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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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der Mitte ausgetreten. Jedes Mal, wenn er Maik
besuchte, war er darüber erstaunt, dass Stein menschlichen
Fußtritten nachgab. Daniel klingelte. Rund um eine große
Glasscheibe mit eingravierten Blumen waren in der alten Wohnungstür
kleinere bunte Scheiben angeordnet. Dahinter hatte Maik als
Sichtschutz eine Piratenflagge angebracht. Als die Tür geöffnet
wurde, schob sich aus dem orange gestrichenen Flur Musik nach
draußen.
    »Ist
das Patti Smith?«, fragte Daniel.
    » Horses .
Ihr bestes Album.«
    »Ich
kann Patti Smith nicht leiden. Sie hört sich nach
Kunsthochschule an.«
    Maik
schüttelte mitleidig den Kopf.
    »Ahnungsloser
Ignorant.«
    »Du
bist noch analog aufgewachsen. Da funktionieren die Ohren anders.«
    »Komm
rein. Du schwitzt ja wie ein Schwein.«
    Maik
schloss die Wohnungstür hinter Daniel. Aus dem Bad holte er ein
Handtuch und warf es seinem Freund zu. Daniel wischte sich übers
Gesicht und die Haare.
    »Warum
bist du eigentlich nicht am See? Ich dachte, Mittwoch ist dein
Triathlon-Tag.«
    »Der
Leichenfund hat meine Wochenplanung ruiniert.«
    Daniel
legte sich das Handtuch um den Hals.
    »Die
Polizei war bei mir.«
    »Das
ist ihr Job. Ist finde es okay, wenn die sich ausnahmsweise mal um
was anderes als Kiffer und Parksünder kümmern.«
    »Die
haben mir Fotos von zwei anderen ermordeten Frauen gezeigt.«
    »Wow.
Hast du die gekannt?«
    »Nein,
aber sie haben mir die Fotos gezeigt.«
    »Ja
und?«
    »Du
stehst auf der Leitung. Die verdächtigen mich.«
    »Aber
du hast doch die Tote bloß gefunden.«
    »Wäre
nicht das erste Mal, dass der angebliche Finder einer Leiche auch der
Mörder ist. Schaust du keinen Tatort oder was?«
    »Scheiße.«
    Maik
starrte ihn hilflos an. Dann hellten sich seine Gesichtszüge
auf.
    »Ich
mach uns erst mal ein Bier auf.«
    »Ist
verdammt früh.«
    »Das
entspannt. Außerdem fördert das erste Bier die
Konzentration.«
    Maik
ging in die Küche. Am Kühlschrank hafteten Magnet-Bilder
von Homer Simpson, einem Ampelmännchen und einer grünen
Heuschrecke. Außerdem formten bunte Magnet-Buchstaben einen
Satz in gewagter Rechtschreibung und kreativer Grammatik: aLLeS
fUnkTHionyRt / AUssER DU .
    Im
Kühlschrank fristeten vier Bierflaschen, ein fettarmer
Bio-Natur-Joghurt und eine Schale Erdbeeren ein verlorenes Dasein.
Maik holte zwei Bierflaschen heraus. Daniel musterte kritisch das
schlecht gestaltete Etikett. Ein Landschaftsfoto gehörte seiner
Meinung nach keinesfalls auf ein alkoholisches Getränk.
    »Das
ist sehr gutes Landbier. Ein Geheimtipp. Es hilft.«
    Tatsächlich
pegelte bereits der erste Schluck die Wucht der inneren Bilder soweit
herunter, dass Daniel sie ertragen konnte, ohne zu laufen.
Davonzulaufen. Kirsten Fritsch. Die beiden anderen Frauen. Alle
hübsch. Kunz. Und Pöhlmann. Alle jung. Alle tot.
    »Gut,
oder?«, fragte Maik.
    »Ja,
gut«, antwortete Daniel, während er sich das Etikett mit
dem blöden Landschaftsfoto anschaute.
    »Was
weißt du über die Toten?«
    »Welche
Toten? Deutschland oder Afghanistan?«
    »Die
Frauen.«
    »Die
Leiche, die ich gefunden habe, war Kassiererin im Aldi. Als sie noch
lebte. Hier gleich ums Eck. Wahrscheinlich kennst du sie auch.«
    »Scheiße.
Die sind alle nett.«
    »Eine
davon ist tot. Die gut aussehende Dunkelhaarige.«
    »Scheiße.
Ich kann mich überhaupt nicht an eine Dunkelhaarige erinnern.
Und was ist mit den anderen beiden Frauen auf den Fotos, die dir die
Polizei gezeigt hat?«
    »Keine
Ahnung. Die sind entweder auf die gleiche Weise umgebracht worden
oder die haben was miteinander zu tun oder mit mir.«
    »Was
sollen die mit dir zu tun haben?«
    »Weiß
ich nicht. Aber scheinbar läuft es darauf hinaus.«
    »Hast
du sonst noch Informationen?«
    »Nur
das Datum, an dem sie umgebracht wurden. Oder verschwunden sind. So
genau weiß ich das nicht.«
    »Woher
weißt du den Zeitpunkt?«
    »Von
den netten Kriminalisten. Zahlen kann ich mir besser merken als
Namen.«
    »Hast
du das schon mal recherchiert?«
    »Recherchiert?«
    »Gegoogelt.«
    »Melanie
hat das Notebook mitgenommen. Sie braucht es dringender. Lea chattet
die ganze Zeit mit ihren Freundinnen.«
    »Okay,
dann sollten wir mal googeln. Damit wir wenigstens auf dem gleichen
Wissensstand wie alle anderen sind.«
    Daniel
folgte Maik ins Wohnzimmer. Wie immer war das Wohnzimmer in einem
chaotischen Zustand. Die wild durcheinandergewürfelten
Möbelstücke vom Flohmarkt gingen eine Symbiose mit achtlos
in den Raum geworfenen T-Shirts und

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