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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Völker im Dienste St. Peters übertroffen«. Aistulph selbst entkam mit knapper Not dem Tod und zog sich mit dem Rest der Armee nach Pavia zurück. Dort verwüstete und plünderte das fränkische Heer die Umgegend, bis die Überfallenen unter harten Bedingungen, einer jährlichen Tributleistung von 5000 Solidi, Frieden schlossen. Der Papst indes, der bekam, wozu Pippin sich in Ponthion verpflichtet, doch nicht bekam, was er in Quierzy versprochen hatte, trieb weiter zum Krieg, den die Franken inzwischen restlos satt hatten.
    Kaum freilich waren sie zu Hause, brach Aistulph den ihm aufgenötigten Frieden. Und während er das Land verheerte, Reliquien massenhaft aus Kirchen und Gräbern raubte, Rom mit mehreren Heeren völlig einschloß, drei Monate lang Sturm auf Sturm gegen die Stadt vortrug, deren Verteidigung der fränkische Abt Warnehar im Panzer leitete, rief der Papst zu Bittgängen auf und trug selbst in einer Prozession das Erlöserkreuz der Lateranbasilika, daran angeheftet der vom Langobardenkönig gebrochene Vertrag. Unermüdlich dröhnten die römischen Hilferufe nun erneut in Pippins Ohr, flehte, beschwor der Heilige Vater und zog alle Register seiner geistlichen wie rhetorischen Kunst, kaum an Übertreibungen aller Art sparend. Ja, er bedrohte Pippin samt Söhnen im Fall des Ungehorsams mit dem Bann und einer Art Vorwegnahme gleichsam des Jüngsten Gerichts. 29
    In mehreren Briefen an den König, an die weltlichen wie geistlichen Fürsten Frankens, das Heer und das ganze Volk, seine »Adoptivsöhne«, schilderte Stephan II. wortreich die Misere des hl. Petrus, die verwüsteten Weinberge, geschlachteten Kinder, geschändeten Nonnen, behauptete er, daß die der Kirche angetane Schmach keines Menschen Zunge zu erzählen vermöge, daß selbst die Steine darüber weinen könnten.
    In einem schauderhaften Latein, gespickt mit Bibelphrasen und Prädikaten im übelsten byzantinischen Kanzleijargon (vom »honigsüßen Blick und Antlitz« bis zu »Euer honigflüssigen Gnaden« und »von Gott triefend«, deifluo), jammerte, lockte, warnte er, bei Gott dem Herrn, der Jungfrau Maria, dem hl. Petrus natürlich, bei allen himmlischen Heerscharen, Märtyrern und Bekennern, einerseits das gute Werk zu vollenden und dem hl. Petrus sein »Recht« zu verschaffen, andererseits an ihr »Seelenheil« zu denken. »Von allem wirst du mit allen deinen Beamten Rechenschaft geben müssen vor dem Richterstuhl Gottes.« »Ihr werdet Gott und Sankt Peter Rechenschaft geben am Tage des fürchterlichen Gerichts.« »Wisset, daß der Apostelfürst euere Schenkung wie einen Schuldschein festhält.« »Wenn ihr alsbald gehorchet, wird es euch großen Lohn bringen ...« »Wenn aber, was ich nicht glaube, ihr etwa zögert ... so wisset, daß ich im Namen der heiligen Dreieinigkeit kraft des apostolischen Gnadenamtes« etc. etc. »euch ausschließe vom Reiche Gottes und vom ewigen Leben.« 30
    Zuletzt und wohl mit der größten Wirkung schrieb auch der Apostel Petrus selbst einen Brief an die Franken; natürlich genau so schlecht und schwülstig. Und auch der Himmelspförtner, versteht sich, protestierend, mahnend, befehlend, auch er die gesamte Paradiesesbesatzung aufbietend, »die immer jungfräuliche Gottesgebärerin Maria«, all die »Throne und Herrschaften und das ganze Heer der himmlischen Miliz«, auch die Märtyrer und Bekenner natürlich, wirklich, es klang genau, als schriebe der Papst selbst.
    Aber nein, hier sprach der Apostel persönlich für die »heilige Kirche, so eilt, befreit und erlöset sie von den Händen der verfolgenden Langobarden, daß nicht (es sei ferne!) mein Leib, der für den Herrn Jesus Christus gelitten hat, und mein Grab, worin er auf Gottes Befehl ruht, von ihnen besudelt, daß nicht mein angehöriges Volk zerrissen und von eben diesen Langobarden gemordet werde ...« Und natürlich drohte auch St. Peter mit »dem furchtbaren Schöpfer aller Dinge«. Und natürlich lockte auch er »mit ewigem Lohn und endlosen Wonnen des Paradieses«. Aber eilen, eilen sollte man. »Eilet, eilet, bei dem allmächtigen Gott mahne und flehe ich euch an, eilet ...«
    Also unternahmen die düpierten Franken einen zweiten Krieg 756 mit dem Ziel, Mittelitalien für den Papst zu gewinnen. Pippin rückte abermals, und wieder nur aus Liebe zum hl. Petrus, den die fränkischen Haudegen jetzt bereits vor ihren Schlachten anzurufen pflegten, und um Vergebung seiner Sünden willen über den Mont Cenis, schlug die Langobarden abermals im

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