Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
per Francos: Annales regni Francorum). Kollaborierende Langobarden blieben als Grafen zwar im Amt, doch nach ihrem Tod wurden auch sie durch Franken ersetzt.
Der Raub eines zweiten Landes (nach Aquitanien), wodurch das Frankenreich sich nun bis zur Adria erstreckte, ermöglichte es dem Räuber, den fränkischen Feudaladel an sich zu binden durch neue, besonders von mittelgroßen Grundbesitzern erstrebte Landzuteilungen (und Versklavungen bisher freier Bauern). Karl verpflanzte viele Franken und Alemannen in den Süden, die dort (teilweise auch in untergeordneten Stellen) schalteten und walteten. Jedenfalls herrschte seitdem in Italien eine durchaus fränkische Adelsschicht.
Noch in nachkarolingischer Zeit, zwischen 888 und 962, entstammen von etwa 96 aus dieser Periode bekannten Grafen und Markgrafen Oberitaliens nachweislich 74 nordalpinen Familien. Und auch von den meisten übrigen wird dies als sicher angenommen. Innerhalb der ursprünglichen Reichsgrenzen wäre dies ohne gewaltige Eingriffe in den Bodenfonds der Kirche nicht möglich gewesen. Mußte ihr Karl doch als Entschädigung für bereits eingezogenes Kirchengut das Recht auf den Neunten und Zehnten zugestehen. Nun aber wurden auch zahlreiche kleinere Grundherren und Siedler in Italien, vor allem an den politisch-militärisch wichtigsten Plätzen, begütert, wo sie als Vasallen, als »custodes Francorum«, Besatzungsaufgaben für den König übernahmen, um sich dann mit Awaren, Griechen und sonstigen Völkern herumzuschlagen. 20
Auch Bischöfe und Äbte schickte Karl nach Langobardien. Profitierte ja überhaupt die fränkische Landeskirche besonders durch den siegreichen Krieg.
Die wichtigsten Bischofssitze kamen alsbald an Franken, Bayern, Alemannen: Pavia, Spoleto, Verona, Vicenza, Vercelli, Mailand u.a. Die Eingriffe waren derart, daß selbst Papst Hadrian fürchtete, durch einen Franken verdrängt zu werden. Zu Unrecht. Wurde anscheinend doch das ganze unter päpstlicher Oberhoheit stehende Gebiet, der künftige Kirchenstaat, bei der Ansiedlung von Vasallen geradezu »peinlich genau beachtet und gemieden« (Hlawitschka). 21
Stark begünstigt wurden auch fränkische Klöster. So gab Karl gleich nach dem Zusammenbruch der Langobardenherrschaft dem Kloster Saint-Martin in Tours die Insel Sirmione im Gardasee, das ganze Val Camonica sowie Besitz bei Pavia. Saint-Denis erhielt das Tal Veltlin, die Abtei Saint-Maurice d'Augaune, Güter in Tuszien. Vor allem aber wollte der Aggressor durch solche Schenkungen die Alpenpässe sichern. So kontrollierte jetzt Saint-Martin die Verbindung zu den Paßsystemen der Bündner Alpen und der Ostalpen. Saint-Denis sämtliche Bündner Pässe. Später erlangten die Klöster Fulda, St. Emmeram (Regensburg), St. Gallen, Reichenau in Italien Besitzungen und ließen sie von ihren Mönchen verwalten. (Nach dem Verlust dieser italienischen Güter suchten die Klöster ihre Ansprüche darauf durch so manche Urkundenfälschung noch lange aufrechtzuerhalten.) 22
Auch gewisse italienische monasteria begabte der König und stellte sie dadurch in den Dienst seiner wirtschaftlichen und zumal militärischen Interessen. Dabei fällt auf, daß er kein einziges der im Landesinnern gelegenen Häuser bedachte, »daß dagegen alle von ihm beschenkten Klöster an strategisch besonders wichtigen Punkten, sei es an den Grenzen des Reiches oder an großen Verbindungsstraßen lagen« (Fischer). So privilegierte er das Kloster S. Dalmazzo in Pedona, das die ins Frankenreich führenden Pässe Colle di Finestre und Col de Larche sicherte, aber auch die Straße zur ligurischen Küste über den Col di Tenda. Dem Kloster Bobbio vermachte Karl schon wenige Tage nach Eroberung des Langobardenreichs das ganze zwischen Kloster und Meer gelegene Gebiet mit dem Montelongo, denn das Kloster kontrollierte die Straße von Piacenza nach Genua sowie die von Pavia nach Tuszien. Und ähnlich verhielt es sich mit Donationen an die Klöster S. Pietro in Brugnato, Montamiata südwestlich von Chiusi, S. Antimo, Farfa u.a. 23
Sogar eine Hungersnot, die 776 beim Eindringen in Italien herrschte, nützte der Kirche. Viele Menschen hatten nämlich seinerzeit ihre Habe weit unter Preis verkauft, ja verschenkt, mit Weib und Kind sich dienstabhängig gemacht. All dies erklärte zwar ein Capitulare Karls vom 20. Februar 776 für nichtig – ausgenommen die an die Kirchen gemachten Verkäufe und Schenkungen! Über sie sollte das Königsgericht nebst Bischöfen und Grafen
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