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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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blinzelnd ihr Gesicht. Eine hübsche junge Frau, ohne Frage, aber zu dunkel, zu gebräunt, bei weitem zu klug, schlicht gekleidet ohne jeglichen Schmuck, und mit einer hässlichen Schwellung, die sich quer über ihr Gesicht zog. In der Offiziersmesse hätten sich wohl kaum viele Köpfe nach ihr umgewandt. Wie kam es nur, dass sie für ihn die schönste Frau der Welt war? Prinzessin Terez wirkte neben ihr wie ein ungewaschener Hund. Die sorgsam überlegten Worte sickerten aus seinem Kopf, und er sprach, ohne nachzudenken, sah ihr dabei gerade in die Augen. War das vielleicht Ehrlichkeit, was er jetzt fühlte?
    »Sehen Sie, Ardee, ich weiß, Sie halten mich für einen arroganten Esel, und na ja, ich gebe zu, das bin ich wohl auch, doch ich bin es nicht immer mit Absicht. Ich weiß nicht, wieso Sie mich überhaupt ansehen, und ich habe keine Erfahrung in solchen Dingen, aber … ich muss die ganze Zeit an Sie denken. Ich denke kaum noch an etwas anderes.« Er atmete tief durch. »Ich glaube, ich liebe Sie!«
    Sie brach in prustendes Gelächter aus. »Sie sind wirklich ein Esel«, sagte sie. Verzweiflung. Er war am Boden zerstört. Vor Enttäuschung konnte er kaum atmen. Sein Gesicht verkrampfte sich, sein Kopf sank auf die Brust, und er starrte zu Boden. In seinen Augen standen Tränen. Echte Tränen. Ein Bild des Jammers. »Aber ich werde warten.« Freude. Sie schwoll in seiner Brust und brach in einem kleinmädchenhaften Aufseufzen aus ihm heraus. Er war hilflos. Es war schon beinahe albern, welche Macht sie über ihn hatte. Elend oder Glückseligkeit hingen allein von ihren Worten ab. Sie lachte wieder. »Nun sehen Sie sich nur an, Sie Narr.«
    Sie streckte die Hand aus, berührte sein Gesicht und wischte mit dem Daumen eine Träne von seiner Wange. »Ich werde warten«, sagte sie und lächelte ihn an. Mit diesem verqueren Lächeln.
    Die Menschen waren verblasst, der Park, die Stadt, die Welt. Jezal sah auf Ardee hinunter, wie lange, das hätte er nicht sagen können, und versuchte, jede Einzelheit ihres Gesichts in sein Gedächtnis einzubrennen. Er hatte aus irgendeinem Grund das Gefühl, dass ihm die Erinnerung an dieses Lächeln durch schwere Zeiten würde hindurchhelfen müssen.
     
    Am Hafen brummte es vor Geschäftigkeit, sogar für dortige Verhältnisse. An den Kais wimmelte es vor Menschen, die Luft erzitterte und bebte vor Lärm. Soldaten und Vorräte quollen endlos über die glitschigen Laufplanken und auf die Schiffe. Kisten wurden herangeschleppt, Fässer herangerollt, Hunderte von Pferden unter viel Auskeilen und Aufbäumen mit vorquellenden Augen und schäumenden Mäulern an Bord gezerrt. Männer schnauften und stöhnten, zogen an nassen Seilen, bewegten unter großer Anstrengung nasse Ladebäume, schwitzten und brüllten im strömenden Regen, rutschten auf den schlüpfrigen Decks herum und liefen in diesem großartigen Chaos hierhin und dorthin.
    Überall standen Menschen, die sich umarmten, küssten, einander zuwinkten. Frauen verabschiedeten sich von ihren Ehemännern, Mütter von Söhnen, Kinder von Vätern, und sie alle waren gleichermaßen mitgenommen. Manche setzten tapfere Gesichter auf, andere weinten und heulten. Anderen wieder war all das egal – Zuschauer, die sich lediglich an dem Durcheinander ergötzen wollten.
    Jezal, der an die verwitterte Reling des Schiffes gelehnt dastand, das ihn nach Angland bringen sollte, war all das völlig gleichgültig. Er war in schreckliche Trübsal versunken, seine Nase lief, und die Nässe hatte ihm das Haar glatt an den Kopf geklatscht. Ardee war nicht hier, und doch war sie überall. Er konnte ihre Stimme den Lärm übertönen hören, wie sie seinen Namen rief. Er sah sie aus dem Augenwinkel, wie sie zu ihm hinüberblickte, und ihm blieb die Luft weg. Dann lächelte er, hob schon halb die Hand, um ihr zuzuwinken – nur um festzustellen, dass sie es gar nicht war. Sondern irgendeine andere dunkelhaarige Frau, die einen anderen Soldaten anlächelte. Dann ließ er die Schultern wieder sinken. Jedes Mal schmerzte ihn die Enttäuschung mehr.
    Inzwischen hatte er erkannt, dass er einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. Wieso, zum Teufel, hatte er sie gebeten, auf ihn zu warten? Worauf denn? Er konnte sie nicht heiraten, das stand fest. Unmöglich. Aber der Gedanke, sie könnte einen anderen Mann auch nur ansehen, machte ihn verrückt. Er war verabscheuungswürdig.
    Liebe. Er hasste es, das zuzugeben, aber es musste wohl Liebe sein. Bisher hatte er für diese

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