Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
nichts Wahres nicht zu sagen, damit kein Verdacht aufkomme, man schreibe aus Gunst oder Feindschaft« 63 , so braucht dieser Verdacht bei mir gar nicht erst aufzukommen. Ich schreibe »aus Feindschaft«! Denn die Geschichte derer, die ich beschreibe, hat mich zu ihrem Feind gemacht.
Und nicht, weil ich nicht, was auch wahr ist, geschrieben habe, bin ich widerlegt. Widerlegt bin ich nur, wenn falsch ist, was ich schrieb.
Da ich das Ganze aber – um auch ein Wort über seine Struktur einzuflechten – in der begründeten Hoffnung verfaßte, zahlreichen Menschen nützlich zu sein, die wenig oder keine Zeit haben, sich mit der Erforschung des Christentums zu befassen, gebe ich all die Fakten, Vorkommnisse, die Parallelitäten und Kausalbezüge, die ich zeige, die Schlüsse, die ich daraus ziehe, möglichst klar in den folgenden Kapiteln und Bänden wieder: oft chronologisch, nicht selten systematisch, mit besonderer Herausarbeitung wichtiger Aspekte, mit Zäsuren, bewußter Trennung der Stoffgebiete, der zeitlichen Abläufe, mit ihrer Zusammenziehung, mit weiten Vorausblicken manchmal, Rückverweisen, Exkursen –, einzig von dem Wunsch bestimmt, dem Leser die Lektüre zu erleichtern, die Übersicht, den Zusammenhang.
Nun gibt es nicht wenig Leute, die meinen, kritisieren sei leicht. Vor allem meinen dies solche, die es nie oder nie ernsthaft versucht haben, aus Opportunismus, Indolenz oder Unfähigkeit. Ja, es gibt Leute, die nichts häßlicher finden als Kritik – wenn sie ihnen gilt. Sie würden das nie zugeben. Sie würden und werden immer sagen: Wir haben gar nichts gegen Kritik, wir sind sehr für Kritik. Doch für eine förderliche, aufbauende, konstruktive Kritik. Nicht für eine zersetzende, niederreißende Kritik. Wobei aufbauend immer die ist, die sie schlimmstenfalls bloß beiläufig, wenn nicht gar nur scheinbar kritisiert, um sie dann desto besser bejahen und bejubeln zu können. »Zerstörerisch« aber, »unfruchtbar«, »verdammenswert«, ist natürlich jede Attacke, die ihre Fundamente angreift und ruiniert. Je überzeugender sie ist, desto mehr wird sie verteufelt – oder totgeschwiegen.
Am meisten kritikempfindlich sind klerikale Kreise. Gerade jene, die zwar rufen: Richtet nicht!, doch selber alles, was ihnen nicht paßt, in die Hölle schicken, gerade jene, deren Kirche sich als erste Moralinstanz der Welt aufspielt, seit Jahrhunderten aufgespielt hat und weiter aufspielen wird, gerade jene sind hell empört, beginnt da einmal einer sie selber zu messen, zu richten, und je schärfer, je vernichtender dies geschieht, desto zorniger sind sie, wütender – wobei ihr Zorn und ihre Wut (im Unterschied zu unseren Affekten) heiliger Zorn sind, heilige Wut oder auch Zornmut, »geordnete Zornmut« natürlich, laut Bernhard Häring, dem Moralexperten, »eine überaus wertvolle Kraft zur Überwindung der Widerstände gegen das Gute, zur Erstrebung des hochgespannten, aber schwer erreichbaren Zieles. Wer nicht zürnen kann, dessen Liebe ist nicht blutvoll[!]. Denn wenn wir blutvoll, mit allen leibseelischen Energien das Gute lieben, werden wir mit den gleichen Energien dem Bösen widerstehen. Christlich ist nicht die träge Gelassenheit gegenüber dem Bösen, sondern mutiger Einsatz gegen dasselbe unter Anspannung aller Kräfte; und dazu gehört auch die Kraft des Zornmutes.« 64
Mit flammender Entrüstung tritt man ausgerechnet in diesen Kreisen gegen die »Manie des Zu-Gericht-sitzen-Wollens« auf (Altmeyer), zeigt man sich »wissenschaftlich« indigniert, wenn ein Autor, wie schrecklich, »ans Werten geht«, »der Historiker, vom Moralisten entmündigt, ins Rollenfach des öffentlichen Anklägers überwechselt«, wenn er »der Versuchung« erliegt, »den Erwartungshorizont rigoristisch zu überspannen«, wenn er in den »Schatten idealistischer Maximalforderungen« sinkt, »das forensische Pathos« in den Mund nimmt, und dies alles auch noch unbekümmert um »die alte Historikerfrage nach der konkreten Realisierbarkeit ethischer Forderungen« (Volk S.J.). 65
Ist es nicht grotesk, wenn Vertreter eines antiquierten Mythenzaubers, des Glaubens an die Trinität, an Engel, Teufel, Hölle, Jungfrauengeburt, die leibliche Himmelfahrt Mariens, die Verwandlung von Wasser in Wein, von Wein in Blut, mit (ihrer) »Wissenschaft« imponieren wollen? Wenn ein Jesuit Volk (dem die dreizehnte Regel seines Ordens befiehlt, »daß das, was ich für weiß halte, statt dessen schwarz ist, wenn es die hierarchische Kirche
Weitere Kostenlose Bücher