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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ob der Druck seine Augen aus dem Kopf pressen würde. In tiefen, langsamen Atemzügen holte er Luft durch die Nase, ballte seine Fäuste, bis sie wehtaten. Der Zorn ließ langsam nach, wieder bis jenseits des Punktes, wo er drohte, plötzlich Kontrolle über seinen Körper zu gewinnen. Jetzt pulsierte er nur noch und drückte ihm auf die Brust.
    »Wenn Sie etwas über meine Schwester zu sagen haben«, flüsterte er leise, »dann können Sie das tun. Sagen Sie es jetzt.« Er ließ seine Hand langsam sinken, bis sie den Knauf seines Degens erreichte. »Und dann können wir die Angelegenheit außerhalb dieser Mauern beilegen.«
    Major Vallimir zuckte noch weiter zurück. »Ich habe nichts gehört«, hauchte er, »gar nichts.«
    »Gar nichts.« West sah einen Augenblick auf das weiße Gesicht hinunter, dann trat er einen Schritt zurück. »Wenn Sie dann die Güte hätten, die Schmieden wieder für mich in Betrieb zu nehmen? Wir haben noch sehr viel Arbeit, die wir hinter uns bringen müssen.«
    Vallimir blinzelte kurz. »Natürlich. Ich lasse die Feuer sofort wieder anzünden.«
    West drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte davon, wohl wissend, dass der Mann ihm Blicke wie Dolche nachwarf, wohl wissend, dass er eine ohnehin schon üble Lage noch verschlimmert hatte. Noch ein hochwohlgeborener Feind neben den vielen anderen. Und das Bitterste daran war, der Kerl hatte Recht. Ohne Burr war er so gut wie erledigt. Er hatte keine Familie, von dieser
Schwester
mal abgesehen. Verdammt, sein Kopf schmerzte so sehr.
    »Wieso ich?«, zischte er leise. »Wieso?«
     
    Es war immer noch jede Menge zu erledigen, genug, dass es für einen ganzen Tag genügt hätte, aber West hielt es nicht mehr aus. Sein Kopf tat ihm so weh, dass er kaum noch sehen konnte. Er musste sich einen Augenblick hinlegen, im Dunkeln, mit einem nassen Tuch über dem Gesicht, wenn auch nur für eine Stunde oder gar eine Minute. Er suchte in seiner Tasche nach dem Schlüssel, die andere Hand über die brennenden Augen gelegt, die Zähne zusammengebissen. Dann hörte er ein Geräusch von der anderen Seite der Tür. Ein leises Gläserklirren. Ardee.
    »Nein«, fauchte er vor sich hin. Nicht jetzt! Wieso hatte er ihr überhaupt jemals einen Schlüssel gegeben? Leise fluchend hob er die Hand, um an die Tür zu klopfen. Er klopfte bei sich selbst, so weit war es mit ihm schon gekommen. Seine Faust gelangte nicht bis an das Holz. Ein höchst unangenehmes Bild tauchte in seinem Hinterkopf auf. Ardee und Luthar, nackt und verschwitzt, die sich auf dem Teppich wälzten. Er drehte den Schlüssel schnell im Schloss und stieß die Tür auf.
    Sie stand am Fenster – allein, und, wie West erleichtert feststellte, vollständig bekleidet. Weniger gefiel ihm, dass sie sich gerade aus dem Dekanter ein Glas randvoll einschenkte. Sie hob die Augenbraue, als er ins Zimmer geplatzt kam.
    »Ach, du bist es.«
    »Wer, zum Teufel, sollte es denn sonst sein?«, gab West scharf zurück. »Das hier ist ja wohl meine Wohnung, oder nicht?«
    »Da hat aber jemand heute Morgen nicht die allerbeste Laune.« Ein wenig Wein schwappte aus dem Glas und auf den Tisch. Sie wischte die Pfütze mit der Hand weg, nuckelte an ihren Fingern und nahm dann einen langen Schluck. Jede ihrer Bewegungen reizte ihn.
    West verzog das Gesicht und warf die Tür zu. »Musst du so viel trinken?«
    »Ich meine gehört zu haben, dass eine junge Dame sich einer nutzbringenden Beschäftigung widmen soll.« Sie warf die Worte wie nebenbei hin, wie immer, aber trotz seiner Kopfschmerzen merkte West, dass hier etwas nicht stimmte. Sie sah immer wieder zum Schreibtisch hinüber und bewegte sich schließlich langsam darauf zu. Er erreichte das Tischchen als Erster, riss ein Stück Papier an sich, auf dem eine einzige Zeile stand.
    »Was ist das?«
    »Gar nichts! Gib es mir!«
    Er hielt sie mit einem Arm auf Abstand und las:
     
    Am üblichen Treffpunkt, morgen Abend –

A.
     
    West bekam eine Gänsehaut vor Entsetzen. »Nichts? Gar nichts?« Er fuchtelte mit dem Brief vor Ardees Gesicht herum. Sie wandte sich von ihm ab, schüttelte den Kopf, als wolle sie eine Fliege verscheuchen, sagte nichts, nahm aber geräuschvoll einen großen Schluck Wein aus dem Glas. West knirschte mit den Zähnen.
    »Es ist Luthar, nicht wahr?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Das musst du auch nicht.« Weiß traten die Knöchel seiner Hand hervor, als er das Papier zu einem winzigen Ball zusammenknüllte. Er wandte sich halb zur Tür,

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