Kriegerseelen
Tür, die in das Ankleidezimmer führte. Sie schluckte, als sie das Kleid für ihren Abschlussball in einer durchsichtigen Hülle ganz vorne hängen sah. Alles war wie immer. Ihre Eltern hatten nichts weggeräumt. Hatten sie gehofft, dass Cara zurückkommen würde? Ihre Brust zog sich zusammen, als sie sich vorstellte, wie sie gelitten haben mussten. Thorn hielt sich zurück und ließ Cara alle Zeit der Welt. Sie brauchte das, denn sie hatte keine Chance gehabt, um ihre Eltern zu trauern und Abschied von ihrem früheren Leben zu nehmen. Als sie sich auf ihr Bett setzte und die Schublade des antiken Nachttisches aufzog, begann er, sich auf eigene Faust im Haus umzusehen. Das Elternschlafzimmer, zwei Bäder, ein Gästezimmer. Alles sauber aufgeräumt. Einzig Jakes Büro war der Verwüstung zum Opfer gefallen. Er fuhr herum, als er Cara rufen hörte. Mit wenigen Schritten war er bei ihr. Sie hielt ein in Leder gebundenes Büchlein in der Hand.
»Mein Tagebuch. Dad hat mir eine Nachricht darin hinterlassen.« Sie klang aufgeregt und ihre Wangen waren gerötet, »kaum zu glauben, dass es niemand gefunden hat. Andererseits, die Nachricht ist verschlüsselt.« Verschmitzt sah sie ihn an. »Mein Dad und ich hatten so eine Art Geheimschrift. Niemand wusste davon, nicht einmal meine Mutter.« Sie sprang auf und lief an ihm vorbei, die Treppe hinunter und raus aus dem Haus. Hinter dem luxuriösen Gebäude lag ein riesiger Park. Cara war nicht mehr zu halten. In Windeseile durchquerte sie die nun verwilderte Anlage und steuerte auf ein kleines Wäldchen zu. Als sie zwischen den Bäumen verschwand, verlor Thorn sie kurz aus den Augen, holte sie jedoch schnell wieder ein. Sie blieb abrupt stehen. Sein Blick fiel auf ein kleines Holzhäuschen, das einmal knallrot gestrichen war. Jetzt blätterte schon überall die Farbe ab, und doch sah es solide aus. »Mein Spielhäuschen.« Cara strahlte ihn an. »Ich habe als Kind hier jeden Tag verbracht. Dad hat mir oft eine geheime Nachricht geschrieben und dann hier eine Überraschung versteckt, die ich suchen musste.«
Sie stieß die niedrige Holztür auf und ging geduckt hinein. »Du musst draußen warten, für dich ist hier kein Platz«, rief sie ihm zu. Ihre Augen leuchteten und Thorn lächelte.
Von außen beobachtete er, wie sie sich hinkniete und die Holzdielen abzählte. Sie drückte auf das Ende einer bestimmten Diele, und als diese sich vorne anhob, zog sie das Brett heraus. Sie hatte ihre Zungenspitze zwischen die Lippen geschoben und fischte konzentriert mit einer Hand nach etwas, das allem Anschein nach unter dem Holzfußboden versteckt war. Thorn fand, dass sie zum Anbeißen aussah, so konzentriert, wie sie war, eifrig wie ein kleines Mädchen.
»Ich habe etwas.« Ein Strahlen erleuchtete ihr Gesicht. Langsam kroch sie rückwärts wieder heraus, in der Hand ein dickes Bündel Papier.
»Lass es uns sofort ansehen.« Sie zog ihn erneut an der Hand mit sich, zu einer kleinen Bank, die hinter dem Spielhäuschen stand. Von dort aus hatte man einen wunderbaren Blick auf einen Teich. »Hier habe ich schwimmen gelernt«, sie war immer noch ganz aufgeregt. »Meine Mum fand es ekelig in einem Naturteich zu baden, sie wäre nie in dieses Wasser gegangen. Dad hat ihr extra einen Pool bauen lassen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber ich habe dieses Fleckchen Erde geliebt.«
Thorn hörte ihr aufmerksam zu und merkte, dass er so wenig von ihr wusste. Sie hatte ein ganz anderes Leben geführt als er. Dass sie ihre Kindheitserinnerungen mit ihm teilte, ließ ihm ganz warm ums Herz werden.
Sie setzten sich auf die Bank und Cara begann, den dicken Stapel Papier durchzusehen. Es waren ein paar handgeschriebene Blätter dabei, die sie ganz nach unten schob. Dann hielt sie ein offiziell aussehendes Dokument hoch. »Testament«, las sie laut. Sie sah Thorn an, und er bemerkte Tränen in ihren Augen. »Cara mia«, flüsterte er leise, »ich weiß es ist schwer für dich. Aber ich finde es sehr klug von deinem Vater, dass er dieses Testament für dich gemacht hat und an einem sicheren Ort versteckt hat«.
Sie nickte und wusste, dass er recht hatte. Das Testament war wichtig, und es war gut, dass sie es gefunden hatte. Doch oberste Priorität hatte etwas anderes. Wenn es eine Möglichkeit gab, ihren Krieger und seine Brüder zu retten, und ihr Vater vielleicht die Lösung dafür hatte, dann sollte sie zuerst danach suchen.
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11. Kapitel
»Blondie hat herausgefunden, dass
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