinschmolz, richtete sich jetzt mit der kalten Zurückhaltung einer Fremden auf ihn.
Sein Verstand geriet bei ihrem Anblick ins Straucheln, sein Herz begann wie wild zu hämmern. Er sehnte sich nach der Gefühllosigkeit, mit der er eintausend Jahre lang gelebt hatte, der schützenden Taubheit, die ihn in all der Zeit umhüllt hatte. Doch stattdessen wurde sein Herz jetzt noch einmal entzweigerissen.
Sie war nicht wie Melisande in das altertümliche Kriegsgewand aus Tunika und Hose gekleidet. Sie trug auch keines der juwelengeschmückten Kleider, die sie einst so gern angezogen hatte, sondern blaue, ihre schlanke Gestalt umschmeichelnde OP -Kleidung und weiße Schuhe, als spielte sie Arzt oder Krankenschwester. Als spielte sie einen Menschen.
Einen Augenblick lang war er durch ihre Aufmachung irritiert, bis ihm der Grund auf schmerzliche Weise dämmerte.
Das Böse ernährte sich von Angst und Schmerz. Wo ließ sich heutzutage leichter Schmerz finden als in einem Krankenhaus der Menschen? Sie war nichts weiter als ein Parasit, der sich vom Leid anderer ernährte. Versteckte sie deshalb das unnatürliche Strahlen ihrer Augen hinter braunen Kontaktlinsen? Weil sie so viel Zeit damit verbrachte, sich in der Welt der Menschen aufzuhalten?
Trotz ihres schlichten Aufzugs, trotz der dunklen Ringe unter den Augen und den Kontaktlinsen, die ihre wahre Augenfarbe verbargen, war sie immer noch umwerfend schön. Auch wenn der Schein trog.
»Lass uns allein, Melisande«, befahl Ariana leise.
Melisande blickte über ihre Schulter. »Ariana … «
»Du wusstest, dass es dazu kommen würde, als du uns wieder verbunden hast, Mel. Du wusstest, dass er mich früher oder später finden würde.«
»Er weiß schon seit einundzwanzig Jahren, dass du lebst.«
»Ich sagte: Lass uns allein«, zischte Ariana ihre Stellvertreterin an.
Wutschnaubend verschwand Melisande.
Ariana rührte sich nicht vom Fleck und starrte ihn an. Und wieder meinte er, Emotionen in ihrem Blick zu erkennen und zu spüren, wie sie um Fassung rang … als würde ihr das Wiedersehen genauso nahegehen wie ihm.
Sogar von dort, wo er stand, konnte er sie riechen, diesen einzigartigen Duft, der ihn immer an Maiglöckchen erinnert hatte. Der Geruch katapultierte ihn zurück in die Zeit der herrlichen langen Nächte, in denen er ganz im Genuss ihres Körpers aufgegangen war. Er ballte die Fäuste, um die in ihm aufsteigenden Bedürfnisse zu unterdrücken. Einerseits sehnte er sich danach, sie in die Arme zu schließen und noch einmal ihren Körper zu spüren, doch viel stärker war der Drang, ihr das seelenlose Herz herauszureißen. Und dieses Wechselbad der Gefühle ließ ihm sowohl die eine als auch die andere Möglichkeit als nur allzu wahrscheinlich erscheinen.
Mit einem leisen Knurren bemühte er sich, den Aufruhr in seinem Innern unter Kontrolle zu bringen.
Er war nur aus einem einzigen Grunde hier: um seine Freunde zu retten. Doch als er nun in unmittelbarer Reichweite der Frau stand, die er ein Jahrtausend lang für tot gehalten hatte, ertappte er sich dabei, dass er mehr wollte … und dass er Antworten brauchte. » Warum , du seelenloses Miststück?«, stieß er wütend hervor. »Warum hast du die Paarbindung gelöst? Warum lässt du alle Welt glauben, ihr wärt ausgestorben? Warum wolltest du mich glauben lassen, es gäbe dich nicht mehr?«
Ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht, ihr Mund verzog sich, als litte sie, doch er wusste, dass es nur eine Täuschung war. Seelenlose fühlten von körperlichen Qualen abgesehen keinen Schmerz.
Er sah, dass sie schlucken musste und wie ihre Miene erstarrte. »Ich habe die Verbindung getrennt, weil es in meiner Macht lag. Sobald mich der böse Geist erfasst hatte, brauchte ich dich nicht mehr, Krieger. Ich hatte kein Verlangen mehr danach, dich zu berühren oder von dir berührt zu werden. Und so ist es immer noch. Die Ariana, wie du sie kennst, existiert nicht mehr. Und ich habe kein Interesse an dir.«
Obwohl ihn ihre Worte nicht überraschten, war die gefühllose Art, mit der seine Entlassung ausgesprochen wurde, wie ein Tritt in die Magengrube, der seinen Zorn
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