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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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entscheiden. Dabei warf doch gerade der König schließlich den Bischöfen in Italien Habsucht vor. 24

Genug ist nicht genug

    Die unentwegte Besitzgier Hadrians I., dessen Reich doch nicht von dieser Welt sein sollte, hat etwas Widerliches. Dauernd bittet, bettelt, mahnt er (häufig im Krieg mit der Grammatik). Er flicht Segenswünsche für Karls Kriege ein. Er macht Komplimente, dankt für ein »nektartriefendes« Schreiben. Er versäumt (seit 781) nie, Karl »Gevatter« zu nennen. Aber es gibt wenig Briefe Hadrians, in denen er nicht auf das Eigentliche pocht, das eine, was nottut: den Besitz.
    Immer und immer wieder kommt der Papst mit wahrlich peinlicher Penetranz darauf zurück. Ja, er scheut sich nicht, den König an die Konstantinische Schenkung zu erinnern, an »den frommen Kaiser Konstantin den Großen seligen Angedenkens, durch dessen Freigebigkeit die heilige katholische und apostolische römische Kirche Gottes erhoben und erhöht worden ist«. Und wie (angeblich) damals, so möchte es der Heilige Vater wieder haben, soll auch unter Karl jetzt »die heilige Kirche Gottes, nämlich die des seligen Apostels Petrus, aufsprossen und jubeln und mehr und mehr auf die Dauer erhöht werden, damit alle Völker, denen davon Kunde wird, ausrufen können: O Herr, behüte den König und erhöre uns an dem Tage, an dem wir dich anrufen; denn siehe, ein neuer Konstantin, ein allerchristlichster Gotteskaiser ist in diesen Zeiten erstanden ...« etc. Hat sich doch das Papsttum »auch zu allen Zeiten gern an Geschriebenes gehalten, und sei es an Gefälschtes, wie jene Konstantinische Schenkung, die auch zur karolingischen Kultur gehört« (Braunfels). 25
    Der Heilige Vater will Patrimonien in Tuszien, Spoleto, Benevent, in der Sabina, auf Korsika. Er möchte Karl sehen, wie ja schon Vorgänger Stephan Karls Vater Pippin sehen wollte, um ihn dann so grandios begaunern und zu zwei Kriegen jagen zu können. Schon für Ostern 778 hatte der Franke seinen (zweiten) Rombesuch avisiert. »Wie die Erde nach Regen dürstet, so waren wir in Erwartung auf Eure honigsüße Hoheit«, säuselte der Papst enttäuscht. Die honigsüße Hoheit führten Kriegszüge nach Spanien und Sachsen. So konnte der Römer nur weiter drängen, »herbeizurücken, um Terracina wiederzugewinnen und zugleich auch Cajeta, Neapel und unser im Neapolitanischen gelegenes Gebiet zu erobern«.
    Erst zu Ostern 781 durfte Hadrian den Franken samt Gattin und Kindern in Rom empfangen, keinesfalls aber ganz auf seine Kosten kommen, bei weitem nicht. Zwar wurde ihm der Besitz des römischen Dukats, des Exarchats von Ravenna und der Pentapolis bestätigt, auch die Sabina zuerkannt. Doch das Herzogtum Spoleto, das sich die römische Kirche bei Karls Einfall auf eigene Faust unterworfen hatte, mußte Hadrian, trotz seiner Beteuerung, der König habe es persönlich dem hl. Petrus geschenkt, wieder herausrücken. Die fränkischen Bevollmächtigten amtierten darin ohne Rücksicht auf den Papst. Und auch dessen Hunger nach Tuszien blieb weitgehend ungestillt. Denn Karl wollte selber über das ehemalige Langobardenreich gebieten, wenn auch nur als Oberherr.
    Die direkte Herrschaft hatte er seinem vierjährigen Sohn Pippin zugedacht – und Hadrian, der diesen taufte und die Patenstelle übernahm, mußte ihn auch zum König salben, ebenso dessen noch jüngeren Bruder Ludwig, der einmal Aquitanien regieren sollte. Karls Souveränität blieb dadurch ebenso gewahrt wie die Einheit des Reiches. Der junge Pippin hatte zwar ganz mit Land und Leuten sich zu verbinden, auch die Aktionen des römischen Bischofs (Taufe, Patenschaft, Salbung) dienten dazu, aber er durfte doch nur eine Art Vizekönig, ein Mitregent sein, ein »Teilhaber am Reich«, wie es 806 heißen wird. Einstweilen wurden für jeden der »reges«, wie man Pippin und Ludwig nannte, vormundschaftliche Regierungen bestellt.
    Karl dachte somit nicht daran, Italien zugunsten des Papstes zu zerstückeln; er dachte nicht daran, sein Schenkungsversprechen von 774 einzulösen, Kam es ihm zustatten, hat er noch so heilig Verbrieftes ignoriert – – wie das einem Heiligen allemal zusteht. Auch Hadrians Gebietswünsche in Süditalien blieben damals unberücksichtigt, da Karl sich nicht mit Desiderius' Schwiegersohn, dem Herzog Arichis von Benevent, hinter dem Byzanz stand, anlegen wollte. 26
    War es also seinerzeit auch zu einer Reihe von Schenkungen, zu Bestätigungen, Abgaben, Steuern zugunsten des Papstes gekommen, so blieben

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