Kriegsklingen (First Law - Band 1)
fast von seinem Stuhl. »Was haben Sie gesagt, verdammt noch mal?«
»Nichts«, krächzte der, die Hände erhoben, »gar nichts.« Jezal ließ ihn wieder fallen. Die Wut verrauchte schnell. Beinahe hätte er sich entschuldigt, aber als er Brints wachsbleiches Gesicht sah, konnte er an nichts anderes denken als an ›sie macht mir einen willigen Eindruck‹.
»Wie! Ein! Verdammtes! Brathuhn!«, fauchte er noch einmal, dann wandte er sich auf dem Absatz um und stolzierte davon. Er hatte den Tunnel schon halb durchquert, als er merkte, dass er seine Jacke vergessen hatte, aber nun konnte er wohl kaum zurückgehen, um sie zu holen. Als ihn die Dunkelheit des Tunnels umfing und er einige Schritte zurückgelegt hatte, blieb er stehen und lehnte sich gegen die Wand, und er atmete so heftig und zitterte, als sei er gerade zehn Meilen gelaufen. Jetzt wusste er, was es hieß, die Beherrschung zu verlieren, so viel war klar. Zuvor war ihm nicht einmal bewusst gewesen, dass in ihm so viel Jähzorn steckte, aber daran bestand nun kein Zweifel mehr.
»Was, zur Hölle, war denn das?« Brints schockierte Stimme hallte ruhig den Gang entlang, nur gerade eben hörbar über dem Klopfen von Jezals Herzen. Er musste die Luft anhalten, um etwas zu verstehen.
»Ich will verdammt sein, wenn ich’s wüsste.« Jalenhorm klang noch überraschter. Mit Klappern und Knirschen wurde der Tisch wieder aufgestellt. »Ich wusste gar nicht, dass er so jähzornig sein kann.«
»Wahrscheinlich geht ihm eine Menge im Kopf herum«, sagte Kaspa unsicher, »ich meine, wegen des Turniers und so …«
Brint schnitt ihm das Wort ab. »Das ist doch keine Entschuldigung!«
»Na ja, sie sind gut befreundet, oder nicht? Er und West? Die haben doch immer zusammen gefochten und so, vielleicht kennt er die Schwester näher … ich weiß es doch auch nicht!«
»Es gäbe auch noch eine andere Erklärung«, hörte Jezal Brint sagen, mit angespannter Stimme, als ob er die Pointe eines guten Witzes vorbereitete. »Vielleicht ist er in sie verliebt!«
Die drei prusteten vor Lachen. Es war wirklich ein guter Witz. Hauptmann Jezal dan Luthar, verliebt, und das in eine Frau, deren Position in der Gesellschaft so weit unterhalb seiner eigenen lag. Was für eine alberne Vorstellung! Was für eine verrückte Idee! Was für ein Witz!
»O Scheiße.« Jezal barg den Kopf in den Händen. Ihm war überhaupt nicht nach Lachen zumute. Wie, zur Hölle, hatte sie ihm das angetan? Wie? Was war dran an ihr? Sie sah gut aus, sicher, und sie war klug und witzig und so, aber das war doch keine Erklärung. »Ich darf sie nie wiedersehen«, flüsterte er vor sich hin, »ich darf es nicht!« Und er schlug mit der Faust gegen die Mauer. Sein Wille war eisern. Wie immer.
Bis das nächste Briefchen unter seiner Tür hindurch geschoben würde.
Er stöhnte und schlug sich gegen den Kopf. Wieso fühlte er sich so? Wieso … er konnte es nicht einmal über sich bringen, dieses Wort in Gedanken auszusprechen … mochte er sie so gern? Dann dämmerte es ihm. Er wusste, wieso.
Sie mochte ihn nicht.
Diese spöttische Art, ihm ein halbes Lächeln zu schenken. Diese Seitenblicke, mit denen sie ihn gelegentlich bedachte. Die Späße, die immer ein wenig zu sehr unter die Haut gingen. Die Ausbrüche offen gezeigter Verachtung gar nicht zu rechnen. Ihr gefiel vielleicht sein Geld. Seine Stellung in der Welt natürlich auch. Ihr gefiel auch, wie er aussah, zweifellos. Aber insgesamt gesehen verabscheute ihn diese Frau.
Und dieses Gefühl hatte er nie zuvor erlebt. Er war bisher immer davon ausgegangen, dass alle Welt ihn liebte, und er hatte nie daran zweifeln müssen, dass er ein großartiger Mann war, der jeglichen Respekt verdiente. Aber Ardee mochte ihn nicht, das erkannte er nun, und das brachte ihn zum Nachdenken. Abgesehen von seinem schönen Kinn natürlich, und vom Geld und seinen Kleidern, was war schon liebenswert an ihm?
Sie behandelte ihn mit der Verachtung, die er, wie er wusste, verdiente. Und er konnte nicht genug davon bekommen. »So seltsam«, murmelte Jezal, wie er unglücklich gegen die Wand des Tunnels gelehnt dastand, »so seltsam.«
Es brachte ihn dazu, ihre Meinung ändern zu wollen.
DER SAMEN
»Wie geht es dir, Sand?«
Oberst Glokta schlug die Augen auf. Es war dunkel im Zimmer. Verdammt, er kam zu spät!
»Verdammt!«, rief er, schlug die Decke zurück und sprang aus dem Bett. »Ich komme zu spät!« Er griff nach seiner Uniformhose, schob seine Beine hinein,
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