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Kriegswirren

Kriegswirren

Titel: Kriegswirren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Angst. Als er Callandor das letzte Mal benutzt hatte, es wirklich benutzt hatte, hatte er versucht, Tote ins Leben zurückzuholen. Er war damals sicher gewesen, alles tun zu können, absolut alles. Wie ein Wahnsinniger, der glaubte, daß er fliegen könnte. Aber er war der Wiedergeborene Drache. Er konnte alles tun. Hatte er das nicht immer wieder bewiesen? Er griff durch das Schwert, das kein chwert ist, nach der Quelle.
    Saidin schien in Callandor hineinzuspringen, bevor er die Quelle berührte. Das Kristallschwert schimmerte vom Knauf bis zur Schwertspitze in weißem Licht. Er hatte zuvor nur geglaubt, die Macht erfülle ihn. Jetzt hielt er mehr davon fest, als zehn oder auch hundert Männer ohne Unterstützung hätten festhalten können. Er wußte nicht, wie viele. Das Sonnenfeuer versengte seinen Kopf. Die Kälte aller Winter aller Zeitalter fraß sich in sein Herz. Dieser reißende Strom trug den Makel aller Misthaufen der Welt mit sich, die sich in seine Seele entleerten. Saidin versuchte noch immer, ihn zu töten, auch den letzten Rest seines Seins fort zu scheuern, fort zu brennen, fort zu frieren, aber er kämpfte, und er überlebte einen weiteren Moment und noch einen Moment und noch einen. Er verspürte das Bedürfnis zu lachen. Er konnte alles tun!
    Einst hatte er, als er Callandor gehalten hatte, eine Waffe gestaltet, die im Stein von Tear Schattengezücht aufspürte und es mit Blitzen tötete. Sicherlich mußte es etwas Ähnliches geben, was er jetzt gegen seine Feinde einsetzen könnte. Aber als er Lews Therin rief, antwortete ihm nur verängstigtes Wimmern, als fürchte diese entkörperte Stimme den Schmerz Saidins.
    Mit dem flammenden Callandor in der Hand - er konnte sich nicht daran erinnern, die Klinge über den Kopf erhoben zu haben - starrte er auf die Hügel, in denen sich seine Feinde verborgen hielten. Die Hügel erschienen jetzt im dichter werdenden Regen grau, und dunkle Wolken schlössen das Sonnenlicht aus. Was hatte er Eagan Padros gesagt?
    »Ich bin der Sturm«, flüsterte er - für seine Ohren ein Schrei, ein Brüllen -, und er lenkte die Macht.
    Die Wolken über ihm siedeten. Wo sie rußschwarz gewesen waren, wurden sie zur Mittemacht, zum Herzen der Mitternacht. Er wußte nicht, was er lenkte. Er wußte es trotz Asmodeans Unterweisung häufig nicht. Vielleicht führte Lews Therin ihn, obwohl er wimmerte. Stränge Saidins wirbelten über den Himmel, Wind und Wasser und Feuer. Feuer. Der Himmel regnete wahrhaftig Blitze. Einhundert Blitze gleichzeitig, Hunderte blauweiß gespaltene Schäfte, die überall in Sichtweite abwärts stachen. Die Hügel vor ihm brachen auf. Einige platzten unter dem Ansturm der Blitze auseinander wie zertretene Ameisenhaufen. Flammen sprangen in Dickichten auf, Bäume wurden im Regen zu Fackeln, und Flammen rasten durch Olivenhaine.
    Etwas traf ihn schwer und er erkannte, daß er sich mühsam vom Boden aufrappelte. Die Krone war ihm vom Kopf gefallen. Callandor schimmerte jedoch noch immer in seiner Hand. Er war sich vage bewußt, daß auch Tai'daishar zitternd aufstand. Also wollten sie einen Gegenangriff auf ihn führen.
    Er stieß Callandor hoch über den Kopf und schrie ihnen zu: »Greift mich an, wenn Ihr es wagt! Ich bin der Sturm! Kommt, wenn Ihr es wagt, Shai'tan! Ich bin der Wiedergeborene Drache!« Tausend zischende Lichtblitze hagelten aus den Wolken.
    Etwas schleuderte ihn erneut zu Boden. Er versuchte, sich wieder aufzurappeln. Das noch immer schimmernde Callandor lag einen Schritt von seiner ausgestreckten Hand entfernt. Der Himmel wurde von Blitzen zerrissen. Plötzlich erkannte Rand, daß das auf ihm lastende Gewicht Bashere war und daß der Mann ihn schüttelte. Bashere mußte ihn zu Boden geschleudert haben!
    »Hört auf!« schrie der Saldaeaner. Aus einem Riß an seinem Kopf lief fächerförmig Blut über sein Gesicht. »Ihr tötet uns, Mann! Hört auf!«
    Rand wandte den Kopf, und ein benommener Blick genügte. Blitze flammten überall um ihn herum auf, in allen Richtungen. Ein Blitz traf auf dem rückwärtigen Hang auf, wo sich Denharad und die Waffenträger befanden. Schreie von Männern und Pferden ertönten. Anaiyella und Ailil versuchten vergebens, die sich mit wild rollenden Augen aufbäumenden Pferde zu beruhigen. Flinn beugte sich über jemanden, der nicht weit entfernt von einem toten Pferd mit bereits starren Beinen lag.
    Rand ließ Saidin los. Er ließ es los, aber es floß noch einige Augenblicke in ihn, und Blitze wüteten

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