Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
hast schändlich
ihm nur mit Undank vergolten
und vergaltest ihm Gutes mit Bösem
und Freude mit Trübsal
und Leben mit Tod!
Du hättest für ihn sterben müssen.«
Doch nein, droht die Stimme dieses »noch von einem Abglanz der urchristlichen Zeit beschienenen und als Prophet verehrten Mannes« (Quasten) aus seiner erst 1940 aus einer Papyrushandschrift edierten Predigt:
»Getötet hast du den Herrn
inmitten Jerusalems!
Höret es, alle Geschlechter
und sehet:
Unerhörter Mord geschah ...« 28
Im frühen 3. Jahrhundert richtet der römische Bischof Hippolyt, Schüler des hl. Irenäus und einer der »altkatholischen Väter«, ein giftiges Pamphlet »Gegen die Juden«, die »Sklaven der Völker«. Doch nicht 70 Jahre sollen sie verknechtet sein, wie in Babylonien, nicht 430, wie in Ägypten, sondern »immer«! Der hl. Cyprian, der, sehr reich, erst Rhetor war, dann, von seiner Frau geschieden, 248 Bischof von Karthago wurde, sammelt emsig judenfeindliche Bibelsprüche – Munition für die christlichen Antisemiten bis ins Mittelalter. Ja, der berühmte Märtyrer, ausgezeichnet durch »Milde, warmherzige Menschenfreundlichkeit« (Ehrhard), lehrt: die Juden haben »den Teufel zum Vater« – was noch in der Nazizeit über den Schaukästen des »Stürmer« stand! Kirchenschriftsteller Tertullian nennt die Synagogen »die Quellen der Verfolgung« (fontes persecutionum), obwohl sich die Juden an den Christenverfolgungen des zweiten, dritten und vierten Jahrhunderts überhaupt nicht beteiligten. Freilich gehören solche Vorwürfe zum Repertoire interreligiöser Kommunikation beziehungsweise Lüge. Tertullian weiß auch, daß Juden nicht in den Himmel kommen, daß sie nicht einmal Gott mit den Christen gemeinsam haben, und behauptet gar: »Wenn sich Israel auch jeden Tag an allen Gliedern wüsche, so würde es doch niemals rein.« Selbst der edle, bald indes verketzerte Origines hält alle Lehren zeitgenössischer Juden für Gefabel, leeres Geschwätz, und wirft ihren Vorfahren wieder »das abscheulichste Verbrechen« vor »gegen den Retter des ganzen Menschengeschlechts ... Deshalb war es notwendig, daß die Stadt, in der Jesus so litt, von Grund aus zerstört wurde, daß das jüdische Volk aus seiner Heimat vertrieben wurde ...« Und der Diognetbrief, dem noch die heutige Theologie hohes gedankliches wie sprachliches Niveau attestiert, verhöhnt die Bräuche der Juden und schimpft sie selber dumm, abergläubisch, heuchlerisch, lächerlich, gottlos, kurz, er bietet einen »ganzen Lasterkatalog der Juden« (C. Schneider). 29
Im 4. Jahrhundert nimmt mit der Macht des Klerus auch seine Judenfeindschaft ständig zu. »Der Antijudaismus«, so Theologe Harnack, »ist in der Kirche immer heftiger geworden.« Mehr und mehr »Väter« schreiben durch Jahrhunderte Kampfschriften »Gegen die Juden«. Das beginnt, nach einigen verschwundenen Pamphleten, mit dem (später abgesprungenen) Tertullian, dem römischen Gegenbischof Hippolyt (S. 128), und führt über den hl. Kirchenlehrer Augustin (S. 511 ff) zu dem hl. Kirchenlehrer Isidor von Sevilla im 7. Jahrhundert. Der antijüdische Traktat wird in der Kirche »Literaturgattung« (Oepke). 30
Gregor von Nyssa, noch heute als großer Theologe gefeiert, verdammte die Juden – gebetsweise – in einer einzigen Suada als: Mörder des Herrn und Mörder der Propheten, Feinde Gottes, Menschen, die Gott hassen, die Gesetze verachten, Fürsprecher des Teufels, Lästerrasse, Verleumder, Pharisäergezücht, Sünder, Steiniger, Feinde der Redlichkeit, Satansversammlung et cetera. Hat doch, rühmen noch während des Zweiten Vatikanums »strenggläubige Katholiken« in einer vielhundertseitigen Hetzschrift, »nicht einmal Hitler in so wenigen Worten so viele Anschuldigungen gegen die Juden ausgesprochen, wie vor 1600 Jahren dieser heilige Bischof« 31 .
Der hl. Athanasius (vgl. 8. Kap.), eine der »bedeutendsten Erscheinungen der Kirchengeschichte« und »von der göttlichen Vorsehung« gesandt (Lippl), greift nicht nur lebenslang unflätig Heiden wie »Ketzer« an, sondern auch die Juden, deren »Verkehrtheit«, »Wahnsinn«, einen »Wahnwitz«, der »als solcher vom Verräter Judas stammt«. »Die Juden nämlich irren von der Wahrheit ab«, die Juden »rasen ... noch ärger als der Teufel«. »Die Juden haben nun die gerechte Strafe für ihre Leugnung; denn sie haben mit ihrer Stadt auch ihren Verstand verloren.« 32
Häufig und nicht ohne Genugtuung spricht
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