Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
und Frauen gefüllt, die die weit hörbare Geräuschkulisse verursachten.
Wo bin ich hier gelandet? Wenn sie so unschuldig aussehen, warum fügen sie den Menschen so viele Schmerzen zu?
Er war außerstande, eine Antwort zu finden. Die Soldaten führten sie hinunter in die Arena und mit wachsender Beunruhigung stellte Sven fest, dass andere Gefangene dort wie eine verschreckte Herde Schafe warteten. Die Wächter hatten ihre rostigen Schwerter gezogen, doch keiner der Männer und Frauen schien in der körperlichen oder geistigen Verfassung zu sein, davonzurennen. Grob stießen die Männer Sven und die Blondine zu den anderen Gefangenen und der Soldat hinter ihm brüllte zur Tribüne hinauf: „Jetzt sind es vierzig!“
Sven folgte seinem Blick und machte eine Gestalt aus, die aus der lebhaften, schwatzenden Menge herausstach. Ein Mann stand an der Brüstung, die Arme verschränkt und mit einem leicht gelangweilten Ausdruck auf dem Gesicht. Er war ebenso schwarz gewandet wie die anderen, doch seine Robe wies einen goldenen Saum auf.
Er sieht krank aus.
Krank und nur mäßig interessiert, wie es schien. Er nickte dem Soldaten, der ihm die Zahl zugerufen hatte, zu und wandte sich ab. Zuerst sprach er mit einigen Leuten in seinem Rücken, dann kehrte er sich wieder um. Mit monotoner Stimme, als ob er diese Anweisungen schon etliche Male an diesem Tag gegeben hätte, rief er: „Einen Gruß vom Hochkönig. Ihr werdet ihm ein wenig helfen. Ich will, dass ihr euch in die Mitte der Arena begebt. Es liegen Rüstungsteile und Schilder dort. Bewehrt euch damit. Auf mein Zeichen hin lauft ihr so schnell wie möglich hierher. Wer diese Wand da unten berührt, wird belohnt . Alles klar?“ Die vierzig Leute murmelten, manche nickten wild. Hoffnung glomm in den Augen vieler auf. Vielleicht, vielleicht bestand doch eine Chance, zu überleben. Sie mussten nur diese Wand berühren.
Sven ließ sich von der allgemeinen Euphorie nicht anstecken. Aber es blieb ihm keine andere Wahl, als mit den anderen über den Sand zu laufen, um sich einen Speer und einen Schild, der in der Mitte einen Riss aufwies und rußgeschwärzt war, anzueignen. Er wandte sich den gefüllten Galerien zu. Drei nervös aussehende junge Männer standen neben dem blassen Sprecher.
„Los!“, donnerte dessen Stimme übernatürlich laut durch die Arena. Also rannte Sven. Er scherte ein wenig aus, um nicht im großen Pulk mitzulaufen. Die Wand hatte er fest im Auge. Dann flimmerte die Luft vor ihm plötzlich und er blieb stehen. Eine Wand aus Feuer schoss vor seinen Füßen aus dem Sandboden. Schreie sagten ihm, dass an anderen Orten Ähnliches passiert sein musste. Seine Instinkte rieten ihm, nicht nach den anderen zu schauen und weiterzulaufen. Also machte er einen großen Bogen um die Feuersäule und gab weiter Fersengeld. Immer wieder schossen diese Dinger aus dem Sand, immer mehr Gefangene wurden erwischt und fingen Feuer. Sven duckte sich hinter seinen Schild und rannte blindlings weiter.
Dann stolperte er.
Eine verkohlte Gestalt lag zuckend am Boden und griff mit Händen, an denen die Haut in Fetzen herunterhing und das Fleisch rot und blutig zum Vorschein kam, nach ihm. Ohne viel nachzudenken, schleuderte Sven der Person den Speer in die verkohlte Brust und hastete nunmehr waffenlos weiter. Er hatte nicht einmal die Hälfte der Strecke erreicht, als er merkte, wie seine Kräfte nachließen. Da verschwand das Knistern und Brausen der Feuersäulen und das Geschrei der zahlreichen Verwundeten war das einzige Geräusch. Sven blickte über die Schulter und strauchelte. Er landete auf etwas Weichem.
Ein Körper. Seine Hand glitt über verkohlte Brandwunden und er versuchte hastig, davon wegzukommen. Als er zitternd und um Atem ringend im Sand saß und die Verwundete genauer ansah, zog sich sein Herz vor Schmerz zusammen. Da nur die eine Seite ihres Körpers verbrannt war, konnte er sie erkennen. Sie lebte noch.
Delia.
Das, was von ihren Lippen übrig war, bewegte sich, doch kein Laut entrann ihrer Kehle. Ihr Blick ließ in ihm einen trockenen Schluchzer aufsteigen. Eine Person hetzte so nah an ihm vorbei, dass er den Luftzug spürte. Sven, der immer noch saß und dem die Tränen mittlerweile in Strömen die Wangen hinunterliefen, ohne dass er etwas hätte tun können, starrte auf das unglaubliche Bild, das sich ihm bot. Die Feuersäulen waren verschwunden und stattdessen hatten sich riesige Säulen aus einer glühenden Masse gebildet, die sich wie Grashalme
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