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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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jeder Muskel angespannt und zitternd. Nur so konnte er die Beherrschung aufbringen, nicht sofort loszustürmen und den kleinen Drecksack zu erwürgen, und es gelang ihm, sich selbst einen Augenblick lang zum Denken zu zwingen.
    Jezal hatte ihn im Stich gelassen, und zwar ziemlich übel. Dieser undankbare Scheißkerl. Aber andererseits war es denn auch wieder nicht so unglaublich schockierend – er war nun mal ein arroganter Idiot. Wenn man Wein in einer Papiertüte aufbewahrt, darf man sich nicht beklagen, wenn sie leckt. Außerdem war es ja nicht Jezal, der hier Briefe schrieb. Was nützte es da, wenn er ihn aus dem Weg schaffte? Es würde immer wieder andere junge Hohlköpfe geben.
    »Wo führt das alles hin, Ardee?«
    Sie nahm auf dem Sessel Platz und sah ihn über den Rand ihres Glases hinweg frostig an. »Was denn alles, lieber Bruder?«
    »Du weißt, was ich meine!«
    »Sind wir denn nicht eine Familie? Können wir denn nicht offen miteinander umgehen? Wenn du etwas zu sagen hast, dann immer heraus damit! Was glaubst du denn, wohin das führt?«
    »Ich glaube, dass es dich auf direktem Weg in die Gosse führt!« Unter größten Schwierigkeiten zwang er sich zu einem etwas leiseren Ton. »Diese Sache mit Luthar ist schon viel zu weit gegangen. Briefe? Briefe? Ich hatte ihn gewarnt, aber so wie es aussieht, war nicht er das Problem! Was denkst du dir nur? Denkst du überhaupt irgendetwas? Das muss aufhören, bevor die Leute zu reden anfangen!« Er hatte das Gefühl, dass sich eine erstickende Enge in seiner Brust breit machte, atmete tief durch, aber seine Stimme dröhnte dann doch viel zu laut. »Sie reden verdammt noch mal jetzt schon! Das muss aufhören! Hast du mich verstanden?«
    »Ich habe es gehört«, sagte sie achtlos, »aber wen interessiert denn, was die denken?«
    »Mich!« Beinahe schrie er. »Weißt du, wie hart ich arbeiten muss? Glaubst du, ich sei ein völliger Narr? Du weißt, was du anrichtest, Ardee!« Sein Gesicht nahm einen düsteren Ausdruck an, aber er zwang sich weiterzusprechen. »Es ist ja nicht so, dass das hier jetzt das erste Mal wäre! Muss ich dich daran erinnern, dass du bisher mit Männern nicht gerade besonders viel Glück gehabt hast?«
    »Nicht mit den Männern in meiner Familie jedenfalls!« Sie saß jetzt kerzengerade, das Gesicht angespannt und bleich vor Zorn. »Und was weißt du überhaupt von meinem Glück? Wir haben doch in den letzten zehn Jahren kaum gesprochen!«
    »Jetzt reden wir ja!«, brüllte West und schleuderte das zusammengeknüllte Stück Papier durchs Zimmer. »Hast du mal darüber nachgedacht, wie das hier ausgehen könnte? Was, wenn du ihn tatsächlich bekommen würdest? Hast du darüber schon einmal nachgedacht? Was meinst du, wie entzückt wäre denn wohl seine Familie von der errötenden Braut? Bestenfalls reden sie nur nicht mit dir. Schlimmstenfalls brechen sie den Kontakt zu euch beiden ab!« Er zeigte mit einem zitternden Finger auf die Tür. »Ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass er ein eitles, arrogantes Schwein ist? So sind sie alle! Wie käme er wohl zurecht ohne seine Apanage? Ohne seine Freunde auf den einflussreichen Posten? Der wüsste gar nicht, was er anfangen sollte! Wie könntet ihr da glücklich miteinander sein?« Sein Kopf war fast schon in zwei Hälften gespalten, aber er hatte sich in Rage geredet. »Und was passiert, wenn – und das ist noch viel wahrscheinlicher – du ihn nicht bekommst? Was dann! Du wärst erledigt, hast du daran schon einmal gedacht? Es wäre schon einmal fast so weit gewesen! Und dabei haben dich immer alle für die Klügere gehalten. Du machst dich zum Gespött der Leute!« Beinahe erstickte er an seiner Wut. »Uns beide!«
    Ardee stieß scharf die Luft aus. »Jetzt kommt es heraus!«, schrie sie ihn beinahe an. »Niemand kümmert sich auch nur einen Scheißdreck um mich, aber wenn
dein
guter Ruf auf dem Spiel steht …«
    »Du dämliche Schlampe!« Der Dekanter flog in weitem Bogen durch den Raum. Er knallte nicht weit von Ardees Kopf an die Wand, sodass Glassplitter in alle Richtungen flogen und Wein den Putz hinunterlief. Das machte West nur noch wütender. »Wieso hörst du verdammt noch mal nicht zu?«
    Im Bruchteil eines Augenblicks war er durchs Zimmer geeilt. Ardee sah überrascht aus, aber nur kurz, dann gab es ein kurzes Klack – seine Faust traf sie im Gesicht, als sie aufstehen wollte. Sie stürzte nicht weit. Seine Hände fingen sie auf, bevor sie zu Boden fiel, rissen sie hoch und

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