Kriegerin der Nacht

noch keine«, antwortete Galen leise. »Der erste Vampir war Maya Herdfrau, die Schwester von Hellewise Herdfrau. Sie machte sich zu einem Vampir, als sie nach Unsterblichkeit suchte. Aber die Drachen waren auf natürliche Weise unsterblich und sie waren die unbestrittenen Herrscher des Planeten. Und sie hatten mit anderen ungefähr so viel Mitleid wie ein T. Rex.«
    »Aber es waren doch nicht alle Gestaltwandler so, oder?« , fragte Iliana. »Es gab noch andere Arten neben den Drachen, richtig?«
    »Sie waren alle böse«, sagte Kelly schlicht. »Meine Vorfahren - die großen Katzen - waren ziemlich
    schrecklich. Aber auch die Bären und die Wölfe waren nicht gerade harmlos.«
    »Aber du hast recht, die Drachen waren die Schlimmsten«, erklärte Galen Iliana. »Und sie sind es, von denen meine Familie abstammt. Nicht umsonst tragen wir den Namen Dragon. Allerdings war mein Urahn der schwächste der Drachen. Die Drachenfrau. Sie wurde von den Hexen verschont, weil sie so jung war.« Er wandte sich an Winnie. »Aber vielleicht solltest du besser diesen Teil erzählen. Die Hexen kennen ihre eigene Geschichte am besten.«
    Mit immer noch ernster Miene blätterte Winnie zwischen den Pergamenten, bis sie ein bestimmtes fand. »Hier«, sagte sie. »Das ist ein Bild von der Zusammenkunft der Hexen. Die Hexenkönigin Hekate hat sie organisiert. Sie war Hellewises Mutter. Sie rief alle Hexen zusammen und sie haben sich auf die Jagd nach den Gestaltwandlern gemacht. Es war ein großer Krieg. Ein wirklich großer Krieg.«
    Winnie wählte noch ein anderes Pergament aus und schob es Iliana hin.
    Iliana schnappte nach Luft.
    Das Pergament, auf das sie hinabschaute, war fast vollständig rot.
    »Feuer«, murmelte sie. »Es sieht aus wie - es sieht aus, als stünde die ganze Welt in Flammen.«
    Galens Stimme war tonlos. »Das haben die Drachen getan. Geologische Dokumente zeigen, dass ungefähr zu dieser Zeit überall auf der Welt Vulkane ausgebrochen sind Das war das Werk der Drachen. Ich weiß nicht, wie sie es bewerkstelligt haben; diese Magie ist verloren gegangen. Aber wenn sie die Welt nicht haben konnten, so dachten sie, sollte auch kein anderer sie bekommen.«
    »Sie haben versucht, die Welt zu zerstören«, ergänzte Kelly. »Und der Rest der Gestaltwandler hat ihnen geholfen.«
    »Es hätte auch beinahe funktioniert«, sagte Winnie. »Aber der Versammlung der Hexen ist der Sieg gelungen und sie haben alle Drachen lebendig begraben. Ich meine, zuerst haben sie sie einschlafen lassen, aber dann haben sie die Drachen an den tiefsten Stellen der Erde begraben.« Sie biss sich auf die Unterlippe und sah Galen an. »Was wahrscheinlich auch nicht sehr nett war.«
    »Was hätten sie sonst tun können?«, erwiderte Galen leise. »Sie haben die Drachenprinzessin am Leben gelassen - sie war erst drei oder vier Jahre alt. Sie haben sie aufwachsen lassen, unter ihrer Obhut. Aber die Welt blieb für lange Zeit ein versengter, kahler Ort. Und die Gestaltwandler waren schon immer ... die niedrigsten aller Nachtleute.«
    »Das ist wahr«, warf Nissa ein und ihre Stimme war weder billigend noch ablehnend; sie stellte lediglich etwas fest. »Die meisten Nachtleute betrachten Gestaltwandler als Personen zweiter Klasse. Sie versuchen, sie zu unterdrücken. Ich denke, tief im Innern haben sie alle immer noch Angst vor ihnen.«
    »Und es hat niemals ein Bündnis zwischen den Gestaltwandlern und den Hexen gegeben«, erzählte Kelly weiter. Sie sah Iliana direkt an. »Das ist der Grund, warum die Versprechenszeremonie so wichtig ist. Wenn sich die Gestaltwandler nicht mit den Hexen verbünden, werden sie sich den Vampiren anschließen ...«
    Sie brach abrupt ab und schaute Galen an. Er nickte. »Ich habe das Gleiche gedacht.«
    »Diese Angriffe von Tieren«, sagte Kelly langsam. »Es klingt, als wären die Gestaltwandler bereits dabei, ihre Entscheidung zu treffen. Sie helfen, die Zeit des Chaos einzuläuten. Sie lassen die ganze Welt wissen, dass sie sich auf die Seite der Vampire schlagen.«
    Erschrockenes Schweigen.
    »Aber wie können sie das entscheiden?«, fragte Winnie in die Stille hinein.
    »Genau das ist es«, antwortete Nissa. »Die Frage ist: Sind es nur die gewöhnlichen Gestaltwandler oder ist es bereits offiziell? Mit anderen Worten, hat sich das Erste Haus bereits entschieden?«
    Alle sahen Galen an.
    »Das denke ich nicht«, erwiderte er. »Ich denke nicht, dass das Erste Haus jetzt schon irgendeine Entscheidung getroffen hat,