Kriegsklingen (First Law - Band 1)
hineingehen«, sagte er schließlich ruhig, nachdem sie beide eine Weile dagestanden hatten.
»Ja, natürlich.«
Der riesige Raum, der dahinter lag, war auf unheimliche Weise still. Möbel gab es eigentümlich wenige in diesem holzvertäfelten Saal, und diejenigen, die hier standen, erschienen seltsam übergroß, als seien sie für Menschen gedacht, die wesentlich größer waren als Jezal. Der Hauptmann bekam das ungute Gefühl, zu seiner eigenen Verurteilung erschienen zu sein.
Kronrichter Marovia saß hinter einem riesigen Tisch, dessen Oberfläche spiegelhell poliert worden war, und lächelte Jezal mit freundlichem, wenn auch ein wenig mitleidigem Gesicht an. Marschall Varuz saß zu seiner Linken und sah schuldbewusst auf sein eigenes verschwommenes Spiegelbild. Jezal hätte nicht gedacht, dass er sich noch niedergeschlagener würde fühlen können, aber als er den Dritten dieser Gruppe erkannte, wurde ihm klar, dass er sich geirrt hatte. Bayaz, mit einem selbstzufriedenen Lächeln auf den Lippen. Jezal überkam eine Welle von Panik, als die Tür hinter ihm zuging: Das Klicken des Schlosses erschien ihm wie das Krachen eines schweren Riegels vor einer Zellentür.
Bayaz erhob sich von seinem Stuhl und kam um den Tisch herum. »Hauptmann Luthar, ich bin so froh, dass Sie zu uns stoßen konnten.« Der alte Mann nahm Jezals feuchte Hand in seine beiden und drückte sie fest, wobei er ihn weiter in den Raum hineinzog. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Wirklich vielen Dank.«
»Äh, natürlich.« Als ob er eine Wahl gehabt hätte.
»Nun, Sie fragen sich jetzt sicherlich, worum es hier geht. Lassen Sie mich erklären.« Er nahm halb auf der Ecke der Tischplatte Platz und beugte sich vor, wie ein netter Onkel, der mit einem Kind spricht. »Ich und einige mutige Begleiter – eine auserwählte Gruppe, müssen Sie wissen, lauter höchst befähigte Leute – bereiten uns auf eine große Reise vor! Eine Fahrt von epischer Bedeutung! Ein großes Abenteuer! Ich zweifle kaum daran, dass – wenn wir Erfolg haben werden – noch über Jahre hinweg in Geschichten davon erzählt werden wird. Noch über lange Jahre hinweg.« Bayaz’ Stirn furchte sich, als er die weißen Augenbrauen hob. »Nun? Was denken Sie?«
»Äh …« Jezal sah nervös zu Marovia und Varuz hinüber, aber ihre Gesichter ließen mit keiner Regung erkennen, was hier vor sich ging. »Gestatten Sie?«
»Natürlich, Jezal – ich darf Sie doch Jezal nennen?«
»Ja, äh, nun, natürlich. Äh, die Sache ist die … Ich habe mich gefragt, was das alles mit mir zu tun hat?«
Bayaz lächelte. »Uns fehlt ein Mann.«
Es folgte ein langes, drückendes Schweigen. Ein Wassertröpfchen rann über Jezals Kopfhaut, tropfte von seinem Haar, lief an seiner Nase entlang und fiel schließlich vor seinen Füßen auf die Steinfliesen. Langsam breitete sich Entsetzen in seinem Körper aus, vom Bauch bis in die Fingerspitzen. »Ich?«, krächzte er.
»Der Weg wird lang und schwierig sein, und wir werden vermutlich vielen Gefahren begegnen. Wir haben Feinde dort draußen, Sie und ich. Mehr Feinde, als Sie glauben würden. Wer wäre da nützlicher als ein erprobter Fechter, so wie Sie? Kein Geringerer als der Gewinner des Turniers!«
Jezal schluckte. »Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen, wirklich, aber ich fürchte, ich muss es ablehnen. Mein Platz ist in der Armee, wenn Sie verstehen.« Er machte einen zögernden Schritt auf die Tür zu. »Ich muss in den Norden reisen. Mein Schiff legt bald ab und …«
»Ich fürchte, es hat bereits abgelegt, Herr Hauptmann«, sagte Marovia, und seine warme Stimme ließ Jezal erstarren. »Sie müssen sich deswegen keine Sorgen mehr machen. Sie gehen nicht nach Angland.«
»Aber Euer Ehren, meine Kompanie …«
»… wird sicher einen anderen Kommandanten finden«, lächelte der Kronrichter: verständnisvoll, mitfühlend, aber entsetzlich entschlossen. »Ich weiß Ihre Gefühle zu schätzen, wirklich, aber wir betrachten diese Angelegenheit als wesentlich dringlicher. Es ist wichtig, dass die Union bei dieser Sache vertreten ist.«
»Schrecklich wichtig«, murmelte Varuz halbherzig. Jezal sah die drei alten Männer verwirrt an. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht. Dies war also die Belohnung dafür, dass er das Turnier gewonnen hatte? Eine durchgeknallte Reise nach Werweißwohin in der Begleitung eines altersverwirrten Mannes und eines Haufen Wilder? Wie sehr wünschte er nun, nie mit dem Fechten angefangen zu haben! Dass er nie
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