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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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das Scheitern der Verhandlungen wartete, militärisch mit den Kriegsvorbereitungen begonnen. Seine in Genf aufgestellte Soldateska, darunter Bischöfe, Äbte, die Geistlichen der Hofkapelle, war ungewöhnlich zahlreich und glänzend gerüstet. Nachdem er sie in zwei Kontingente geteilt, rückte eine Heeressäule unter seinem Onkel Bernhard, einem illegitimen Halbbruder Pippins III., über den Großen Bernhard, den »Jupiterberg«, die Hauptmacht mit ihm selbst über den Mont Cenis gegen Italien vor.
    War es schon schwierig, ungezählte Wagen und Tausende von Pferden über die Alpen zu bringen, so schien es fast unmöglich, die von den Langobarden gesperrten Pässe zu nehmen, die Klausen, »die Türen Italiens«. Mauern, Vorwerke, Türme verschlossen von Berg zu Berg die Talengen. Zwischen steilen Gebirgswänden eingekeilt, saßen die Franken fest, ihre Reiterei war noch weniger manövrierfähig als das Fußvolk. Karl hockte verdrossen in seinem Zelt, hielt einen Kriegsrat nach dem anderen mit seinen Militärs, unterhandelte mit den Langobarden und mäßigte von Mal zu Mal seine Forderungen – vergeblich. Da führte ein von dem Erzbischof Leo von Ravenna (S. 441) geschickter Diakon eine scara francisca (die Leibwache; unter Karl anscheinend eine stark vergrößerte Sondereinheit, eine sogenannte Elitetruppe, die als einzige ständig bewaffnet war) über einen hohen, unverteidigten Gebirgsgrat – noch Jahrhunderte später, als noch immer die Ruinen dieser Befestigungen standen, der »Frankensteig« genannt. Die überraschten Langobarden, die in ihrem Rücken plötzlich Franken sahen, glaubten sich umzingelt und verließen fluchtartig ihre Stellungen – eine von Karl auch im Sachsenkrieg, gegen Tassilo von Bayern und wider die Awaren häufig praktizierte Finte; Seppelt spricht von »überlegener Feldherrnkunst«. 16
    Der Aggressor eroberte zunächst Turin, dann brandete sein Heer über die Poebene »wellenweise wie ein großer Strom aus Eisen« (Störmer) auf Pavia heran. Er vereinigte es mit der anderen Heeresgruppe und zernierte Ende September die stark befestigte, mit Soldaten, Waffen, Lebensmitteln wohlversorgte langobardische Königsstadt. Karl richtete sich auf eine längere Belagerung ein, ließ aus der fernen Heimat seine Kinder holen, nicht zuletzt die vierzehnjährige Gattin Hildegard. Und als er hörte, Desiderius-Sohn Adalgis habe mit Karlmanns Witwe und Kindern in Verona, damals wohl Italiens festeste Stadt, Zuflucht gesucht, brach er sogleich mit einer kleineren Truppe dorthin auf.
    Entweder durch Verrat oder durch reguläre Übergabe kapitulierte Verona sofort. Die Verwandten, Gerberga samt den Söhnen, gerieten in Karls Gewalt; doch schweigen die Quellen über ihr Schicksal. Bestenfalls endeten sie – wie schon zwanzig Jahre früher die lieben Verwandten durch Vater Pippin (S. 385) – geschoren in Klöstern; sie verschwinden jedenfalls aus der Geschichte, und damit verschwinden auch die letzten Erbansprüche auf fast die Hälfte des Frankenreichs. Gute fränkische Familientradition. Adalgis entkam im letzten Augenblick nach Epirus und floh, mit einem Zwischenhalt in Salerno, im nächsten Jahr, als Karl in Rom auftauchte, nach Byzanz. 17

Hadrians Besitzgier und Karls Raub des Langobardenreiches

    Der Winter verging. Während im Norden eine langobardische Stadt nach der andern fiel, suchte der Papst klammheimlich die langobardischen Zentren Mittelitaliens zu nehmen; Ort um Ort geriet in seine Hand. Besonders interessiert war er dabei an dem Herzogtum Spoleto, dem er in eben jenem Hildebrand einen Fürsten bestellte, der sich dann von ihm losgesagt und Karl als seinen Oberherrn anerkannt hat, der seinerseits Spoleto dem Papst nicht mehr zugestand. Vorerst aber erfuhr der Kirchenstaat eine beträchtliche Erweiterung.
    In Pavia hatte man längst alle Haustiere verzehrt und jagte nun Spatzen und Ratten. Doch trotz Hungersnot, Epidemien, trotz vieler Todesopfer war die Stadt noch immer nicht gefallen. So lenkte Karl vor Ostern seine Schritte nach Rom, um am (angeblichen) Grab des Apostelfürsten zu beten oder, wie es in den sogenannten Jahrbüchern Einhards heißt: »um daselbst seine Andacht zu verrichten« – eine von den Reichsannalen wiederholt gebrauchte Wendung, als reiste Karl stets nach Rom, um dort vor allem seine Andacht zu verrichten.
    Es kam zu einem triumphalen Empfang am Karsamstag, dem 2. April 774. Schon dreißig Meilen vor Rom begrüßten den Franken die Befehlshaber der päpstlichen

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