Kriegsklingen (First Law - Band 1)
aber das ist noch nicht allzu lange her. Es ist frisch.«
Das ist es tatsächlich – kaum Geruch, und es sind bisher auch nur wenige Fliegen da. Sehr frisch, vielleicht sogar erst von letzter Nacht.
»Es wäre vielleicht tagelang nicht gefunden worden, aber irgendjemand hatte einen Gärtner bestellt, um die Bäume zu stutzen, weil sie zu viel Licht wegnehmen oder so was. Haben Sie so was schon einmal gesehen?«
Glokta zuckte die Schultern. »Einmal in Angland, bevor Sie kamen. Einer der Sträflinge hatte zu fliehen versucht. Er kam ein paar Meilen weit und fiel dann der Kälte zum Opfer. Ein Bär hatte sich dann an der Leiche zu schaffen gemacht. Das sah ziemlich übel aus, aber nicht so schlimm wie das hier.«
»Ich glaube kaum, dass jemand letzte Nacht erfroren ist. Es war heiß wie die Hölle.«
»Hm«, brummte Glokta.
Wenn die Hölle heiß ist. Ich hätte sie mir eigentlich sogar immer eher kalt vorgestellt. Eiskalt.
»Und ohnehin gibt es innerhalb der Mauern des Agrionts – nur wenige Bären. Haben wir denn einen Hinweis darauf, wer diese …«, er deutete mit dem Stock auf den Kadaver, »… Person gewesen sein könnte?«
»Überhaupt nichts.«
»Ist irgendjemand verschwunden? Als vermisst gemeldet?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Also haben wir nicht die leiseste Ahnung, wer unser Opfer ist? Wieso interessiert uns diese Sache dann? Müssen wir uns nicht um einen betrügerischen Magus kümmern?«
»Das ist es ja. Ihr neues Quartier ist genau dort drüben.« Severards behandschuhter Finger deutete auf ein keine zwanzig Schritte entferntes Gebäude. »Ich hatte sie beobachtet, als der Fund gemacht wurde.«
Glokta hob eine Augenbraue. »Ich verstehe. Und Sie vermuten, dass es eine Verbindung gibt, nicht wahr?« Der Praktikal zuckte die Achseln. »Geheimnisvolle Eindringlinge mitten in der Nacht, grauenhafte Morde direkt vor ihrer Haustür? Unsere Besucher ziehen den Ärger an wie Scheiße die Fliegen.«
»Hm«, nickte Severard und verscheuchte eine Fliege mit seiner behandschuhten Hand. »Ich habe mich auch um diese andere Sache gekümmert. Ihre Bank. Valint und Balk.«
Glokta sah auf. »Tatsächlich? Und?«
»Und nix, oder zumindest nicht viel. Ein altes Haus. Sehr alt und sehr angesehen. Ihre Wechsel werden unter den Kaufleuten als so sicher wie Gold gehandelt. Sie haben Kontore überall in Midderland, Angland, Starikland, in Westport und Dagoska. Selbst außerhalb der Union. Mächtige Herren, nach allem, was man hört. Alle möglichen Leute schulden ihnen Geld, nehme ich an. Komisch ist allerdings, dass niemand je einen Valint oder Balk getroffen zu haben scheint. Aber wer weiß schon, wie es bei einer Bank läuft? Die mögen Geheimnisse. Soll ich ein bisschen tiefer bohren?«
Es könnte gefährlich werden. Sehr gefährlich. Wenn wir zu tief bohren, schaufeln wir uns dabei vielleicht unser eigenes Grab.
»Nein. Wir lassen es besser sein. Jedenfalls im Augenblick. Halten Sie aber die Ohren offen.«
»Meine Ohren sind immer offen, Chef. Also, auf wen setzen Sie denn beim Turnier?«
Glokta sah zu dem Praktikalen hinüber. »Wie können Sie jetzt, mit so einem Anblick vor Augen, an das Turnier denken?«
Der Praktikal machte eine gleichgültige Kopfbewegung. »Das schadet dem da doch nicht, oder?« Glokta sah auf die verstümmelte Leiche.
Vermutlich nicht, in dem Zustand.
»Also sagen Sie schon. Sie müssen es doch beurteilen können. Luthar oder Gorst?«
»Gorst.«
Ich hoffe, dass er das kleine Arschloch in Stücke schneidet.
»Ehrlich? Die Leute sagen, er sei ein ungeschickter Ochse. Einer, der nur Glück gehabt hat.«
»Nun, ich halte ihn für ein Genie«, sagte Glokta. »In ein paar Jahren werden sie alle so fechten wie er, wenn man es denn Fechten nennen kann. Denken Sie an meine Worte.«
»Gorst also? Hm, vielleicht sollte ich eine Wette wagen.«
»Tun Sie das. Aber zunächst sollten Sie das hier zusammenkratzen und zur Universität bringen lassen. Sagen Sie Frost, er soll Ihnen helfen, sein Magen hält ja etwas aus.«
»Zur Universität?«
»Na, hier können wir es doch wohl nicht liegen lassen. Wenn hier eine von den jungen Damen der Gesellschaft vorbei spazierte, bekäme sie doch einen üblen Schock.« Severard kicherte. »Und ich kenne vielleicht auch jemanden, der Licht in dieses geheimnisvolle Dunkel bringen kann.«
»Da haben Sie aber eine interessante Entdeckung gemacht, Herr Inquisitor.« Der Adeptus der Medizin hielt in seiner Arbeit inne und sah zu Glokta hinüber,
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