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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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scheinbar arglos: »Hat Karl hier im Sinne der Vertreter der Kirche gehandelt? Es ist kaum anzunehmen, daß sein Vorgehen viel Beifall fand.« So viel Falschheit, Verlogenheit in zwei Zeilen! Doch gefragt wird in dem Band »Die Nation vor Gott. Zur Botschaft der Kirche im Dritten Reich«. Gefragt wird 1934. Dabei hatte Karl diese jahrzehntelangen Sachsen- (und sonstigen) Gemetzel mit dem engsten Beistand der Kirche betrieben und natürlich auch ganz und gar in deren Interesse. »Das Entscheidende war für die Kirche der Kampf für das Christentum, den Karl in Sachsen und Spanien so sichtbar führte. Durch den Heidenkrieg entsprach seine Tätigkeit der kirchlichen Auffassung vom christlichen Imperium ...« (Zöllner). 30
    Nichts ist mehr evident. Und Einhard, dessen Berichten über Karl besondere Bedeutung zukommt, bemerkt einmal, der so viele Jahre währende Kampf sei erst beendet worden unter der Bedingung, daß die Sachsen ihrem »Teufelskult« (daemonum cultu) abschwören, daß sie den christlichen Glauben und die heiligen Sakramente annehmen und mit den Franken zu einem Volk vereint würden. Klarer, überzeugender kann man Karls Kriegsziel kaum benennen: Vernichtung des Heidentums, Ausbreitung des Christentums und Annexion.
    Im (katholischen) »Handbuch der Kirchengeschichte« stehen die Sachsenkriege unter der Überschrift: »Die Abrundung des fränkischen Großreichs«. 31 So läßt sich das auch betiteln, gewiß, ohne jede Spur von Barbarei, von Blut. Einfach und sauber! »Die Abrundung« – klingt glatt, beinah elegant. Es hat was Spielerisches, fast Artistisches. Als ging's um ein Kunstwerk, ein Staatskunstwerk. Und für ein Großreich, ist da nicht ohnedies alles erlaubt? Jedenfalls solang es »glückt«?

2. Die Beraubung und Auslöschung der Awaren

(791–803)
    Noch während Karl die Sachsen und Friesen blutig unterjochte, zerstörte er gleichzeitig das um 570 in Ungarn gegründete Awarenreich, zu dessen unmittelbarem Nachbarn er durch die Beseitigung des Baiernherzogs geworden war.

Karls kurzer Prozeß mit Tassilo
    Bayern hatte sich staatlich, rechtlich und sozial unter der dort alles dominierenden Führung der Agilolfinger gebildet und entwickelt. Erst mit den beiden Feldzügen Karl Martells geriet das Land, wenn vielleicht auch noch nicht unter die Oberhoheit der Franken, so doch in Abhängigkeit von ihnen, die nach der schweren Niederlage der bayrischen Armee im Jahr 743 (S. 328 f.) noch beträchtlich wuchs. Das Papsttum, das damals Herzog Odilo schmählich verraten hatte, ließ erst recht dessen Sohn Tassilo im Stich, als Karl ihn stürzte.
    Dabei war Tassilo III. (748–788), der letzte Agilolfinger, dessen Herrschaft von Anbeginn unter der Hoheit seines Onkels, des Hausmeiers Pippin, stand, klerusergeben wie wenige Fürsten, vor allem »der ewigen Liebe und des furchtbaren Grauens halber, um dem Pfuhle des Teufels zu entgehen und den Himmelssaal zu verdienen«. Er förderte die Geistlichkeit in jeder Weise. Er schützte die Priester durch ein hohes, die Bischöfe durch ein unerschwingliches Wergeld. Er begünstigte die Mission der Angelsachsen und des Bonifatius. Er holte Märtyrerleiber herbei, den Leichnam Valentins nach Passau (746), den Corbinians nach Freising (765). Er füllte Bayern mit Kirchen, mit Mönchsbehausungen und beschenkte sie verschwenderischer als irgendeiner seiner Vorgänger. Er gründete wahrscheinlich die Klöster Mattsee, Münchsmünster, Pfaffenmünster, Wessobrunn, sicher aber 769 das Kloster Innichen im Pustertal, »um das ungläubige Geschlecht der Slawen auf den Pfad der Wahrheit zu führen«, und 777 das ungewöhnlich großzügig bedachte Kloster Kremsmünster im Traungau, ebenfalls als Vorposten und Stützpunkt der Slawenmission, als Sicherung seines Regiments über die Heiden. Missionarische, politische, wirtschaftliche Motive hängen hier, wie so oft, untrennbar zusammen.
    Überhaupt dehnte Tassilo die bayrische Herrschaft immer weiter nach Süden und Osten aus, wobei nicht zuletzt eben Klostergründungen eine wichtige Vorarbeit leisten, die entscheidende Rolle aber ein Krieg spielt. Im Jahr 772 nämlich werden der Herzog, die Bischöfe und der Adel Bayerns durch einen gewissen »Clemens peregrinus« zu einem »Kreuzzug« gegen die Heiden Karantaniens aufgerufen, ein Land, das vor allem das heutige Kärnten sowie Teile der Ober-und der Mittelsteiermark umfaßte. Dort herrschten Slawenfürsten, bis 828 deutsche Grafen an ihre Stelle traten. »Gott verleihe den

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