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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Armee. Nahe der Stadt standen Schulkinder mit Palmen- und Ölzweigen. Sogar Kreuze, wie nur bei höchsten Herren üblich, schickte der aufmerksame Hausherr dem Gast entgegen. Der seinerseits nahte dem Heiligen Vater vor St. Peter, in dessen Anbau er dann samt seinen Großen logiert, treppenschleckend, jede einzelne Stufe küssend wie jedermann. Oben umhalst ihn, umringt von Kardinälen und sonstigen Würdenträgern, der dankbare Boß, während die Priester singen: »Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!« Händehaltend geht man gemeinsam zum (vermeintlichen) Grab des Apostels und kniet ehrfurchtsvoll nieder.
    Es folgten feierliche Gottesdienste am Sonntag und Montag und sicher kaum minder eindrucksvolle Fest-und Arbeitsessen. (Karl, ein sehr mäßiger Trinker, griff beim Mahl zu, wie er auch sonst gewohnt war, zuzugreifen: angeblich verschlang er, um satt zu werden, einen ganzen Hasen mit vier, fünf Beigerichten). Doch sang er dabei jetzt auf päpstlichen Wunsch auch die königlichen Laudes, Anrufungen, dem Papst geltend, dem König, dem fränkischen Heer. »Christus, erhöre uns!« sang mit hoher Stimme der spätere Heilige, den Hadrian ständig mit der Bezeichnung »Der Große« ehrte, die als Beinamen in die Geschichte eingingen.

    Am Mittwoch, dem 6. April, kam der Hausherr dann – in der Peterskirche – zur Sache, zum Geschäftlichen, das auch den langen Rest seines Pontifikats bestimmte.
    Gedrängt vom unersättlichen Papst, nun die Versprechungen zu erfüllen, die einst sein Vater ebenso wie er selbst samt Bruder Karlmann dem seligen Stephan im Frankenreich gemacht, erneuerte Karl die »Pippinische Schenkung« aus dem Jahr 754. Er ließ durch seinen Kanzler (Notar) Hitherius eine Urkunde gleichlautend der vielumstrittenen Dotation von Quierzy ausstellen (»in dem in jener Schenkung bestimmten Umfang«), das heißt, er vermachte dem hl. Petrus »etwa drei Viertel Italiens« (Kelly). Darauf wurde das Dokument von ihm und seinen Großen unterschrieben, erst auf den Altar des Apostels, dann auf die angebliche Apostelgruft, die Confessio b. Petri, wurde sie mit eigner Hand sozusagen auf St. Peters (fehlende) Leiche gelegt, »zu fester Sicherheit und ewigem Gedächtnis seines Namens und des Königreichs der Franken«.
    Aber weiß der Himmel, was deren Beherrscher dabei gedacht haben mag. Karl war jedenfalls nicht mehr wie sein Vater Pippin. Er wußte zwischen dem Apostelfürsten und dem Papst zu unterscheiden, auch wenn er großzügig versprach, doch längst nicht so viel hielt, wie der Heilige Vater gern gehabt hätte. Denn der konnte, wie freilich fast jeder Heilige Vater, nicht genug kriegen.
    Von den fünfundfünfzig erhaltenen Briefen Hadrians I. sind fünfundvierzig an Karl »den Großen« gerichtet und betreffen fast ausschließlich die päpstlichen Besitzungen, die Furcht, zu verlieren, und die Gier, zu gewinnen; alles unverhüllt nackt und widerlich. (»Mein Reich ist nicht von dieser Welt.«) Er wollte große Stücke von Italien. Er bestand nicht nur auf Tuszien, Spoleto und Korsika. Er beanspruchte, »eine bisher unerhörte Kühnheit« (Ullmann), auch Gebiete, die nie den Langobarden gehörten, sondern byzantinisch waren, wie Venetien und Istrien. Drohte er doch sogar dem Kaiser den Bann an für nicht zurückerstattete Gebiete!
    Hadrian, den selbst ein Konzil 825 in Paris »urteilslos, abergläubisch, sinnlos, unpassend, tadelnswert« nannte, berief sich wohl schon auf die »Konstantinische Schenkung«, indem er Karl ermahnte, dem Vorbild des großen Herrschers nachzueifern, der unter Papst Silvester die Kirche so sehr beschenkt habe. »Die Urkunden über diese Abmachung werden in unseren Archiven im Lateran aufbewahrt«, erklärte er Karl. Doch als dieser Einblick verlangte, die Bezeugung der Schenkungen sehen wollte, verweigerte der Papst die Vorlage. 18
    Statt dessen schickte Hadrian – »ein Meister im Betteln« (H.v. Schubert) – Beschwerde auf Beschwerde, schickte er Gesandte, forderte er alles, »was im Laufe der Zeit von Kaisern, Patriziern und anderen gottesfürchtigen Leuten dem Apostel Petrus ...« etc. »Glaube uns, großer christlichster König, guter erhabenster Sohn, und habe volles Vertrauen, daß dir Heil und unermeßlicher Sieg vom allmächtigen Gott unaufhörlich wird verliehen werden, sofern du mit treuem Eifer deinem Versprechen gemäß in der Liebe zum Apostelfürsten ...« etc. etc.
    Im Vertrauen auf Hadrians Biographen glaubten die Historiker lange, Karl habe

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