Kriegerin der Nacht
herunter.
Kelly gestattete sich ein grimmiges inneres Lächeln.
Ja, sie waren wahrscheinlich eine echte Attraktion in dieser Kleinstadt hier. Vier Nachtleute - nun, jedenfalls ehemalige Nachtleute. Eine Hexe, die beinahe so zierlich war wie Iliana, mit einem leuchtend erdbeerblonden Lockenschopf und einem Gesicht wie eine Fee auf Urlaub. Ein Vampirmädchen, das in seiner kühlen Perfektion direkt aus einer Zeitschrift entsprungen sein könnte, mit kurz geschnittenem nerzbraunem Haar und einem seltsam durchdringenden Blick. Ein Gestaltwandler, der den Platz eines jeden Prinzen in einem Märchenbuch hätte einnehmen können, mit Haar wie aus altem Gold und klassisch gemeißelten Gesichtszügen.
Und natürlich ein Panther. Der im Moment zufällig auf zwei Beinen ging, unter der Maske eines hochgewachsenen Mädchens mit angespanntem, wachsamem Gesichtsausdruck und langem schwarzem Haar, das sie hexenmäßig umwogte.
Und natürlich war da auch Iliana; sie sah aus wie eine Balletttänzerin, die aus der Nußknackersuite hereingestolpert war.
Schweigen erfüllte den Raum, während Lehrer und Klasse die Gruppe anstarrten - und andersherum.
Dann klappte der Lehrer sein Buch zu und näherte sich ihnen. Kelly hielt sich bereit. Er trug einen säuberlich gestutzten Bart und hatte eine gefährliche Miene aufgesetzt.
Es war jedoch Iliana, die es mit ihm aufnahm. Sie trat vor, bevor Kelly Luft holen konnte, um das Wort zu ergreifen.
»Mr Wanamaker! Das sind meine Cousinen und mein Vetter! Nun - eine von ihnen ist meine Cousine. Sie kommen aus ... Kalifornien. Hollywood! Sie sind hier, um ... Nachforschungen anzustellen für ...«
»Eigentlich sind wir nur zu Besuch«, warf Kelly ein.
»Für eine neue Serie über eine Highschool. Nicht wie diese andere Serie. Sondern mehr eine auf der Realität basierende ...«
»Nur zu Besuch«, erklärte Kelly.
»Aber dein Dad ist ein berühmter Produzent«, widersprach Iliana. Leise fügte sie an Mr Wanamaker gewandt hinzu: »Sie wissen schon, wie dieser andere Produzent.«
Alle, der Lehrer eingeschlossen, richteten den Blick auf Kelly.
»Ja - das ist richtig«, sagte Kelly und lächelte, während sie die Zähne zusammenbiss. »Aber wir sind trotzdem einfach nur zu Besuch hier.« Sie stieß Winnie mit dem Ellbogen an, aber das war nicht notwendig. Winnie starrte bereits den Lehrer an und unterzog ihn mit Hexenmacht einer Gehirnwäsche.
Mr Wanamaker blinzelte. Er wog das Buch in seiner Hand, als sei er Hamlet mit Yoricks Schädel. Er betrachtete das Buch, dann sah er Winnie an und blinzelte erneut.
Dann zuckte er die Achseln und schaute zur Decke hinauf. »In Ordnung. Was auch immer. Setzt euch. Hinten stehen noch einige Stühle. Aber deine Verspätung werde ich trotzdem eintragen.« Kelly bemerkte, dass seine Haltung sehr aufrecht war, als er an sein Pult zurückkehrte.
Sie tat ihr Bestes, um Iliana anzufunkeln, ohne weitere Aufmerksamkeit auf ihre Gruppe zu lenken. »Ein berühmter Produzent?«, flüsterte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
»Ich weiß auch nicht. Es war interessanter als die Version mit den Freunden und der Busrundreise.«
Dein Leben braucht wirklich nicht noch interessanter zu werden, du Schwammhirn, dachte Kelly, aber sie sagte nichts.
Etwas fand sie jedoch schnell heraus. Etwas, das sie überraschte und das ihren Job erschwerte: Alle in der Schule waren in Iliana verliebt.
Es war seltsam. Kelly war es gewohnt, die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen - und sie zu ignorieren. Und Nissa und Winnie waren beide der Typ, der Männer mit Stöcken abwehren musste. Aber hier wurden sie zwar von den Jungen gesehen - doch ihre Blicke schienen immer wieder zu Iliana zurückzukehren.
In der Pause umschwärmten sie Iliana wie Bienen eine Blume. Und nicht nur die Jungen. Auch Mädchen. Alle schienen ihr etwas sagen zu wollen - oder sie auch einfach nur anzulächeln.
Der Albtraum eines jeden Bodyguards.
Was sehen sie in ihr?, dachte Kelly, beinahe unerträglich frustriert, während sie versuchte, Iliana von der Menge wegzumanövrieren. Ich meine, abgesehen von dem Offensichtlichen. Aber wenn sich das alles nur um ihr Aussehen dreht...
Doch das tat es nicht. Es schien sich nicht um ihr Aussehen zu drehen. Sie wollten nicht alle ein Date mit ihr.
»He, Iliana, mein Granddaddy fand die Karte wunderschön, die du ihm geschickt hast, als er krank war.«
»Ilie, wirst du dieses Jahr für die Bären, die wir an Weihnachten für einen guten Zweck verkaufen, die
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