Kriegsklingen (First Law - Band 1)
unterbrochen von grünen Rasenflächen und großen Bäumen, umgeben von einem breiten Wehrgraben und der hohen Mauer, die von hundert erhabenen Türmen gekrönt war. Der Weg der Könige verlief wie ein Schnitt mitten durch das Zentrum und führte auf das Fürstenrund zu, dessen Bronzekuppel in der Sonne glänzte. Die hohen Turmspitzen der Universität erhoben sich dahinter, und noch weiter entfernt dräute das düstere, gewaltige Haus des Schöpfers, das alles andere überragte wie ein dunkler Berg und seinen langen Schatten auf die Bauwerke unter ihm warf.
Jezal bildete sich ein, dass er Marschall Varuz’ Fernrohr in der Sonne blinken sah. Er fluchte erneut und machte sich auf den Rückweg.
Als Jezal das Dach erreicht hatte, stellte er zu seiner großen Erleichterung fest, dass noch immer ein paar weiße Steine auf dem Spielbrett lagen.
Marschall Varuz funkelte ihn an. »Sie haben wirklich großes Glück. Der Major hat sich sehr energisch gewehrt.« Ein Lächeln zog über Wests Gesicht. »Irgendwie haben Sie sich wohl seinen Respekt verdient, auch wenn Ihnen das bei mir noch nicht gelungen ist.«
Jezal beugte sich nach vorn, die Hände auf den Knien, holte tief Atem und ließ Schweiß auf den Boden tropfen. Varuz nahm einen länglichen Koffer vom Tisch, ging zu Jezal hinüber und klappte ihn auf. »Zeigen Sie uns Ihre Figuren.«
Jezal nahm die kurze Klinge in seine linke und die lange Klinge in die rechte Hand. Nach dem schweren Eisen fühlten sie sich nun federleicht an. Marschall Varuz trat einen Schritt zurück. »Fangen Sie an.«
Jezal stürzte sich in die erste Figur, den rechten Arm ausgestreckt, den linken nahe am Körper. Die Klingen pfiffen und zischten durch die Luft und funkelten in der Sonne, während Jezal mit wohlgeübter Leichtigkeit von einer vertrauten Körperhaltung zur nächsten überging. Schließlich war er fertig und ließ beide Waffen sinken.
Varuz nickte. »Der Hauptmann hat flinke Hände, nicht wahr?«
»Wirklich hervorragend«, sagte Major West mit breitem Lächeln. »Er ist um einiges besser, als ich es je war.«
Der Lord Marschall war weniger beeindruckt. »Sie haben die Knie in der dritten Figur zu sehr gebeugt, in der vierten müssen Sie sich um mehr Reichweite mit dem linken Arm bemühen, aber sonst«, er machte eine Pause, »war das ganz passabel.« Jezal atmete erleichtert auf. Das war ein großes Lob.
»Ha!«, rief der alte Mann und schlug ihm mit der Schmalseite des Koffers gegen die Rippen. Jezal sank auf den Boden und bekam kaum noch Luft. »Ihre Reflexe müssen Sie aber noch trainieren, Hauptmann. Sie sollten stets auf der Hut sein. Jederzeit. Wenn Sie Klingen in der Hand haben, sollten Sie sie verdammt noch mal hoch halten.«
»Ja, Herr Marschall«, krächzte Jezal.
»Ihr Durchhaltevermögen ist zudem erbärmlich, Sie schnappen ja nach Luft wie ein Karpfen. Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass Bremer dan Gorst jeden Tag zehn Meilen läuft und danach kaum verschwitzt ist.« Marschall Varuz beugte sich über ihn. »Von nun an werden Sie das auch so halten. O ja. Einen Rundlauf um den Agriont jeden Morgen um sechs, danach eine Stunde Zweikampf gegen Major West, der sich freundlicherweise bereit erklärt hat, als Ihr Partner zur Verfügung zu stehen. Ich bin überzeugt, dass er Sie auf all Ihre Schwächen in Ihrer Technik aufmerksam machen wird.«
Jezal blickte gequält drein und rieb sich die schmerzenden Rippen. »Was Ihre Sauferei angeht, damit ist ab sofort Schluss. Ich habe nichts dagegen, wenn man sich zu gegebener Zeit amüsiert, aber dazu werden Sie nach dem Turnier noch genug Gelegenheit haben – vorausgesetzt, dass Sie gewinnen. Bis dahin müssen wir uns einer untadeligen Lebensweise befleißigen. Haben Sie mich verstanden, Hauptmann Luthar?« Er beugte sich noch weiter herunter und sprach jedes Wort mit großer Sorgfalt aus. »Eine. Untadelige. Lebensweise. Herr Hauptmann.«
»Ja, Herr Marschall«, murmelte Jezal.
Sechs Stunden später war er besoffen wie ein Schwein. Mit irrem Gelächter taumelte er auf die Straße, während sich die Welt vor seinen Augen drehte. Die kalte Luft traf ihn hart im Gesicht, die kleinen hässlichen Gebäude wankten und schwankten, die schlecht beleuchtete Straße neigte sich wie ein sinkendes Schiff. Jezal kämpfte heldenhaft gegen den Drang, sich zu übergeben, tat einen unsicheren Schritt auf die Straße hinaus und wandte sein Gesicht zur Tür. Verschwommenes helles Licht und lautes Gelächter drangen wie in
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